II. Paradoxon

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Der freie Wille

Um den menschlichen Willen zu verstehen ist es zuerst einmal nötig, dessen Ursprung und auch den Weg nach zu vollziehen. Damit bauen wir uns eine Basis, anhand derer wir versuchen können unser eigen' Handeln zu verstehen, denn das unserer Mitmenschen zu analysieren gehört in eine andere Kategorie, obwohl die Grenze zwischen diesen beiden Themen sehr stark verschwimmt und die Überlegungen sich überschneiden.

Folgendes Schema zum menschlichen Handeln - als Teil davon der Wille - habe ich aufgestellt. Es mag auf den ersten Blick schwer zu erklären sein, doch ich will versuchen möglichst linear vor zu gehen.

Zu Grunde und als erstes Liegt eine Erfahrung, sei es eine Erinnerung, ein Blick, eine Begegnung, eine Erkenntnis oder ein kurzer Augenblick. Was es auch sein mag, eines ist den Menschen gemein und kann von keinem - ich sage so entschieden keinem, weil ich hier mit Bestimmtheit recht habe - umgangen werden. Den größten Philosophen der Geschichte war es nicht möglich, eine Erfahrung wertlos zu betrachten. Ja, das ist der nächste Schritt, die Wertung der Erfahrung, beeinflusst und begründet durch die Persönlichkeit,welche wiederum aus Vererbung, erfahrenen Gefühlen und Beobachtungen zusammengesetzt wird, und den Intellekt, vereint mit Wissen, an welchem wiederum Persönlichkeit und Vererbung, als auch Erlebnisse Anteil haben. Aus ebenjener dem denkenden und fühlenden Wesen eigenen Wertung entsteht zweierlei: Zum einen das Gefühl, zum anderen die Vernunft. Aus ersterem folgen Instinkt(bestimmt in seiner Art durch die Persönlichkeit), Moral und Wille; aus letzterem das Gefühl des Sollens und Müssens, noch bedeutender als aus den Gefühlen die Moral und das Wissen um das Richtige.
Es bildet die Reaktion also das Abwägen zwischen Instinkt, Wille, Moral und dem Wissen um das Sollen.
Allerdings ist das Handeln natürlich nicht unbegrenzt, so spielen Äußere Gegebenheiten, aber auch das eigene Können und Vermögen(hiermit ist evidenter Weise nicht das Kapital gemeint), entstehend aus Vererbung und Intellekt, beziehungsweise Wissen eine Rolle.
Gegebenheiten und eigene Handlung führen rückwirkend zur nächsten Erfahrung.

Wenn wir den Willen betrachten, welcher aus Gefühlen und Persönlichkeit entsteht, nur indirekt aus Erfahrungen - wenn wir diesen also betrachten fällt auf, dass kein Mensch einen wahrhaft freien Willen haben kann, denn er wird immer begrenzt sein durch das Eigene. Der Wille an sich wird niemals frei sein, sondern immer begrenzt von dem eigenem Blickwinkel und vor allem den persönlichen Gefühlen, die direkt aus jeder Wertung der Eindrücke entspringen. Wer wirklich frei Handeln will, wirklich ungebunden und frei, der muss als Preis seine Persönlichkeit abgeben. Unsere Freiheit ist der Preis für das Ich, den wir alle zahlen müssen.

Nehmen wir nun aber an, wir hätten die Möglichkeit, diesen Preis nicht zu zahlen. Gehen wir von der Vorstellung aus, die vollkommene Freiheit des Willen wäre uns möglich - was würden wir wahrnehmen? Oder besser: was des Wahrgenommenen würden wir bemerken? In völliger Freiheit muss völlige Ich-Losigkeit herrschen und damit unbedingt die Abwesenheit des Willens.

Unser freier Wille ist somit erst möglich, wenn er unfrei ist.


Das zweite Paradoxon oder die zweite Unmöglichkeit der Realität. Das Paradoxon des freien Willens.

Ich bitte um eigene Überlegungen und Meinungen, da diese nicht unbedingt von Richtigkeit sein müssen und auch andere Wahrheiten gleichwertig möglich sind.

Tausend Farben ~ Million Colours

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