Kapitel 1 - Ihre Leere und Sein Schmerz

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Ich wusste nicht was schlimmer war, das Blut in meinen Händen oder zu wissen was das Blut in meinen Händen verursacht hatte. Mit wackligen Beinen stand ich auf und öffnete mit zittrigen Händen den Wasserhahn und wusch unter Tränen meine Hände sauber. Schweratmend trocknete ich meine Hände am grünen Handtuch und nahm mein Handy in die Hand und rief Bekim an.

"Schatz?" Nahm er wie immer ab.

"Bekim," fing ich mit kratziger Stimme an. "Kannst du bitte nach Hause kommen."

"Esra, ist alles okay?"

"Nein, nichts ist okay," und damit fing ich an zu weinen.

"Ich bin gleich bei dir, leg nicht auf," sagte er mit panischer Stimme, doch ich hörte nicht und legte auf und ließ mich gegen die Wand auf den Boden gleiten. Alles war vorbei.

-

Ich starrte die Blutlache um mich herum an, ich fühlte mich Schwach und Leer, die Schwäche war mir egal, doch die Leere brachte mich um.

Ich hörte wie Bekim die Haustür aufschloss und nach mir rief, doch aus mir kam nichts - ich konnte einfach meinen Mund nicht öffnen.

"Esra," rief er wieder und diesmal war seine Stimme lauter, näher, bis er vor mir stand. Als er meinen Zustand sah, wurde sein Gesicht blass und seine Augen panisch. Sofort holte er sein Handy aus der Tasche und rief ein Krankenwagen, dann lief er auf mich zu und beugte sich runter zu mir.

"Esra," sagte er sanft und vorsichtig und ich hasste es. "Schatz, schau mich an," sagte er und legte genauso sanft und vorsichtig seine Hand auf meine Wange, doch mein Blick konnte ich nicht vom Blut heben.

"Alles wird gut, Esra," versicherte er mir doch ich schüttelte nur meinen Kopf. Nichts wird gut, einfach nichts.

"Esra, alles wird gut," sagte er diesemal mit fester Stimme. "Egal was heute noch passiert, es wird wieder gut."

Mit dem wissen das nichts mehr gut werden würde fing ich an zu weinen und ließ Bekim mich fest umarmen.

-

Im Krankenhausbett ließ Bekim meine Hände nicht für eine Sekunde los, doch ich konnte nur daran denken wie genau diese Hände noch vor kurzem voll mit Blut waren. Wie die Leere in mir mich von innen zeriss.

Es wurde an der Tür geklopft und mein Arzt trat ein. Mein Herz fing an wie verrückt zu klopfen als ich den blanken Gesichtsausdruck von ihm bemerkte.

"Frau und Herr Zekaj," fing er an und seine Stimme hätte nicht trauriger sein können.

"Bitte nicht," flüsterte ich kaum hörbar und Bekim drückte meine Hände ganz fest.

"Es tut mir leid, aber Sie hatten eine Fehlgeburt," beendete er seinen Satz und mein Herz brach in tausend Stücke.

"Die Schwester kommt gleich und bringt Ihnen Tabletten, die Sie nehmen müssen, wir werden Sie über Nacht hierbehalten."

Damit drehte er sich um verließ den Raum, sofort fing ich an zu weinen.

Bekim ließ meine Hände los und legte sich zu mir ins Bett und ich drückte mich gegen ihn, seine Arme schlungen sich um mich und ich spürte wie auch bei ihm die Tränen flossen.

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Die erdrückende Stille begrüßte mich, als Bekim mir ins Haus half, ich schenkte ihm mein bestes Lächeln und er küsste meinen Kopf.

"Willst du dich hinlegen?"

Ich schüttelte meinen Kopf. "Ich habe genug gelegen, hast du Hunger? Ich kann uns was kochen."

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