Sorgenkind

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Alex' POV: "Louser!",ich wurde auf den Boden gestossen und alle meine Materialien landeten neben mir auf den kalten Fließen."Freak!",der erste Tritt landete in meinem Bauch, so dass ich verzweifelt nach Luft schnappte."Streber!",eine Faust kollidierte mit meinem Gesicht und ließ meine Brillengläser zerspringen."Schwuchtel!",die Schläge wurden immer stärker und langsam begann ich das Bewusstsein zu verlieren. Gerade als meine Sicht langsam verschwand zog mich einer der Typen an den Haaren hoch und spuckte mir ins Gesicht, bevor er mich mit einem dreckigem Grinsen im Gesicht wieder auf den Boden stieß. Enttäuschtes Gemurmel begann sich in der Masse der Schaulustigen auszubreiten, als sie bemerkten, dass es hier nichts mehr zu sehen gab und ich hörte noch halb, wie sie sich langsam wieder ihrem alltäglichem Prozedere widmeten. Gedemütigt und gleichzeitig unangenehm erleichtert lag ich am Boden und spürte nur noch, wie aus den unzähligen Wunden an meinem Körper das Blut strömte und meine alte Kleidung zum wiederholten Male dreckig rot färbten. Nach weiteren zehn Minuten klingelte es zu den nächsten Stunden und der Korridor lehrte sich allmählich. Zitternd tastete ich über den kalten Boden und versuchte irgendwie halt zu finden, bevor ich probierte wieder aufzustehen. Nach einigen gescheiterten Versuchen mich aufzurichten, schaffte ich es schlussendlich doch, mich wenigstens in eine Sitzposition zu befördern und gegen den Spind gelehnt nach Atem zu ringen. Der Schmerz schien sich mit jedem Tag stärker in meine Haut zu fressen und das brennen schien nicht aufhören zu wollen. Müde ließ ich meinen Blick durch den Gang streifen und suchte nach irgendeinem Anzeichen für eine weitere Portion Prügel. Ächzend stand ich auf und schob mein Arbeitsmaterial einfach achtlos hinter eines der Schließfächer, bevor ich mich auf den Weg zum Sekretariat machte. Ich hielt es einfach keine weiteren sechs Stunden hier aus. Ich musste sofort von diesem Gelände weg, sonst würde ich noch einen Anfall bekommen. So aufrecht wie nur möglich betrat ich das Büro und reichte der Sekretärin wortlos eine der vorgefertigten Krankschreibungen. Misstrauisch las sie sich den Zettel durch, bevor sie ihren stechenden Blick mir zuwandte:"Dir geht es also nicht gut Alex?!" Ich nickte. Sie seufzte kopfschüttelnd und unterschrieb meinen Pass in die Freiheit, doch bevor ich den Raum ungeschoren verlassen konnte, wurde die Tür geöffnet und eine zweite Person betrat das Sekretariat. Sofort versteifte ich mich und versuchte der Person so gut wie nur möglich auszuweichen, doch die mysteriöse Person hielt mich auf: "Warte!" Stocksteif blieb ich stehen und starrte die weiße Wand an. Plötzlich hielt mir jemand ein Stück Papier unter die Nase:"Du hast was verloren!" Ich sah auf und starrte direkt in ein tiefgrünes Augenpaar. Kurz packte mich die Faszination, bevor ich mich wieder fangen konnte und das Papier ergriff, bevor ich knapp nickte. Die Sekretärin seufzte:"Das ist Alex, er ist unser...Sorgenkind! Er spricht nicht, lacht nicht und hat auch keine Freunde. Wir wissen einfach nicht, was da los ist, aber er lässt uns auch nicht an sich ran." Ich wollte bei diesen Worten fast loslachen, so absurd klangen sie. Die Schule wusste genau, was hier vor sich ging, aber es interessierte keinen, also tat man das einzig Vernünftige: Mich als das Problem darstellen. Es gab keine Schläger, keine Mitläufer und vor allem keine Opfer, es gab bloß Sorgenkinder. So schnell ich konnte verließ ich den Raum, ohne die beiden noch eines Blickes zu würdigen und betrat die Straße, wo ich dann meine Kopfhörer rausholte, die Musik auf die volle Lautstärke drehte und begann nach Hause zu laufen. Würde ich den Bus nehmen wüsste vielleicht jemand aus meiner Schule wo ich wohnte und es würde dazu führen, dass ich auch zu Hause attackiert werden würde. Als ich mit dem Fahrrad zu Schule kam wurde mein Rad verunstaltet und drei Tage später geklaut. Ein Auto hatte ich nicht und meine Mutter würde mich nie im Leben zur Schule fahren. Plötzlich nahm ich eine Person aus dem Augenwinkel war, die mich beobachtete, doch sobald ich mich umdrehte, war sie auch schon wieder verschwunden. Kopfschüttelnd setzte ich meinen Weg fort, wobei ich etwas schneller lief. Genau vor solchen Momenten hatte ich immer am meisten Angst. Wenn man beginnt seine eigenen Wahrnehmungen in Frage zu stellen und langsam beginnt dem Wahnsinn zu verfallen. Und meine Grenze hatte sich in den letzten Jahren in einen einzigen, dünnen Spinnenfaden verwandelt, der nun lose im Wind trieb und fast gar nicht zu sehen war. Bevor ich noch weiter in meinen Gedanken versinken konnte, bog ich in die riesige Einfahrt von meinem Haus ein und seufzte innerlich. Die riesige, moderne Villa, die dort vor mir stand war so wenig mein Zuhause, wie die Schüler an meiner Schule meine Freunde waren. Schnell holte ich die alte Fahrkarte aus meiner Tasche und zog aus dem Geheimfach in der Mitte die Karte für das Haus heraus und öffnete die Tür, bevor ich hinter dieser sofort zusammenbrach. Wieder spürte ich dieses gemischte Gefühl aus Demütigung und Erleichterung, bis Felix im Flur auftauchte und auf mich zueilte. "Verdammt Alex, heute schon wieder?!" Ich konnte nur leise wimmern und stützte mich fluchend auf meinen Unterarmen ab, bevor mich Felix hochzog und zum Barstuhl in der Küche brachte, bevor er wieder herauslief, um den Verbandskasten und das Schminkset zu holen, so wie fast jeden Tag. Als er wiederkam begann er meine Wunden schnell und mit äußerster Sorgfalt zu verarzten, in dem er erst die Schnitte mit alkoholgetränkten Wattepads abtupfte und die aufgerissenen Wunden zum wiederholten Mal nähte. Danach klebte er zwei riesige Pflaster über meine Risse an der Hüfte und verdeckte alle Anzeichen für die Verletzungen hinter mehreren Schichten Puder. "Wann sagst du es endlich jemandem Alex, es kann nicht immer so weitergehen!" Ich schüttelte bloß seufzend den Kopf:"So einfach ist es verdammt noch Mal nicht Felix und das weißt du!" Er widmete sich meinem rechten Arm und drückte auf eine der Prellungen, was mich zusammenzucken ließ:"Felix!" Der Blonde sah mich nur ungerührt an und setzte seine Arbeit fort:"Ich bin hier als Haushilfe eingestellt worden, nicht als Krankenschwester!" Ich biss meine Zähne aufeinander und versuchte das brennen in meinem Unterarm zu ignorieren:"Ja, und was glaubst du, wie schnell sie dich feuern wird, sollte das mit dir und den Juwelen aufgedeckt werden." Felix lachte trocken und ließ den Deckel des Schminksets ins Schloss fallen, bevor er sich neben mich setzte:"Touché Kleiner. Also willst du es so wie jetzt belassen? Ich bewahre stillschweigen über dich und du hältst als Gegenleistung auch die Klappe?!" Ich stand auf und bereute es gleich im nächsten Moment wieder, als mein rechter Fuß in Kontakt mit dem Marmorboden kam:"So funktioniert die ganze Welt Felix und es klappt ganz wunderbar, also warum etwas daran ändern?" Meine männliche Nanny schwieg und damit war klar, dass das Gespräch beendet war. Mit Schmerzen trat ich den Rückzug auf mein Zimmer an und dachte darüber nach, was Felix gesagt hatte. Ich glaubte nicht daran, dass er es meiner Mutter erzählen würde. Es würde sie sowieso nicht interessieren. Sie war eine angesehene Schauspielerin und sehr gefragt, was dazu beitrug, dass sie nur alle paar Monate zu Hause war. Sie war mit ihrer Arbeit verheiratet und ich war der Fehltritt in ihrem Leben. Unnötiger Ballast in ihrem Karriere-Heißluftballon. Ich schüttelte wieder den Kopf und konzentrierte mich einfach auf den Schmerz. Man sollte meinen, nach vier Jahren Schikane und Prügeleien sollte man sich an so etwas gewöhnen, aber das stimmte so nicht ganz. Man gewöhnte sich an den körperlichen Schmerz, aber der seelische blieb und begann den Geist von innen aufzufressen. Ernüchtert betrat ich das Badezimmer und begann mir, wie jeden Tag nach der Schule, die Zähne zu putzen, um den metallischen Blutgeschmack loszuwerden. Während diesen drei Minuten kramte ich den Zettel hervor, den mir der Schüler vorhin in die Hand gedrückt hatte. Etwas mühselig öffnete ich das Papier und starrte die Worte einfach nur an: Opfer. Wer hätte das gedacht. Ich spuckte den Rest meiner Zahnpasta aus und damit auch das restliche Blut, bevor ich mein Zimmer betrat und den Zettel in eine kleine Holzbox zu den anderen Sachen legte. Es war eine Art Erinnerungsschachtel um mich darauf hinzuweisen, wo ich in meinem Leben stand und mich auf dem Boden der Tatsachen zu behalten. Das war mein Leben. Bis er es betrat und alles veränderte.

Oh Gott, noch ne neue Story-.- ich glaube meine Leser werden mich dafür hassen, aber egaaaaaal•.- viel Spaß beim Lesen ihr alle!

Love is Dead- I think...(boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt