Kapitel 1 - meine Vergangenheit

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Hier saß ich nun und starrte seit Stunden mein Flugticket an. Um ehrlich zu sein, starre ich es schon seit Tagen an. Das Einzige, was ich fühlte war ein großes schwarzes Loch und der Schmerz, der mich jede Sekunde erneut hineinzog. Konnte es überhaubt möglich sein, je über diesen Unfall hinwegzukommen? Warum musste genau MIR mein Vater genommen werden, wo ich ihn doch so brauchte?

Mein Vater war Koreaner und meine Mutter Deutsche. Ich wurde in Seoul geboren und wuchs bis zu meinem vierten Lebensjahr dort auf. Doch meine Mutter wollte um jeden Preise zurück nach Deutschland und so zogen wir weg aus Südkorea, vermieteten unsere Wohnung und fingen neu an. Traurigerweise trennten sich meine Eltern schon nach sechs Jahren und ich hatte von dem Zeitpunkt an nichts mehr von meiner Mutter gehört. Mein Vater und ich waren alleine. Eine lange Zeit überlegte er, mit mir zurück nach Seoul zu gehen. Doch er wollte mich nicht von meinen Freunden und meiner Schule losreißen. Ich wuchs auf und hatte den besten vater, den ich mir nur hätte wünschen können. Meine Kindheit war in den jahren unbeschwert, auch die Trennung von meiner mutter hatte ich gut verkraftet. Ich unternahm viel zusammen mit meinem Vater und wir flogen vier mal im jahr nach Seoul, leider nur in den ferien. Wir waren das beste team. Zu meinem 18. Geburtstag, der genau vor zwei Monaten war, hatte er versprochen, mit mir zurück nach Seoul zu ziehen. Es war das beste Geschenk und ich freute mich auch sehr auf meine einzigen Verwandten, die dort auf uns warten würden. Ich hatte meinen Schulabschluss in der Tasche und alles war bereit. Der einzige Gegner war unsere Zeit, doch das konnte ich damals ja nicht wissen. Wie jeden Abend wartete ich auf meinem Vater, es wurde immer später und später.... Da bekam ich einen Anruf von der Polizei. Er hatte einen tödlichen Autounfall...sein Tod war kurz und schmerzlos, die Ärzte konnten ihm nicht mehr helfen. Er war unschuldig. Als ich das hörte brachen Welten in sich zusammen. Ich bekam Trost von meinen Freunden und meine große Cousine kam aus Südkorea nach Deutschland, um mich zu unterstützen. Ich erbte unser ganzes Vermögen, unser Grundstück hier in Deutschland und die Wohnung in Seoul... Es dauerte einige Wochen, bis ich endlich wieder aufstehen konnte und bis ich einen Weg gefunden hatte alles zu verdrängen um den Tag zu überstehen. Ich hatte mich dazu endschieden das Grundstück in Deutschland zu verkaufen und zurück nach Seoul zu gehen. Dort hatte ich die größte Chance, wieder ein ,,normales" Leben zu führen. Mein Vater hätte auch genau das von mir erwartet. Ich musste stark sein, einen anderen Ausweg gab es nicht. Doch seinen Tod hatte ich immernoch nicht überwunden und das wird auch noch seine Jahre brauchen...

Jetzt saß ich hier und vertrieb mir die letzten Stunden bis zum Abflug. Ich stelte mir vor, wie alles gekommen wäre, wenn das Schicksal nicht eingegriffen hätte und mein Vater noch bei mir wäre. Nein. Genau das lasse ich, denn genau das verursagt diesen Schmerz. Ich bin nicht die Einzige, der sowas passiert und die schwere Zeiten durchmachen muss. Ich bin erwachsen und werde mein Leben ab genau jetzt ändern. Verbissen stand ich auf und packte meine Sachen zusammen. Einen letzten blick schenkte ich meinem jetzt alten Zuhause. Es war noch möbliert, ich nahm nur das nötigste mit. Ich atmete tief durch und gab mir einen Ruck. Ich habe mir vorgenommen nur nach vorne zu schauen und genau das werde ich jetzt machen. Auf dem Weg zum Flughafen drehte ich die Musik im Auto auf und konzentrierte mich auf dem Text. Simple Übung.

Stunden später saß ich schon im Flugzeug. Zugut kenne ich die lange Strecke nach Seoul, ich blickte auf unsere letzten Ausflüge zurück. Ich war jedesmal so aufgeregt und zählte die Sekunden, bis das Flugzeug landete. Ähnlich erging es mir auch heute. Doch alles was ich mir heute erhoffte, war eine bessere Zukunft und eine Milderung meiner seelischen Schmerzen. Gedankenverloren viel ich in einen tiefen Schlaaf...

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