SECHS

35 2 3
                                    




Ahnung davon, was ich  jetzt überhaupt tun kann, habe ich nicht. Meine Augen gleiten hilflos  über meine Umgebung auf der Suche nach irgendeinem Passanten, der mir  helfen kann. Wenn mir selber als erwachsener Passant, ein  dahergelaufenes Kind plötzlich mir nichts, dir nichts sein Herz  ausschüttet und aufgrund von Verfolgungsängsten nach Hilfe bettelt, würde ich innerlich auch schon mal  bei einer nahegelegenen Psychatrie anrufen und sie fragen, ob zufällig  noch ein Platz frei ist.

Als ich hilflos dann  aber doch keine Person ausfindig machen kann, reiße ich kurzerhand  einfach das Foto von mir von der Wand ab und stopfe es wütend zerknüllt  in meinen Rucksack. Mit schnellen Schritten stampfe ich vor zur Straße  und versuche mein Glück per Anhalter. Von hier aus sind es noch ungefähr  1,7 Kilometer bis zu mir nach Hause, bei denen die Chance dass ich  während ich diese ablaufe, gekidnappt werde, schon ziemlich groß steht, zudem mich meine Route auch zum Großteil über Wanderwege durch einen verlassenen Wald führt.  Dort würde die Chance ganz groß stehen, dass im nächsten Moment irgendein Nacktfrosch aus dem Gebüsch springt und wohin auch immer kidnappt -wenn ihr versteht was ich meine.

Und plötzlich bin ich wach. Hellwach. Als hätte ich in den vergangenen Minuten den Koffein aus all den Kaffeebohnen auf dieser Welt in mich hineingesaugt. Als würde ich die wachmachende Wirkung von Drogen in mir haben, dabei wäre die berrauschende sichtlich angenehmer in einer solchen Situatuion. Also wenn du irgendwann mal vor dem Einschlafen bist, es aber nicht möchtest, ist das eine angenehme, und erzählenswerte Methode, die dich vor dem Einnicken schützt.

Du fühlst dich wie ein Vampier bei Nacht. Bist sofort auf 180 und spürst ganz genau wie dein Körper als dein Adrenalin durch deine Adern pumpt. Versichern kann ich euch den Trick schon, dass er funktioniert. So wach wie jetzt bin ich noch nie in meinem gesamten Leben gewesen und ich fühle mich so, als wäre ich noch nie etwas anderes gewesen. Jetzt können meine Freunde doch sicher meinen Spitznamen Schlafmütze, den sie immer als Synonym in mir gesehen haben, jemand anderem geben.

Mit aller Konzentration hebe ich meine Hand und forme mit meinen Fingern ein Thumbs up, was ich den an mir vorbei rasenden Autofahrern zu verstehen gebe. Die Risiken, was alles passieren kann, wenn ich per Anhalter durch die halbe Weltgeschichte kutschiere, möchte ich lieber nicht abwägen. Stattdessen versuche ich einfach meine Gedanken starr auf den Befehl zu richten, meinen Arm in der Luft hängen zu lassen und ihn keinesfalls zum sinken zu bringen. Es wäre schließlich mein erstes Mal, dass ich soetwas wie bei Fremden Leuten mitfahren ausprobieren würde, aber für alles gibt es doch schließlich das erste Mal, nicht wahr?

Mit der Zeit fließt mir das ganze Blut aus dem Arm, wodurch es natürlich immer schwerer für mich wird, meinen Arm oben halten zu können. Kurzerhand entschlossen drehe ich mich um 180 Grad, lasse die schwer gewordene Hand sinken und hebe die andere. Erneut versuche ich mein Glück, was heute wohl irgendwie im Urlaub sein muss.

Mittlerweile, nachdem bereits mehrere Minuten vergangen sind und die meisten Autofahrer einfach ohne mich auch nur ansatzweise im Augenwinkel zu beachten weiterfahren, frage ich mich wirklich ob ich nur nicht beachtet werde, weil ich nicht aussehe wie ein waschechter Bagpacker. Weil anstatt einem großen vollbepackten Weltreisen-Rucksack auf meinem Rücken nur ein kleiner Designerrucksack auf meinen Schlutern hängt. Weil ich keine Wanderschuhe für eine Antarktisexpedition trage, sondern stattdessen nur kleine, luftige Sneakers mit dünnen Söckchen untendrunter. Weil ich einfach komplett nicht danach aussehe, wie eine Person, die eben mit ihrem Rucksack auf Welttournee ist, sondern eher wie ein jämmerlicher Teenager.

Wieso kann mein Leben denn nicht so aussehen, wie das von zahlreichen Filmcharakteren aus irgendwelchen Blockbustern? Personen, die einfach nur einmal mit der Wimper oder dem Auge zucken müssen, bevor Massen von Autos mit einer Vollbremse vor ihr zum Stehen kommen. Leute in den schicksten und neusten Autos der Welt.

Aber nein, das ist nicht mein Leben. Stattdessen stehe ich schon hier leicht durchgefroren, aber voller Adrenalin dass ich Bäume ausreißen könnte, an einer vollbefahrenen Straße ohne Aufmerksamkeit auch von nur einer Person.

Wie gern ich jetzt doch lieber auf einem Autoledersessel sitzen würde, mich an die von der Sitzheizung erwärmten Lehne kuscheln würde und mich die wohlige Heizungsluft umgeben würde. Stattdessen stehe ich hier aber nur mit verfrorenen Fingern und vom Wind verwuschelten Haaren, die mir meine Sicht versperren.

Schwer durch mein Haarnetz, kann ich jetzt jedoch ein ruckartig bremsendes, blitzeblaues Auto mit getönten Scheiben vor mir halten sehen. Mit meiner Hand die eben noch in der Luft hing, streiche ich mir meine Haare aus meinem Gesicht hinter das Ohr und lasse sie anschließend in meiner Jackentasche versinken. Ein zufriedenes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit, verursacht durch den Gedanken, dass ich doch nicht so abstoßend bin, wie ich es mir während meiner ganzen Warterei ausgemalt habe. Gerade will ich die Tür öffnen, als sie mir auch schon wie von geisterhand von Innen geöffnet wird und mich der darin sitzende Mann mit einem wilden Blick angrinst.

»Na Schätzchen, wohin kann ich dich denn bringen?«, fragt mich die Silhouette, die ich als einziges nur von dem Mann bis jetzt identifizieren kann. Dadurch dass ich mich in die Knie fallen lassen habe, kann ich nun den mysteriösen, der durch das tiefgelegene Auto so tief sitzt, vor mir besser mustern.

Und auch das Grinsen, das mich die ganze Zeit froh begleitet hat, als das Auto vor mir angehalten hat, fängt an zu schwinden. Stattdessen liegt eher nur ein emotionsloser, erstarrter Blick auf meinem Gesicht, für den der Mann vor mir auf jeden Fall verantwortlich ist.

Ich würde ihn älter als 50 schätzen, fast sogar auf 60 Jahre. Die rote Bandana, die er sich um den Kopf gebunden hat, ist auch nur ein kläglicher Versuch von ihm jung auszusehen. Ein grauer Flaum, der über seiner Lippe anfängt, und am Anfang seiner Backen aufhört, ziert mit der dünnen, altmodischen Brille sein Gesicht. Dazu hängt auch noch ein kleines, nettes, etwas längeres Bärtchen wie aus dem nichts sein Kinn herunter, mit dem er sicher schöne Flechtfrisuren ausprobieren könnte. Und genauso wie er sieht auch sein Auto aus. Im möchtegern Hipsterstyle für Opas. Ein grüner herumbaumelder Duftbaum hängt an seinem Rückspiegel und soll anscheinend den muffeligen Gartenschuppengeruch aus seinem Auto vertreiben. Seine Sitze, sind alle einzeln von einer jahrelang nicht gewaschenen Decke überzogen, damit der kostbare Stoff darunter bloß keinen Schaden annehmen würde.

Nein, das ist definitiv nicht mein Hollywoodprinz, bei dem ich mitfahren würde.

___________________________

F'ck Leutz,

ich hab voll verpennt das Kapitel hier zu veröffentlichen, haha.

Dachte iwie ich hätte das schon veröffentlicht, habe dann schon das 7. veröffentlicht und erst dann bemerkt dass dieses ja noch gar nicht public ist, höhö.

Naya dann kommt es halt mit 'ner Woche Verspätung.

Sörryyyyyyy.

Über Votes und Kommentare würde ich mich freuen. <3

Died facesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt