Berlin IX

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Von einer Nacht auf die andere war sie verschwunden. Das einzige, was sie hinterlassen hatte war ein kleiner Zettel:

"Lieber Antonin,                                                                                                                                                                                  es ist unentschuldbar, dass ich so plötzlich verschwinden musste, aber ich muss wieder in die Arbeit. Ich konnte das dir nicht persönlich sagen, da du mich nicht gehen hättest lassen. Aber ich komme wieder vorbei, versprochen. Wenn du dich verloren fühlst und nicht mehr weiter weißt, dann ruf einfach an. Oder wenn du Zigaretten brauchst;) Meine Nummer steht auf der Rückseite. 

Mit den besten Grüßen und Genesungswünschen, Gentania"

Warum verarschte ihn eigentlich das Leben andauernd. Für was hatte ihm das Schicksal eine Person geschickt, der er sich anvertrauen konnte, wenn diese ihn eh wieder verlassen würde? Wut kochte in ihm auf und er musste sich an seinem Bett festklammern, um nicht irgendetwas kaputt zu hauen. Seine Wut schlug aber in tiefste Angst um, als ihm einfiel, dass das alles wieder ein Spielchen von Aki sein könnte. Hatte er Gentania ausgeschickt, um ihn auszuspionieren? War sie so plötzlich weg, um ihm davon zu erzählen, wo er jetzt im Krankenhaus lag? Antonin zitterte am ganzen Körper. Er wollte aus dem Zimmer rennen und Hilfe holen, aber seine Füße gehorchten ihm nicht. Sein ganzer Körper war erschlafft und ihm wurde wieder all sein Schmerz bewusst. Seine Hand schien erneut zu verbrennen, seine Rippen wuchsen an und wollten aus seinem Brustkorb heraus. Seine Nase fing zu bluten an und der Verband verschwand. Er schloss die Augen, um wieder zu Sinnen zu kommen. Aber stattdessen spürte er wie zwei kräftige Hände seine Beine auseinander drückten und plötzlich fühlte er wieder sein Ding in sich. Es brannte und all seine Wunden platzen wieder auf. Als Antonin die Augen öffnete, lag er wieder in dem weißen Raum, gefesselt und nackt. Und ER lag nur eine Handbreit über ihm und grinste ihn an. "Du kannst nicht entkommen. Du gehörst mir für immer." Seine Zähne verwandelten sich in scharfe Reißzähne und er vergrub sie in Antonins Kehle und riss ihm ein Stück Fleisch heraus. Antonin schrie und er erstickte an dem Blut. Ein Tür öffnete sich und besorgte Krankenschwestern liefen zu seinem Bett. Plötzlich war Antonin wieder im Krankenhaus, aber den Schmerz im Anus verspürte er trotzdem noch. Verwirrt blickte er die Krankenschwestern an, die auf ihn einredeten. Er verstand nicht was sie sagten. Werde ich verrückt? Sie spritzen ihm etwas in den Arm und Antonin fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Als er aufwachte war er allein. Wie vor dem allen auch immer. Dass es noch ein weiteres davor gab, daran wollte Antonin nicht denken. Lebe im Jetzt. Er war nicht da, du hast dir das nur eingebildet. Antonin fasste sich an den Verband an seiner Nase. DAS ist wirklich passiert, das gerade eben nicht. Du wirst nicht verrückt, Antonin, du bist ein intelligenter Mensch! Er war dieses im Bett liegen und Nichtstun satt. Nur dadurch, weil er nichts zu tun hatte musste er wieder an IHN denken und hatte sich das eingebildet. Ein wenig Ablenkung würde vielleicht helfen. Nachdem er den Notfallknopf gedrückt hatte, kam sofort eine Krankenschwester herein. "Ist irgendwas? Haben Sie wieder Halluzinationen?", fragte die junge Frau. Sie wirkte überengagiert und nervös, vermutlich eine Auszubildende. "Nein, danke es ist alles gut. Ich wollte nur fragen, ob sie mir ein Buch bringen könnten? Ich weiß nicht, was ich tuen soll und ich hätte gerne ein wenig...Ablenkung." "Oh, achso ähm ja natürlich. Schön, dass es Ihnen wieder besser geht. Was für ein Buch würden Sie denn gerne lesen? Wir haben eine große Auswählen hier, möchten sie vielleicht mitkommen und ein wenig stöbern? Oder suchen Sie nach einem bestimmten Buch? Ach ja, ähm...bitte drücken Sie nächstes Mal nur in wirklichen Notfällen den Knopf. Ich...damit will ich sie nicht angreifen, sie wussten es ja nicht, aber wenn es nur sowas wie jetzt ist, bitte einfach rausgehen und fragen." "Oh, das tut mir sehr leid." Tat es ihm nicht, es war ihm ehrlich gesagt  scheißegal. "Haben Sie Effi Briest?" An sich eigentlich ein sehr langweiliges Buch, aber Antonin hatte es gefunden und das machte es zu etwas besonderem, zu etwas spannendem. Es hätte jedes beliebige Buch sein können, das er da gefunden hatte, aber es war genau dieses. Vielleicht wollte man ihm damit etwas sagen. Er hatte vor all dem angefangen es zu lesen und er hatte beinahe schon vergessen, dass er es überhaupt einmal besessen hatte. Alles von "davor" wirkte mittlerweile so fern und surreal. Vielleicht konnte ihn das Buch wieder in die alte Welt zurückbringen. Antonin war von diesem optimistischen Gedanken selbst überrascht. Vielleicht kann die Zeit wirklich heilen? "Ja, ich denke das haben wir, ich bringe es Ihnen dann später vorbei."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 30, 2016 ⏰

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Antonin Seurat - Porträt eines ProstituiertenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt