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Ich halte mein Handy zwischen meiner Wange und meinem Ohr während ich ein Papiertuch aus dem Spender ziehe, und es vor den Sensor am Wasserhahn halte. Das Wasser kommt erst als ich mit dem Papier herumwedle. Ich hasse diese automatischen Waschbecken. Mein Kajal ist ein bisschen verronnen, aber dafür, dass ich so verschwitzt bin, sehe ich besser aus als ich es mir vorgestellt habe. Nach dem dritten Piep-Ton lege ich auf und lege mein Handy zum Rand des Waschbeckens. Warum zur Hölle hebt er nicht ab? Er ruft mich immer.. Mein Handy vibriert und fällt fast ins Wasser, weswegen ich tierisch lachen muss. Ich habe keine Ahnung warum, aber ich finde es lustig. Harrys Name erscheint auf dem Bildschirm und ich fahre mit meinem Finger darüber.

„Harold?", sage ich in den Lautsprecher. Harold? Oh Gott, ich habe viel zu viel getrunken.

„Tessa?", keucht er. Er hört sich lustig an.

„Ist alles okay? Hast du mich angerufen?", fragt er. Gott, seine Stimme klingt himmlisch.

„Ich weiß nicht. Sagt dein Handy, dass ich es getan habe? Weil wenn schon, dann hab ich es wahrscheinlich getan", lache ich.

„Hast du getrunken?" Sein Ton verändert sich.

„Vielleicht", quietsche ich und werfe das Papiertuch in den Müll.

Zwei betrunkene Mädchen kommen herein und eine von ihnen stolpert über ihre eigenen Füße. Ihre Freundin und ich müssen lachen. Sie stolpern in die größte Kabine und ich fokussiere mich wieder auf meinen Anruf.

„Wo bist du?", fragt er hart.

„Oh, würdest du dich beruhigen?", sage ich ins Handy. Er sagt mir immer ich soll mich beruhigen, also kann ich das jetzt auch

„Tessa..", seufzt er. Ich weiß, dass er wütend ist, aber meine Gedanken sind zu vernebelt um mich darum zu kümmern.

„Wie viel hast du getrunken?", fragt er.

„Keeine Ahnung..fünf. Oder Sechs. Denke ich", antworte ich und lehne mich gegen die Wand. Die kalten Fliesen fühlen sich wunderbar an meiner heißen Haut durch das Kleid an.

„Fünf oder Sechs was?"

„Sex on the Beach..wir hatten nie Sex am Strand. Das hätte Spaß machen können", sage ich grinsend. Ich wünschte ich könnte sein dummes Gesicht jetzt sehen. Nicht dummes..wunderschönes. Aber dumm hört sich gerade besser an.

„Oh Gott, du bist Steinhagel voll", sagt er. Aus irgendeinem Grund weiß ich, dass er sich gerade durch die Haare fährt.

„Wo bist du?", fragt er wieder.

„Dort wo du nicht bist", antworte ich kindisch.

„Ganz offensichtlich. Jetzt sag es mir. Bist du in einem Club?", faucht er.

„Ooooh...da ist jemand ein Miesepeter", lache ich. Ich weiß, dass er die Musik im Hintergrund hören kann.

„Ich kann ganz schnell herausfinden wo du bist", droht er.

„Wieso hast du mich heute nicht angerufen?" Die Worte verlassen meinen Mund bevor ich sie stoppen kann.

„Was?" Er ist total überrumpelt von meiner Frage.

„Du hast heute nicht versucht mich anzurufen." Ich höre mich armselig an.

„Ich dachte nicht, dass du das willst."

„Tue ich nicht, aber trotzdem."

„Nun ja, ich werde dich morgen anrufen", sagt er ruhig.

„Leg' noch nicht auf."

„Tue ich nicht.. Ich habe nur gesagt, dass ich dich morgen anrufen werde, auch wenn du nicht abhebst", erklärt er mir und mein Herz überschlägt sich.

„Okay." Ich versuche neutral zu klingen. Was tue ich hier?

„Also, kannst du mir jetzt sagen wo du bist?"

„Nope."

„Ist Trevor dort?" Seine Stimme klingt ernst.

„Ja, aber Kim auch..und Christian", verteidige ich mich. Ich weiß nicht, warum ich mich vor ihm rechtfertige.

„Also das war also der Plan? Dich zu der Konferenz zu schleifen und dich in einem beschissenen Club betrunken zu machen?" Er hebt seine Stimme. „Du musst zurück in dein Hotel gehen."

„Du wirst mir nicht sagen was ich tun soll!", schreie ich in den Lautsprecher. Naja, das ist ja schnell..aus dem Ruder gelaufen.

„Du bist es nicht gewohnt zu trinken und jetzt bist du aus und Trevor.." Ich lege auf bevor er aussprechen kann. Wer glaubt er, dass er ist? Er kann sich glücklich schätzen, dass ich ihn überhaupt angerufen habe. Betrunken oder nicht. Was für ein Trottel. Ich brauche noch einen Drink. Mein Handy vibriert immer wieder aber ich ignoriere jeden Anruf. Nimm das, Harry.

Ich finde den Weg zurück in unseren VIP-Bereich und bitte die Kellnerin um noch einem Drink.

„Geht's dir gut? Du siehst wütend aus", fragt Kimberly.

„Ja, mir geht's gut!", lüge ich und leere meinen Drink sobald die Kellnerin ihn gebracht hat. Harry ist so ein Trottel. Er ist der Grund warum wir nicht mehr zusammen sind, und er hat den Schneid mich anzuschreien wenn ich ihn Anrufe? Er könnte jetzt hier bei mir sein wenn er nicht das getan hätte, was er getan hat. Aber stattdessen ist Trevor hier. Trevor ist süß und sieht sehr gut aus.

„Was?", lächelt Trevor als er mich dabei erwischt wie ich ihn anstarre.

„Nichts", lache ich und sehe weg.

Nachdem ich noch einen Drink getrunken habe, reden wir darüber wie toll es Morgen wird. Dann stehe ich wieder auf.

„Ich gehe wieder tanzen!", rufe ich ihnen zu. Trevor sieht so aus als würde er etwas sagen wollen, mir vielleicht anbieten mit mir zu tanzen, aber seine Wangen werden rot und er bleibt still. Kimberly sieht aus als hätte sie schon genug vom tanzen, aber das ist mir egal. Ich gehe auch alleine.

„Sei vorsichtig", sagt Christian und ich lächle. Ich finde den Weg auf die Tanzfläche und beginne mich zu bewegen. Wahrscheinlich sehe ich dumm aus, aber es fühlt sich gut an sich zur Musik zu bewegen und alles andere zu vergessen. Wie meinen betrunkenen Anruf bei Harry.

„Kann ich dir Gesellschaft leisten?" Ein großer Körper erscheint hinter mir. Er trägt schwarze, ausgewaschene Jeans und ein weißes Shirt.

„Uhmm...klar", spricht der Alkohol aus mir.

Seine braunen Haare sind auf den Seiten abrasiert und stehen oben ein wenig in die Höhe, und sein lächeln während er auf meine Antwort wartet, ist hübsch genug. Er ist kein Harry, aber das ist niemand. Hör auf an Harry zu denken.. Erinnere mich sich selbst als mein Tanzpartner seine Hände auf meine Hüfte legt.

„Du bist wunderschön", sagt er mir ins Ohr und schließt die Lücke zwischen uns. Mein Rücken ist gegen seinen Oberkörper gepresst. Das ist mir nicht so unangenehm wie ich es angenommen habe. Eigentlich macht es sogarSpaß. . Ich bewege mich gegen ihn, bin mir unsicher ob ich dieses Dirty Dancing Ding überhaupt richtig mache oder nicht, aber da er mich sogar noch näher zu sich zieht, denke ich, dass ich es richtig mache. Nachdem der Song zu Ende ist, dreht er mich um sodass ich ihm ins Gesicht sehe.

„Noch einen Song?", fragt er lächelnd. Schweißtropfen rasten auf seiner Stirn. Ich nicke und sein lächeln wird größer.

Der Beat des zweiten Songs ist langsamer, sinnlicher, also bewege ich meine Hüfte langsamer. Er hebt meine Hand zu seinem Mund und berührt meine Haut mit seinen Lippen. Sein Blick trifft meinen und das nächste was ich weiß ist, dass sich seine Zunge in meinem Mund befindet. Mein Herz schreit ich soll ihn wegstoßen, und fast kommt mir Galle hoch wegen dem unbekannten Geschmack in meinem Mund. Aber mein Hirn, mein Hirn sagt etwas komplett anderes. Küss ihn und vergiss Harry. Küss ihn. Ich entscheide mich dazu meine Augen zu schließen und meine Zunge mit seiner zu bewegen. In den letzten drei Monaten am College habe ich mehr Jungs geküsst als in meinem ganzen Leben. Die Hände des Fremden wandern auf meinen Rücken, und dann immer weiter hinunter.

„Willst du zu mir?", fragt er als unsere Lippen sich voneinander trennen.

„Was?" Ich habe ihn gehört, aber ich hoffe, ich habe es falsch verstanden.

„Zu mir. Lass uns zu mir gehen", lallt er.

„Oh..Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist."

„Oh, es ist aber eine gute Idee", lacht er aber ich fühle mich beleidigt.

„Warum denkst du ich würde mit dir nach Hause gehen? Ich kenne dich doch nicht mal!", schreie ich über die laute Musik. Die vielen Lichter tanzen über sein Gesicht und dadurch sieht er komisch aus. Viel gruseliger als vorher.

„Weil du dich an mich rangemacht hast und wir uns vor zehn Sekunden noch geküsst haben?", sagt er, so als wäre es offensichtlich.

Gerade als ich mich darauf vorbereite ihn anzuschreien, oder ihm einen Tritt in den Intimbereich zu verpassen, versuche ich für eine Sekunde klar zu denken. Er hat Recht. Ich habe mich an ihn gedrückt, und dann habe ich ihn geküsst. Was zur Hölle ist los mit mir? Ich habe gerade mit einem Fremden in einem Club geknutscht. Das bin nicht ich. Es hat Spaß gemacht mit Kim zu tanzen, aber irgendeinen Mann hier zu küssen, ist zu viel für mich.

„Tut mir leid, aber nein", sage ich und gehe weg.

Als ich in den VIP-Bereich zurückkomme, sieht Trevor so aus als würde er auf dem Sofa einschlafen. Ich muss lachen weil er so süßlich aussieht. Ist das überhaupt ein Wort? Gott, ich habe zu viel getrunken.

Ich setze mich hin und nehme eine Flasche Wasser aus dem Eiskübel der auf dem Tisch steht.

„Hast du Spaß?", fragt Kimberly und ich nicke.

„Ja, ich hatte wirklich eine sehr schöne Zeit", sage ich trotz dem, was vor ein paar Minuten passiert ist.

„Bist du dann fertig Honey? Wir müssen früh aufstehen", sagt Christian zu Kim.

„Ja, ich bin bereit wenn du es bist", sagt sie ihm und streichelt seinen Oberschenkel. Ich sehe weg und fühle wie meine Wangen rot werden.

„Kommst du mit oder schläfst du heute Nachthier?", necke ich Trevor.

Er lacht und setzt sich aufrecht hin. „Das habe ich noch nicht entschieden. Dieses Sofa ist so bequem", lächelt er.

„Ich rufe den Chauffeur an", sagt Christian und wir stehen alle auf.

Kimberly bestellt sich noch einen Drink und ich überlege, ob ich mir auch noch einen bestellen soll während wir warten, aber ich denke ich hatte genug. Wenn ich noch etwas trinke werde ich vielleicht ohnmächtig oder muss mich übergeben. Nichts von dem will ich.

„Er wird in ein paar Minuten da sein", sagt Mr. Vance und wir gehen alle zum Ausgang.

Ich heiße die kalte Luft an meiner heißen Haut willkommen und bin dankbar, dass eine leichte Brise herrscht als wir ins Auto steigen.

Als wir im Hotel angekommen ist es fast drei Uhr Morgens und ich bin betrunken und am verhungern. Nachdem ich den Mini-Kühlschrank durchforstet und fast seinen gesamten Inhalt gegessen habe, stolpere ich zu meinem Bett und lass mich fallen, ohne mir die Schuhe auszuziehen.

„Shhh", murmle ich laut als ein nerviges Geräusch mich von meinem betrunkenen Dösen aufweckt. Ich brauche ein paar Minuten bis ich realisiere, dass jemand an meine Türe klopft.

AFTER truthWhere stories live. Discover now