Am nächsten Morgen wachte ich in einem Haufen aus trockenem Stroh oder Gras auf. Ein eher improvisiertes Bett, aber es hatte mich sanft schlafen lassen. Ich war in einer kleinen Hütte, an deren Eingang Felix saß. Sein Kopf war zum Boden geneigt und seine Kapuze verhüllte sein Gesicht. Man könnte annehmen, dass er schliefe, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er wach war. Hellwach und jeder Zeit bereit zum Angriff. Ich grummelte etwas laut und sofort zuckte sein Kopf zu mir, doch als ich sein Gesicht sah, erkannte ich kein Lächeln auf seinen Lippen. Wenn er mit Peter sprach war da immer ein kleines Grinsen auf seinem Gesicht, so als würde er mit seinem Bruder oder einem sehr guten Freund reden, bei mir hingegen sah es mehr so aus als wäre ich der Teufel höchstpersönlich. Seine Augen strahlten nach wie vor Verachtung aus und auch seine Körperhaltung zeigte mir, dass er mich immer noch nicht akzeptiert hatte. Und es wahrscheinlich auch nie werden wird.
Nichts desto trotz rappelte ich mich auf und ging auf ihn zu. Er stand innerhalb weniger Sekunden auf und starrte mich aufmerksam an.
"Wohin willst du?", fragte er mit monotoner Stimme.
"Raus.", sagte ich und wollte mich an ihm vorbei schieben, doch er packte mich am Arm und warf mich wieder zurück, so dass ich zu Boden fiel. Was war nur los mit diesem Jungen?
"Pan will nicht dass du raus gehst. Du bleibst hier drinnen.", sagte er und sein Ton zeigte mir, dass er keine Widerworte hören will. Ich schluckte. Ich wollte nicht hier bei ihm sein, jeder andere der Jungs wäre mir lieber gewesen als Felix. Mir blieb nichts anderes übrig als in der kleinen Hütte zu bleiben, da Felix mich sowieso nicht an sich vorbei lässt, also sah ich mich im inneren um. Viel gab es außer dem kleinen Strohbett nicht. Ein kleines Regal stand in der Ecke, welches aus unterschiedlichen Holzstücken zusammengesteckt worden war und einen sehr labilen Eindruck machte. Im Regal selber fand ich nur ein Buch. Ein altes, staubiges Buch, welches ich vorsichtig aus dem Regal heraus nahm...ich wollte vor Felix nicht auch noch etwas ausversehen kaputt machen. Zusammen mit dem Fundstück ließ ich mich auf dem Stroh nieder und blätterte die erste Seite auf. Es war ein Bilderbuch. Kurz überlegte ich, ob ich es wieder zurücklegen sollte...andererseits hätte Peter oder Felix es sicher entfernt, wenn ich es nicht ansehen dürfte. Zu den Bildern standen Texte. Manche gingen nur eine Seite, andere hatten nur einen Absatz und dann fand ich einen längeren, welcher über 6 Seiten geschrieben war. Auf dem Bild zu der Geschichte war ein Wald gezeigt, mit vielen Kugeln die Strahlen freisetzten. Ob das Feen da stellen sollte? Ich dachte es gäbe nur die Sternenfee?
Seufzend blätterte ich weiter, bis ich ein Bild darin fand, welches Peter etwas ähnlich sah. Es war ein Junge, der Kleidung nach könnte es einer der Jungs sein, doch auf seinem kurzen Haar hing eine Mütze mit einer Feder. Ich könnte schwören, ich kannte dieses Bild irgendwo her. Gegenüber des Jungen war wieder eine dieser Lichtkugeln. Vielleicht sollte ich das Buch vom Anfang an lesen und nicht einfach wüst die Bilder anschauen, welche keinen wirklichen Zusammenhang lieferten.
Als ich jedoch zur ersten Seite zurück wollte, bemerkte ich dass es gar nicht die erste Seite war, welche ich angesehen hatte. Ein paar Seiten waren heraus gerissen worden. Vielleicht sollte ich es doch nicht sehen...oder zumindest nicht ganz.
"Erkennst du das Buch?", fragte Peters Stimme und erschrocken schaute ich auf. Meine Augen trafen seine und es entstand eine kurze Stille.
"Nein, wieso? Gehört es mir?", fragte ich und zog meine Brauen zusammen. Ich hatte noch immer keine Erinnerung an mein Leben vor dem Erwachen hier. Vielleicht war ich schon immer hier gewesen und war beim Klettern von einem Baum gefallen, hatte mir den Kopf gestoßen und alles vergessen? Das war der pure Schwachsinn... Peter sagte doch, ich sei vom Himmel gefallen. Aber wie hatte ich bitte diesen Sturz überlebt? Und woher sollte ich plötzlich aus dem Himmel kommen?
"Ich kann damit genauso wenig anfangen wie du, aber...", fing er an und musterte mich bestimmt, "es steht deine Name darin." Ich schaute ihn nur verwirrt an, was solle das heißen?
"Der kleine Fetzten der von einer der herausgerissenen Seiten erhalten geblieben ist. Sieh ihn dir an.", meinte er und zeigte auf das Buch. In seinem Blick lagen Zweifel.
Ich sah hinab auf das Buch, welches auf meinem Schoß lag und begutachtete die kleinen Überreste der fehlenden Seiten. Und da stand er. Mein Name.
Annalena
"Ich kenne dieses Buch aber nicht! Es sagt mir rein gar nichts. Und das mit dem Namen könnte Zufall sein.", protestierte ich.
"Nichts passiert aus Zufall. Jeder Moment hat seinen Grund.", meinte Peter kopfschüttelnd und wechselte kurz einen Blick mit Felix, welcher am Türbogen stand und mich böse anstarrte. Was hatte ich ihm bitte getan!?
"Aber was soll es dann bedeuten?", fragte ich.
"Ich weiß es nicht. Dein Name ist das einzige was darin existiert.", meinte er und ich erstarrte. Bitte was?
"Und was sind das für Geschichten?", fragte ich und schlug das Buch auf einer beliebigen Seite auf und zeigte darauf, weshalb ich von den beiden Jungen nur verwirrte Blicke bekam.
"Welche Geschichten? Das Buch ist leer. Jede verdammte Seite ist leer.", sagte Pan und sah mich wachsam an.
"Nein? Siehst du nicht dieses Bild und den Text?", fragte ich und zeigte abermals auf das Papier mit der Tinte, doch Peter schüttelte nur seinen Kopf.
"Du siehst da etwas, was ich nicht sehen kann.", murrte Pan und schien zu überlegen.
"Vielleicht ein Zauber?", warf Felix in die Rund und stellte sich nun neben Peter, um auch kurz einen Blick auf das mysteriöse Buch zu werfen.
"Aber wozu ein Zauber?", fragte Peter. Schienen vergessen zu haben, dass ich noch immer hier war.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie doch eine Hexe Peter.", meinte er, "Die Biester sind zähe Dinger und hinterlistig ebenfalls."
"Bitte was?", rief ich auf. Hatte dieser...dieser JUNGE mich gerade ernsthaft eine Hexe genannt?!
"Sei Still.", meinte Felix und würgte mich damit ab.
"Annalena, würdest du uns daraus vorlesen?", fragte er und schaute mich an. Ich nickte nur.
"...", setzte ich an, doch als ich ein Wort aussprechen wollte, welches auf der Seite stand, blieben mir die Buchstaben wortwörtlich im Hals stecken.
"Wird's heute noch was?", fragte Felix. Abermals versuchte ich es...mit demselben Resultat.
"Ich kann nicht.", sagte ich, "Es geht nicht. Wenn ich anfangen will vorzulesen, bleibt mir alles im Hals stecken."
"Hexe.", sagte Felix knapp und griff zügig nach seinem Messer.
"Wenn sie eine Hexe wäre, hätten wir das schon lange bemerkt.", meinte Peter und warf seinem Freund einen strengen Blick zu, welcher Felix aber nicht dazu brachte das scharfe Ding wegzustecken.
"Aber der Zauber!", meinte Felix.
"Er könnte auch von wem anders stammen.", bemerkte Peter nachdenklich.
"Aber dieses Buch gehört mir nicht mal. Ich hatte es nicht bei mir, es lag einfach nur in diesem Regal.", meinte ich und zeigte auf das labile Teil. Ich schätze sie sahen mir meine Verzweiflung an.
"Das Buch war eines Tages da und als wir es weggetan haben, weil es leer war, tauchte es wieder auf. Also haben wir dich gestern Abend extra hier quartieren lassen, damit du es findest, wegen dem Namen. Es war für dich bestimmt.", erklärte mir Peter und sah wieder zu diesem Buch und sein Blick sagte aus, dass er es mehr als alles andere hasste. Verständlich. Sein Inhalt war nur mir bestimmt.
"Und was soll ich nun damit?", meinte ich.
"Nichts.", sagte Peter und nahm es mir weg, "Wenn ich es nicht lesen darf, wirst du es auch nicht."
"Aber wozu dann das Ganze?", fragte ich meinen Gedanken laut.
"Wir wollten wissen, ob du damit etwas zu tun hast und dass ist nun ganz offensichtlich. Und dieses Buch verweigert sogar, dass du uns erzählst, was darin steht.", meinte er und ging in Richtung Tür, "Es ist verzaubert und ich will wissen von wem." Das waren seine letzten Worte eher er mit dem Buch verschwand. Ich bleib einfach wortlos sitzt und schaute ihm hinter her. Dieses Buch schien ihm ziemlich schwer auf der Leber zu liegen.
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Welcome to Neverland
Teen FictionAnnalena wacht ohne Erinnerung im Wald auf, bis sie nach ihrem verwirrten Herumirren auf einen der verwunschenen Jungen trifft, welcher sie zum Lager von Peter Pan und seiner Truppe führt. Es dauert einige Zeit bis Annalena versteht, dass das was pa...