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  Bisher bei After..

Als ich auf den Freeway fahre beginnt es zu schneien, also brauche ich eine halbe Stunde bis zum Wohnheim. Es sieht genauso aus wie ich es in Erinnerung habe. Natürlich tun sie das, es ist erst eine Woche her, dass ich ausgezogen bin. Es scheint mir viel länger her zu sein. Ich ignoriere den bösen Blick der Blondine, vor dessen Zimmer Harry mal Wodka verschüttet hatte. Diese erste Nacht in der Harry in meinem Zimmer war, scheint so fern zu sein. Seit ich Harry getroffen habe, ergibt die Zeit keinen Sinn mehr. Keiner meldet sich als ich an meine alte Türe klopfe. Natürlich ist sie nicht hier, sie ist nie hier. Den Großteil ihrer Zeit verbringt sie im Apartment von Tristan und Niall und ich habe keine Ahnung wo das ist. Selbst wenn ich es wissen würde, würde ich dorthin fahren?

Gerade als ich meine radikale Entscheidung, meine alte Zimmerkameradin zu stalken, aufgebe, fahre ich bei Blind Bob's vorbei, die Biker Bar in der ich mal mit Steph war. Ich erkenne Nialls Auto auf dem Parkplatz und fahre recht ran. Ich atme tief durch bevor ich aus meinem Auto steige. Die kalte Luft schmerzt mir in der Nase. Die Frau beim Empfang lächelt mich an und ich erleichtert als ich hinten in der Bar Steph's rote Haare sehe. Wenn ich doch nur vorher gewusst hätte was jetzt passieren würde..

Nervosität überkommt mich als ich durch die verrauchte Bar gehe. Wieso dachte ich, das wäre eine gute Idee? Harry wird fuchsteufelswild und wütend auf mich sein, und Steph wird wahrscheinlich einfach nur glauben, ich bin geistesgestört.

„Tessa, was zur Hölle tust du hier?", fragt Steph und zieht mich in eine Umarmung.

„Ich..naja ich habe dich gesucht", sage ich.

„Ist alles okay? Oder hast du mich einfach nur vermisst?", lacht sie.

„Ich habe dich einfach nur vermisst." Ich entscheide mich, erst mal nur das zu sagen.

„Ich habe dich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen Tessa, wo hat Harry dich versteckt gehabt?", scherzt Niall und umarmt mich.

Tristan erscheint hinter Steph und schlingt seine Arme um ihre Taille. An der Art, wie sie sich an ihn lehnt weiß ich, dass sie den Streit wegen Molly überwunden haben.

„Komm, setz dich zu uns, bis jetzt sind nur wir hier", lächelt sie und ich folge den dreien in die Nische. Bis jetzt? Ich frage mich, ob sie meint, dass Harry bald da sein wird?

Ich entscheide mich da nicht nachzufragen und bestelle mir einen Burger mit Pommes. Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen, und jetzt ist schon nach 15 Uhr.

„Ich passe dieses mal auf, dass kein Ketchup drauf ist", lacht die Kellnerin und geht in die Küche. Sie muss sich noch vom letzten Mal an mich erinnern. Da hatte Harry eine riesen Szene gemacht, weil Ketchup auf meinem Burger war.

Ich zupfe an meinen manikürten Fingern als ich warte, bis die Kellnerin mir mein Cola bringt.

„Du hast da eine Höllen Party verpasst gestern Nacht Tessa", sagt Niall. Er hebt sein Glas hoch und schluckt den Rest seines Biers hinunter.

„Ja?", lächle ich. Der frustrierende Teil an meiner Beziehung mit Harry ist, dass ich nie weiß, was ich den Leuten sagen darf. Wenn wir eine normale Beziehung führen würden, würde ich mit Oh ja, wir hatten auch eine schöne Zeit gestern bei der Hochzeit seines Vaters antworten. Aber da unsere Beziehung weit davon entfernt ist normal zu sein, bleibe ich still.

„Ja, es war wild. Wir sind zu den Docks gefahren anstatt im Studentenverbindungs-Haus zu bleiben. Bei den Docks ist es lustiger, und wir müssen nachher nicht aufräumen", lacht er.

„Oh, lebt Jace bei den Docks?" Ich versuche neutral zu klingen.

„Was? Nein, die Docks sind Anlegestellen für Boote", lacht er und fährt fort. „Er arbeitet am Tag dort, er wohnt dort in der Nähe."

„Oh.." Ich kaue an meinem Strohhalm.

„Es war Schweinekalt, und der liebe Tristan hier war stock besoffen und ist in das Arschkalte Wasser gesprungen", grunzt Steph und Tristan stoßt sie zum Spaß ein bisschen weg.

„Es war nicht so schlimm, sobald ich das Wasser berührt habe wurde mein Körper taub", lacht er.

Mein Essen kommt gleichzeitig wie Tristan's Chicken Wings und eine weitere Runde Bier für die drei.

„Sicher, dass du kein Bier willst? Sie wird deinen Ausweis nicht kontrollieren", sagt Niall mir.

„Oh, nein ich muss noch fahren. Aber danke."

„Also, wie ist dein neues Wohnheim?", fragt Steph und stiehlt sich ein Pommes von meinem Teller.

„Mein was?"

„Dein neues Wohnheim?", wiederholt sie langsam.

„Ich bin in keinem neuen Wohnheim." Hat Harry ihr gesagt, dass ich in ein anderes Wohnheim gezogen bin?

„Uh..doch tust du, denn du wohnst ja nicht mehr in dem wo ich bin. All deine Sachen waren weg und Harry hat gesagt, du hast das Wohnheim gewechselt weil deine Mutter ausgetickt ist oder so", lacht sie.

„Harry und ich sind in ein Apartment gezogen", sage ich ihnen. Es ist mir egal wie böse er auf mich sein wird. Ich werde nicht lügen. Ich bin wütend und es ist mir peinlich, dass er unsere Beziehung immer noch verheimlicht.

„Was?", fragen Steph, Niall und Tristan gleichzeitig.

„Ja, letzte Woche. Wir wohnen 20 Minuten vom Campus entfernt", erkläre ich.

Die drei sehen mich an, als wäre mir gerade ein dritter Kopf gewachsen.

„Was?", frage ich grob.

„Nichts..es ist nur..wow..keine Ahnung. Das ist einfach eine riesen Überraschung", sagt Steph.

„Warum?", frage ich schnippisch. Ich weiß, es ist nicht fair meine Wut an Steph auszulassen, wenn sie doch eigentlich an Harry gerichtet sein sollte, aber ich kann nicht anders.

„Keine Ahnung, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Harry mit jemandem zusammen wohnt, das ist alles. Ich wusste nicht, dass es zwischen euch so Ernst ist. Ich wünschte du hättest es mir gesagt." Sie runzelt die Stirn.

Ich will sie gerade Fragen was sie damit meint, aber dann wandern die Blicke von Niall und Tristan zur Türe. Als ich mich umdrehe stehen Molly, Harry und Jace in der Türe. Harry schüttelt den Schnee von seinen Haaren und putzt sich seine Stiefel auf der Matte ab. Schnell drehe ich mich um. Mir bricht das Herz. Hier passiert zu viel auf einmal. Molly ist bei Harry, was mich mehr aufregt als ich ausdrücken kann. Jace ist bei Harry, was mich zum Teufel nochmal verwirrt, und ich habe Harrys Freunden gerade gesagt, dass wir zusammen gezogen sind.

„Tessa." Harrys Stimme hinter mir klingt wütend.

Ich sehe zu ihm und sein Gesicht hat einen wütenden Ausdruck. Ich merke, dass er versucht es zu kontrollieren, aber er ist kurz vorm explodieren.

„Ich muss mit dir reden", sagt Harry durch seine aufeinander gepressten Zähne.

„Jetzt gleich?", krächze ich.

„Ja. Jetzt", antwortet er und greift nach meinem Arm.

Schnell verlasse ich die Nische und folge ihm in eine Ecke der kleinen Bar.

„Was zur Hölle tust du hier?", fragt er leise. Sein Gesicht ist nur wenige Zentimeter von meinem entfernt.

„Ich treffe mich mit Steph." Das ist nicht wirklich eine Lüge, aber die Wahrheit ist es auch nicht.

„Bullshit." Er kämpft damit, seine Stimme nicht zu heben. Wir haben jetzt schon die Aufmerksamkeit von ein paar Gästen.

„Na gut, du musst gehen", sagt er mir.

„Wie bitte?" Ich stehle mir eine von seinen berühmten Aussagen.

„Du musst nach Hause gehen."

„Nach Hause? In mein neues Wohnheim?", fordere ich ihn heraus.

Jegliche Farbe weicht aus seinem Gesicht.

„Ich habe es ihnen gesagt. Ich habe ihnen gesagt, dass wir zusammen wohnen, wie konntest du es ihnen nicht sagen? Weißt du wie dumm mich das aussehen lässt? Ich dachte die Zeit, wo ich dein Geheimnis war, wäre vorbei."

„Das habe ich auch nicht getan", lügt er.

„Ich habe die Lügen und die Geheimnisse satt, Harry. Jedes mal wenn ich denke, dass wir uns gut machen.."

„Es tut mir leid. Ich wollte kein Geheimnis daraus machen, ich wollte nur warten.." Harrys Gedanken scheinen durcheinander zu sein. Ich kann fast den Kampf mit sich selbst hinter seinen grünen Augen sehen. Seine Augen suchen verzweifelt die Bar ab, und seine Panik bereitet mir Sorgen.

„Ich kann so nicht mehr weitermachen, das weißt du, oder?", sage ich ihm.

„Ja..ich weiß", seufzt er und zieht sein Lippenpiercing zwischen seine Zähne und fährt sich mit der Hand durch seine feuchten Haare.

„Können wir nach Hause gehen und darüber reden?", fragt Harry und ich nicke.

Ich folge Harry zurück in die Nische, wo jetzt alle sitzen.

„Wir verschwinden", verkündigt Harry.

„So früh?", grinst Jace. Ich merke, wie Harry seine Schultern anspannt und nach hinten zieht.

„Ja", antwortet Harry.

„In euer Apartment?", fragt Steph und ich sehe sie böse an. Nicht jetzt, schreie ich sie still an.

„Euer was?", gackert Molly. Ich wäre zufrieden gewesen, sie für den Rest meines Lebens nicht mehr sehen zu müssen.

„Ihr Apartment. Sie wohnen zusammen", singt Steph. Ich weiß, sie versucht nur Molly eines reinzuwürgen, und normalerweise würde ich ihr applaudieren, aber ich bin zu wütend auf Harry um mich auf Molly zu konzentrieren.

„So..so..soo.." Mit ihren langen roten Nägeln tippt Molly mit jedem Mal „so" auf den Tisch.

„Das ist aber sehr interessant", sagt sie und sieht zu Harry.

„Molly..", warnt er sie. Ich schwöre, ich kann die Panik auf seinem Gesicht sehen, die ihn gerade überkommt.

„Du treibst das ganze wirklich ein bisschen zu weit, oder?" Sie hebt eine Augenbraue.

„Molly, ich schwöre bei Gott, wenn du nicht deine beschissene Fresse haltest..", droht Harry ihr.

„Welche Sache? Was treibt er zu weit?" Ich kann nicht anders, ich muss einfach fragen.

„Tessa, geh raus", befiehlt er mir aber ich ignoriere ihn.

„Nein, was treibt er zu weit? Sag es mir!", schreie ich.

„Warte.. du weißt es, oder?", lacht sie und fährt fort. „Ich wusste es! Ich habe es Jace gesagt, aber er wollte mir nicht glauben. Harry, du schuldest Zayn eine Menge Geld dafür." Sie wirft ihren Kopf in den Nacken und steht auf.

Harrys Gesicht ist komplett blass. Das Blut scheint aus seinem gesamten Körper gewichen zu sein. Mein Kopf hämmert und ich bin verwirrt. Ich sehe kurz zu Niall, Tristan und Steph, aber die sehen alle zu Harry.

„Ich weiß was?" Meine Stimme zittert. Harry nimmt meinen Arm und versucht mich wegzuziehen, aber ich befreie mich aus seinem Griff und stelle mich vor Molly.

„Spiel' dich nicht mit mir, ich weiß, dass du es weißt. Was hat er getan? Das Geld mit dir geteilt?", fragt sie.

„Tessa.." Harry greift nach meiner Hand und seine Finger sind eiskalt. Ich zucke weg.

„Sag es mir! Wovon spricht sie!", schreie ich ihn an. Tränen finden ihren Weg in meine Augen und ich habe Schwierigkeiten dabei, all die Emotionen runter zu schlucken.

Harry verblüfft mich indem er seinen Mund öffnet und dann wieder schließt.

„Oh mein Gott, du weißt es wirklich nicht? Oh, das ist klasse. Rückt eure Stühle näher!", amüsiert sie sich.

„Molly, nicht", sagt Steph.

„Bist du sicher, dass du es wissen willst, Prinzessin?" Molly lächelt mich böse an. Ich kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören. Ich frage mich, ob die anderen es auch hören.

„Sag es mir", verlange ich und sie neigt ihren Kopf leicht.

„Ich denke Harry sollte es ihr sagen", kichert sie und befördert die Kugel ihres Zungenpiercings zwischen ihre Zähne. Es entsteht ein grausiges Geräusch. Noch viel schlimmer als das Geräusch das entsteht, wenn man mit Fingernägeln an einer Tafel kratzt.

AFTER truthWhere stories live. Discover now