Kapitel 6 ~ Dad

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Angie POV:

'Ja, das stimmte, er gehörte zur Familie. Doch das änderte dir Vergangenheit auch nicht...'

"Willst du deinen Alten denn nicht begrüßen?" Als er ein paar Schritte auf uns zu kam, spürte ich, wie eine Mischung aus Wut und tiefe Trauer in mir aufkam. "Hallo Dad." sagte ich mit einer kratzigen Stimme. Mehr brachte ich einfach nicht heraus.

Ich hörte, wie hinter mir jemand die Luft anhielt. "Er ist dein...Vater? Ich dachte, er wäre....gestorben. Vor vielen Jahren." German hinter mir hatte zaghaft angefangen, zu sprechen. 

"Nicht direkt. Mein Stiefvater war es, der vor vielen Jahren gestorben ist. Er hier ist mein leiblicher Vater." Ich hatte keine große Lust auf Erklärungen, weshalb ich einfach nur Schwieg. Die Stimmung, die gerade noch fröhlich und ausgelassen war, hatte nun einen Tiefpunkt erreicht. 

"Ein 'Hallo Dad'? Mehr nicht?" Mein Vater stand vor mir und blickte mich etwas enttäuscht an. "Was soll ich denn sagen, wenn ich dich jahrelang nicht gesehen habe und du dich kein einziges Mal gemeldet hast? Soll ich dir etwa vor Freude um den Hals fallen?" knurrte ich. Was erwartete er denn?  "Ich hatte eben viel zu tun..." 

"Ach ja? Zu viel, um dich bei deiner Familie zu melden?" Mittlerweile hatte dir Wut in mir die Oberhand gewonnen und ich hatte Mühe, mich zu beherrschen. "Es ist so viel Zeit vergangen, seit du gegangen bist, so viel Zeit, in der du dich hättest melden können. Ich weiß, dass du gegangen bist, und dann auch nichts mit uns zu tun haben wolltest...doch  irgendein Lebenszeichen hättest du doch geben können." 

Die Miene meines Vaters war während meiner Ansprache immer eisiger geworden. Doch bevor er etwas sagen konnte, begann meine Mutter zu sprechen, um einen Streit zu verhindern. Denn die Stimmung zwischen meinem Vater und mir war gerade alles andere als gut. 

"Lasst uns doch nach drinnen gehen und etwas essen. Ich denke, wir sind alle hungrig." Meine Mutter schloss schnell die Türe auf und schob mich hinein. Doch die Lust auf Essen, auf ein 'gemeinsames' Essen, war mir komplett vergangen. "Ich habe keinen Hunger, Mamá. Esst doch einfach ohne mich."

Ich ging auf die Treppe zu, doch meine Mutter gab nicht auf. "Angie, verhalte dich doch nicht wie ein 10-jähriges Kind. Komm und iss mit uns, du kannst doch nicht nicht einfach verhungern." Ich blickte auf meine restliche Familie, die noch verlegen im Flur stand. Es fiel mir schwer, mich gleich am ersten Tag in meinem Zimmer zu verkriechen, doch als mein Blick auf meinen Vater fiel, stieg die Wut in mir wieder auf und ich wusste, dass das Essen nicht gut verlaufen würde. 

"Mamá, ich halte das einfach nicht aus. Tut mir leid." Mit diesen Worten drehte ich mich um und stieg die Treppe hinauf. Meine Mutter rief mir noch ein scharfes "Angeles!" hinterher, doch ich ignorierte es und verschwand schnell in meinem Zimmer.

Seufzend lies ich mich auf das Bett fallen und starrte gedankenverloren auf das Meer, das im Dunklen schon fast etwas bedrohlich wirkte. 

Ich hätte niemals gedacht, dass ich ihn so bald wiedersehen würde. Es war schließlich schon sehr lange her, dass er uns verlassen hatte. Aber er hatte doch immer schon mit allem und jedem ein Problem gehabt, nie gab er sich zufrieden. 

Doch bevor ich noch weiter in meinen Gedanken versinken konnte, klopfte es plötzlich an der Tür. Bevor ich etwas sagen konnte, streckte German seinen Kopf durch die Tür und betrat das Zimmer mit einem Tablett in den Händen. Seine Mühen, die Tür einhändig und mit einem voll bepackten Tablett in der anderen Hand wieder zu schließen, entlockten mir ein leises Lachen. German stellte das Tablett vor mir auf dem Bett ab und setzte sich zu mir auf das Bett. 

"Wie komme ich zu dieser Ehre?" fragte ich ihn lächelnd, als er anfing, mir eine Tasse Tee einzuschenken. German hielt kurz inne und blickte mich an. "Ich kann dich doch hier oben nicht verhungern lassen. Irgendwas musst du doch essen." 

Memories ~ Germangie * pausiert *Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt