Damian

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>>Dein Bruder holt uns ab.<< Sage ich zu Lena. Das hätte ich nicht tun sollen. Augenblicklich bricht sie wieder in Tränen aus. Rico streckt seine Hand nach Lena aus, zieht sie jedoch wieder zurück. Er und Tyler sind einfach verwirrt. >>Lena und ich müssen gehen. Wir sehen uns bestimmt ein anderes mal wieder.<< Mit einem gezwungenen Lächeln ziehe ich Lena mit mir nach draußen. Solange Rico und Tyler noch verwirrt sind werden sie uns nicht folgen und vielleicht können wir Damian abfangen. Das war wohl nichts mit: einen Plan austüfteln. Aber so wird es auch klappen. Damian wird nicht auf die zwei Männer im Café stoßen. Das hoffe ich zumindest. Die Männer in dieser Gegend sind nämlich verdammt impulsiv und ich möchte nicht das Lenas Bruder, also mein Cousin wieder ins Gefängnis muss, weil er irgend eine Dummheit anstellt.

Irgendwie habe ich es geschafft eine heulende Lena schnell mitzuschleppen. Wir wurden von niemandem entdeckt. Ich wusste ungefähr von wo Damian kommen würde und mir blieb nichts anderes übrig als zu hoffen, ihn anzutreffen. Nach zehn Minuten wurden wir langsamer. Wenn mich nicht alles täuscht, müsste er gleich hier vorbei kommen. Wir liefen durch eine Nebenstraße, da ich nicht denke, dass Damian die Einkaufsstraße nehmen würde. Ich kenne meinen Cousin dafür zu gut. Außerdem wird er mit Sicherheit Schwierigkeiten mit zu vielen Menschen haben, nachdem er gerade erst aus dem Gefängnis kam. Wir haben versucht ihn häufig zu besuchen, aber meine Brüder hatten angst, dass mich Jemand im Gefängnis sieht und als Zielscheibe für irgend einen Rachefeldzug benutzt. Außerdem wollen sie nicht das man mich mit der Navarrete Familia in Verbindung bring. Lächerlich wenn ihr mich fragt. Jedenfalls hielt ich Ausschau nach Damian. Als ich mir langsam sorgen machte, dass wir ihn verpasst haben könnten, sah ich ihn endlich. Lena war plötzlich ganz ruhig, als hätte ihr Jemand den Stecker gezogen. Als Damian uns auch erkannte, rannte er auf uns zu und viel vor uns auf die Knie. Fest umklammerte er unsere Beine und das war wohl der krasseste Gefühlsausbruch meines Cousins, den ich je erlebt habe. Er ist zwar sehr impulsiv, aber mit Gefühlen zeigen haben es die Männer in meiner Familie nicht so. Lena ließ sich auch auf den Boden sinken und umklammerte ihren Bruder. Ein Schluchzen setzte neben dem weinen nun auch ein. Auch ich vergoss die ein oder andere Träne. Na gut, ich machte einem Wasserfall Konkurrenz. >>Ich hab euch beiden vermisst. Bin direkt hier her, als ich wusste wo sich meine Mädels befinden.<< Gab Damian zu. >>Ich bin so froh das du wieder bei mir bist, Dam.<< Brachte Lena hervor. Ich drückte beide einfach nur fest an mich. Endlich war er da. Auch für seine Eltern ist das gut. Ich habe mir große Sorgen um meine Tante und meinen Onkel gemacht. Wir wussten schließlich nicht wann Damian zu uns zurück kommt. Jeder weitere Tag im Knast bedeutete Gefahr. Nirgendwo treffen so viele rivalisierende Familias und Gangs aufeinander wie dort. Ein Messer im Rücken ist im Gefängnis Alltag. Überlebensregel eins lautet: verschaff dir Respekt. Nur so hast du eine Chance. Die Wärter bekommen doch sowieso nichts mit und eine Waffe lässt sich aus allen möglichem herstellen. Wenn man viel Zeit hat, wird man schon erfinderisch. Papier ist zum Beispiel gut geeignet sich eine Art Messer zu basteln. >>Lasst uns nach Hause gehen. Ich brauche erst mal eine Dusche.<< Also machten wir uns auf den Weg.

Zu Hause, oder besser gesagt im Haupthaus der Familia angekommen, wartete schon ein Begrüßungskomitee auf uns. Gefühlt alle Navarretes waren da. Damian wurde in Umarmungen gerissen oder auf die Schulter geklopft. Es waren so viele da, das ich kaum etwas sehen konnte und nach draußen gedrängt wurde. Hier war es auch nicht ruhiger. Mein Vater saß mit meinen Brüdern, Maria und Damians Eltern an einem Tisch. Einige hatten sich auf Liegestühlen verteilt oder sich in den Pool begeben oder versuchte einfach nur was vom Essen abzubekommen. Fünf Grills waren im Betrieb und es schien als hätten die Frauen genug Salate und Beilagen zubereitet, um ein ganzes Land zu ernähren. Bei großen Anlässen, oder einfach nur wenn Jemand Lust drauf hat, geschehen solche Gartenpartys oder wie man das auch nennen möchte. Die Familia kommt oft zusammen um zu essen, trinken, Karten zu spielen und einfach zu quatschen. Das Haupthaus war zum Glück groß genug. Größer als unser eigenes Haus ein paar Meter weiter und hatte einen riesiges Grundstück. Hier wurden Geschäfte abgeschlossen oder gefeiert wie jetzt. Trotzdem sind selten SOOO viele Leute hier. Ich war auf dem Weg zu meinem Vater, als mein Handy klingelte. Ohne nachzudenken ging ich ran. >>Langsam finde ich es nicht mehr lustig das du immer einfach davon läufst, Ava.<< Sprach sofort ein wütender Tyler. >>Was ist dein Geheimnis?<< Er wusste, dass ich etwas vor ihm verbarg. Aber so wie ich mich verhielt war das ja offensichtlich. Nur konnte ich ihm auch schlecht sagen, dass ich eine Navarrete bin. Die Ausrede das ich viel zu tun hatte zog auch nicht, schließlich wusste er das ich mich zur Zeit in den Ferien befand. >>Ava?<< Oh, ich sollte vielleicht mal was sagen. >>Ähm... also Lenas Bruder sieht uns nicht so gerne mit Männern zusammen und ich wollte nicht das die Situation eskaliert.<< Das war nicht mal gelogen. >>Aha. Das kannst du aber nicht immer als Grund vorschieben, dass ist dir hoffentlich klar, Ava.<< Manchmal benimmt er sich wie einer meiner Brüder. Stoisch, herrisch und vor allem gebieterisch. Ein typischer Anführer eben der glaubt er könne über alle bestimmen. Leider muss ich zugeben das ich Männer mag, die wissen was sie wollen und nicht lange um den heißen Brei reden. >>Ist klar, Tyler. Ich muss jetzt aber auflegen.<< Und bevor er etwas sagen kann beende ich das Gespräch. Damian tauchte neben mir auf und zusammen gingen wir auf unsere Familie zu. Meine Tante strahlte, als sie ihren Sohn endlich wieder bei sich hatte und auch mein Onkel konnte sich sein Lächeln nicht verkneifen. Lena und ich hätten schon wieder heulen können, weil wir so glücklich waren. Wir sind einfach zu nah am Wasser gebaut.

Der Tag wurde wirklich schön und bis in die späten Stunden wurde gefeiert. Einige lagen bereits betrunken in einer Ecke, andere waren nicht mehr weit davon entfernt. Mein Vater würde mich mit Sicherheit gleich nach Hause schicken, bevor es hier richtig hergeht. Lena würde auch gehen müssen. Ab gewissen Stunden wurden die Männer ziemlich zügellos und so musste auch ich mal mit ansehen, wie mitten im Garten ein Paar Geschlechtsverkehr hatte. Diese Szene hat mich bis heute verstört und ab diesem Moment habe ich nie wieder gemeckert, dass ich gerne noch bleiben würde. Die Knutschorgien sind schon grenzwertig und nahe an meiner Schmerzensgrenze. Ich bin da doch eher der konservative Mensch und christlich erzogen. Allein die Vorstellung was die Leute hier abziehen reicht mir aus, um am liebsten davon zu rennen. Auch muss ich mich keiner Illusion hingeben, dass meine Brüder da nicht beteiligt sind. Um das zu glauben müsste ich schon ziemlich naiv sein. Gerade als ich das denke kommt Damian auf Lena, Maria und mich zu. >>Ich denke es ist an der Zeit für euch, ins Bett zu gehen. Ich bringe euch rüber.<< Es war klar, das Lena bei mir übernachten würde und Maria wahrscheinlich bei meinem Bruder. Da kam Basilio auch schon und führte uns zusammen mit Damian nach Hause.





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