3. Kapitel

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»Und dann hat er - Nike, hallooo?« Eine Hand bewegte sich vor ihren Augen und risse sie komplett aus den Gedanken. Blinzelnd schaute sie auf die Seite in das Gesicht des Mädchens, mit dem sie gerade unterwegs war. »Ich, äh... Sorry, ich war in Gedanken, was hast du nochmal gesagt?« Ihre Gedanken waren, wie so oft in der letzten Zeit wieder bei Zelo gewesen. Sie konnte ihn heute in der Schule sehr gut beobachten, wie er auf Obermacker tat, der Gesichtsausdruck sowie seine Haltung verrieten nichts Gutes. »Du hast wieder an ihn gedacht, oder?« Die Entgeisterung in der Stimme ihrer besten Freundin war sehr gut zu hören, es tat ihr schon fast leid, in letzter Zeit konnte sie nicht für Eva da sein, nur weil sie die ganze Zeit Zelo im Kopf hatte. Der Junge trieb sie schier in den Wahnsinn, aber er war ein guter Freund geworden. »Ja, wie er heute auf alle reagiert hat, so, als würde er gleich jemanden niederstechen.« Sie war sich sicher, dass er es irgendeinmal tun würde. Er war Zelo, da konnte nur einiges schief gehen. »Seitdem er da ist, bist du so in Gedanken versunken, mehr als sonst. Magst du ihn etwa?« Ihre Schulter traf kurz ihre, ihre Stimme und ihr Gesichtsausdruck sagten auch alles. Sofort wurde sie selber rot, ließ die kurzen roten Haare wieder ins Gesicht fallen und betete leise, dass das ganze nicht zu sehr auffallen würde. Sie mochte ihn, ja, aber sie wusste nicht in welchem Grad. Sie wusste nicht recht, was sie fühlte und das war das Problem. »Dir ist schon klar, dass Bonny seine Freundin ist, oder? Sie bringt dich um, wenn du ihm zu nahe kommst.« Warum war ihr jetzt zum Lachen zumute, was war daran lustig? Naja, es war ja schon Ironie, Bonny würde sie nicht umbringen, die kleine hatte einfach nicht genug Mut, aber Zelo? Der würde wahrscheinlich nicht einmal mit der Wimper zucken. »Klar weiss ich das, schliesslich hör ich sie nachts.« Wirklich begeistert klang sie nicht. Jedes mal, wenn ihre Eltern nicht da waren, hörte sie die beiden. Was sie taten, konnte man nur erahnen, denn wissen wollte sie es nicht. Es war nur schon eklig, überhaupt darüber nachzudenken. Warum tat sie das? »Stimmt. Hast dich ja schon bei mir darüber beschwert. Hast du den eigentlich mit ihnen geredet?« Auf diese Frage schüttelte sie nur kurz den Kopf. »Nein. Nein hab ich nicht. Wie denn auch? Ich kann ja nicht sagen: Bitte seid etwas leiser beim Sex, ich will schlafen? Das kann ich nicht bringen«, murmelte sie leise und schüttelte kurz den Kopf. »Also ich würds genau so sagen, direkt in sein asiatisches Gesicht.« Die Entschlossenheit der jungen Schülerin neben ihr, gab ihr wieder Mut. Freundschaftlich legten sie sich Arm um sie Schultern. »Du solltest dich endlich mal gegen ihn durchsetzen, ich meine, was will er machen? Dich köpfen? Er versteht das schon.« Oh Eva, wenn du wüsstest, wenn du wüsstest. Nikes Gedanken blieben einfach unausgesprochen. Klar könnte sie ihrer besten Freundin jetzt sagen, was Zelo in Wirklichkeit war, doch würde sie das weiterbringen? Nein. Nein, würde es nicht. Eva würde ihr sowieso kein Wort glauben, dafür hatte sich Zelo schon zu sehr bei ihr und Tyler eingeschleimt. Warum hatte sie ihm an jenem ersten Tag diese alberne Chance gegeben? Was hatte es ihr gebracht? Richtig, gar nichts. Leider. Jetzt wusste sie endlich, weshalb er das getan hatte. Damit er sich bei ihren Freunden beliebt machen konnte, damit diese ihr die Worte nicht mehr glauben würden, wenn sie sagen würde, dass er ein Mörder und Vergewaltiger war. Wie konnte sie bloß so dämlich sein und ihm so schnell vertrauen? Sie konnte momentan nur hoffen, dass er ihr wirklich nichts antun würde. »Okay, ich versuchs.« Im Augenwinkel konnte sie wahrnehmen, wie Eva die Arme der Brust verschränkte und sie streng musterte. »Nike, ich kenne dich, du brauchst mich nicht so anzulügen. Was ist los?« Mist, sie hat es gemerkt. Jetzt stand die Frage offen, ob sie weiterlügen sollte oder ob sie es sein lassen sollte. Lange Zeit sah sie auf die Seite, sah dann ihre beste Freundin wieder an. »Zelo, er ist einfach... launisch, mehr nicht.« Halbe Wahrheit, damit musste sich die Gleichaltrige zufrieden geben. Schien sie aber nicht. Das Einzige, was sie tat, war, weiter ihre Arme vor der Brust zu verschränken und Nike zu mustern. »Warum sagst du mir denn nicht einfach, was los ist? Ich meine, ich sehe doch, dass er dir Kopfschmerzen bereitet.« Seufzend blieb Nike stehen, umgriff den Träger ihrer Tasche fest und musterte den Boden. »Du wirst mir das eh nicht glauben, wenn ich es dir sagen würde.« Eva musterte sie von oben bis unten und schüttelte den Kopf. Wobei ihr ihre langen Haare über die Schultern fielen. »Nike, ich kenn dich jetzt schon seit fast fünf Jahren. Zelo erst seit ein paar Wochen, niemand weiss seinen richtigen Namen, gerade mal sein Alter, sonst nichts, also...« Eva musste ihre Rede unterbrechen. »Hörst du das?« Ein leises, klägliches Wimmern war zu hören. Nickend sowie blinzelnd sah Nike sie an. »Komm wir sehen nach, was da ist.« Noch ehe Nike irgendwas sagen konnte, packte Eva sie einfach am Arm und zog sie mit sich. »Eva, ich weiss wirklich nicht, ob das...« dieses Mal war sie es, die ihren Satz nicht beenden konnte. Das Bild, das sie sah, als Eva stehen blieb, raubte ihr die Sprache. Da war Zelo, mit einem Messer in der Hand das voller Blut war. Vor ihm am Boden lag eine verletzte Person. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Nike auf diese und erkannte wenig später Fabio. »Zelo, wie, was machst du da?!« Eva war diejenige, die das Wort erhob. Ungläubig, wie wahrscheinlich auch ihr Blick war. Erschrocken drehte er sich zu den beiden Mädchen um, lies das Messer fallen als er erst Nike, dann Eva erkannte. »Nike?! Was macht ihr hier?« Man konnte deutlich sehen, dass Zelo sie drohend ansah. Nike wusste auch, was das zu bedeuten hatte, er würde sie spätestens dann anschreien, wenn sie zwei wieder alleine waren. Doch schien es gar nicht so zu sein, als würde er Eva realisieren, die neben Nike stand. Nein, er schien sich nur auf sie zu konzentrieren, ging nach einer Weile auf sie zu und erhob sogleich die Stimme. »Du kleine Schlampe, hast du mich verraten?!« Was war denn mit dem los? Sofort schüttelte sie den Kopf, wich zurück. »Warum ist die den hier? Hmm? Du musst was gesagt haben.« Wieder schüttelte sie den Kopf und stolperte zurück. Eva erkannte die Notlage, hielt ihn sofort fest und Versuchte ihn zurückzuziehen. »Ich hab sie hier hergebracht, sie hat nichts gesagt.« Nichteinmal Eva hatte eine Chance gegen den Asiaten, er stiess sie einfachso zur Seite, wandte sich wieder an Nike. »Das kann jeder Sagen. Ich dachte, ich hätte dein Wort, Nike. Ich dachte, ich könnte darauf zählen, dass du nichts sagst.« Er wollte sie packen, wurde aber durch Evas Worte unterbrochen. »Lass sie in Ruhe oder ich ruf die Polizei.« In der Bewegung stockte der große Asiate, drehte sich zu ihr um, presste dann die Lippen aufeinander und liess das Messer auf den Boden fallen. »Wir wollen doch keinen unnötigen Ärger, verehrte Klassenkameradin.« Seine Stimme war die Ruhe selbst. Eva musterte ihn eine Weile finster, wählte dann eine Nummer und ging an den Hörer. Zelo war alarmiert, wollte handeln. Entspannte sich aber bei den Worten wieder, die er zu Ohren bekam: »Ja hallo, Ich bin hier in der Sperrstraße 7, hier wurde ein Junge erstochen, wir brauchen sofort einen Krankenwagen.«

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