Kapitel 7

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Diesen Absatz fanden wir, wobei ich nicht an oben genannte Beschwörungen glaube, recht zuverlässig erscheinend, besonders da ich zur Hälfte wusste, was auf der ersten Seite stand. Ich denke, man merkt, dass dieses Buch schon älter ist, da im Goldenen Gässchen längst keine Alchemisten mehr leben. Ich kopierte es auf eines meiner Blätter und bedankte mich bei Frau Schell für ihre großartige Hilfe, indem ich sie in ein nahegelegenes Kaffee einlud. Gut, nun ja, vielleicht nicht nur wegen ihrer Hilfe. Zu meinem damaligen Erstaunen sagte sie zu. Wir verabredeten uns für den Abend und weil sie noch arbeiten musste, gab sie mir ihre Nummer, damit ich sie erreichen konnte. Da der Nachmittag so verheißungsvoll verlaufen war, beschloss ich bei dem Akademiker vorbeizuschauen, den ich zuvorderst erwähnt hatte. Da der Mann ebenfalls in der Altstadt lebte und da diese recht labyrinthartig aufgebaut war, besorgte ich mir zunächst einen Fremdenführer. Anschließend machte ich mich auf den Weg zu dem gesuchten Haus. Als ich in der Straße ankam stellte ich fest, dass das Gebäude nach hinten versetzt war und regelrecht abweisend wirkte. Doch trotzdem war die Tür nur angelehnt. Ich ging misstrauisch auf das Tor zu und läutete die Glocke, die neben demselben hing. Durch den Spalt hallte das Echo unheilvoll wider. Auch auf das zweite Läuten erschien niemand, allein der Widerhall ließ sich dazu herab mir zu antworten. Des seltsamen Gefühls bewusst drückte ich gegen den Knauf. Mit einem geisterhaften Quietschen öffnete sich die Tür. Ich ging langsam auf das Ende des Gangs, in den ich geschlüpft war, zu. Auf dem Boden war jemandem anscheinend ein rotes Farbtöpfchen ausgekippt. Als ich in das nächste Zimmer trat, schlug mir stickige Luft entgegen, die stark nach Verwesung roch. Während ich das Zimmer durchquerte, sah ich schließlich, was diesen Geruch hervorrief. Auf dem Boden neben dem Sofa war dunkelrotes Blut getrocknet. Ich zwang mich, nicht schreiend aus diesem Horrorhaus zu rennen, sondern einen Schritt in Richtung des Sofas zu machen, um einen Blick dahinter zu werfen. Als ich den Blick schweifen ließ, entdeckte ich den Leichnam. Ich musste mich stark beherrschen, um dem Brechreiz standzuhalten. Doch als ich die Augen schloss, überkam mich eine unglaubliche Ruhe und ich wusste genau, was ich zu tun hatte. Nennt man das vielleicht Eingebung?! Da wir im Rahmen eines Projekts einmal an der Universität Leichen seziert hatten, war mir der Anblick von toten Körpern nicht ganz fremd. Ich ging also zu der Leiche und drehte sie auf den Rücken. Der Mann hatte eine durchgeschnittene Kehle. Er war anscheinend sofort tot gewesen. Außerdem sah man, dass der Tote schon länger in diesem Domizil lag. Das Blut auf Gesicht, Hals und Brustkorb war vollkommen getrocknet, die Leiche war weich und kalt. Das deutete darauf hin, dass die Totenstarre schon lange vorbei war. Ohne das Blut und die Wunde musste es wohl ein attraktiver Mann um die 30 Jahre gewesen sein. Das Namensschild, das neben ihm lag, wies ihn als Severyn Lovan aus. Anscheinend war er auf dem Weg zur Arbeit getötet worden. Das waren bestimmt auch die Flecken auf dem ansonsten makellosen Parkett im Flur draußen. Dann war der Mann also im Flur aufgehalten und umgebracht worden und dann in diesen Raum geschleift oder getragen worden. Nach diesen Schlussfolgerungen suchte ich erst einmal nach einem Telefon. Als ich fündig wurde, wählte ich die Nummer der tschechischen Polizei, die zum Glück auf dem Hörer stand. Auf Englisch verständigte ich mich mit dem Beamten, dessen Sprachkenntnisse gerade mal über Bitte, Danke und Katastrophe hinausreichten. Trotzdem versprach er Beamte und einen Dolmetscher zur besseren Verständigung zu schicken. Wenige Minuten später läutete die Glocke. Ich lief in Erwartung der Ordnungshüter hin, doch vor der Haustür stand niemand. Nur ein brauner Umschlag lag auf der Türschwelle. Ich nahm ihn mit einer immer noch zitternden Hand auf und öffnete ihn. Er enthielt, soweit ich das beurteilen konnte, eine Polizeiakte aus England.
Es ging, wie ich bemerkte, um einen ähnlichen Mord wie der, der hier vor nicht allzu langer Zeit geschehen war. Das Opfer war ein gewisser Mafer Penhallow. Sein Fall war anscheinend als Selbstmord abgetan worden, obwohl die Tatwaffe fehlte...

Hier das versprochene spannendere Kapitel! Das Bild gehört der Seite Peter2-harleb.de .

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