Babyblue. || Part 03

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Babyblue.

+Part 03 - Harry+

Meine Wange brannte. Höllisch. In Nialls schlanker Hand steckte mehr Kraft, als man auf den ersten Blick sah. Vielleicht hätte ich diese Worte nicht ganz so drohend aussprechen sollen. Oder vielleicht hätte ich ihn auch nicht so nah an mich pressen und ihn küssen sollen. Wahrscheinlich hätte ich all meine Gedanken einfach für mich behalten sollen, dann hätte ich jetzt keinen knallroten, brennenden Abdruck seiner Hand auf meiner Wange. Aber irgendwie ... irgendwie war es das wert.

Seinen Körper und seine Lippen nach all den Jahren noch einmal fühlen zu können, wo ich es innerlich doch schon so gut wie aufgegeben hatte. Ja, ich war es gewesen, der all die Nachrichten und Anrufe ignoriert hatte. Ja, ich war der Böse in der Geschichte. Aber damals hatte mein dummes Teenagerhirn einen Sinn darin gesehen.

Hätte ich ihm auf seine ganzen Nachrichten geantwortet, hätten wir eine Fernbeziehung gehabt. Vielleicht hätten wir uns ein Mal im Jahr gesehen, denn weder seine, noch meine Familie hatte genug Geld, um in jeden Ferien einen Flug hin und zurück bezahlen zu können. Irgendwann hätte uns die Entfernung so oder so auseinander gerissen. Also hatte ich es lieber sofort beendet, als die Bindung zwischen uns noch nicht so tief war, als es noch nicht allzu sehr schmerzen würde, wenn ich ihn gehen ließ - oder eher von mir stieß.

Aber es hatte wehgetan. Es hatte so schrecklich wehgetan, dass ich mich manchmal nur in einer Ecke zusammenkauern und weinen konnte. Und immer, wenn ich solch einen Zusammenbruch gehabt hatte, dann hatte ich mir eingeredet, dass es so für Niall besser war. Dass sein Herz schneller heilen würde, wenn ich es ihm so zeitig in der Beziehung brach. Dass er jemanden finden konnte, der statt mir an seiner Seite stehen würde, jemanden, der immer für ihn da sein konnte und nicht nur mit ihm schrieb oder telefonierte. Und dass auch ich so besser weitermachen konnte. Dass auch mein Herz besser dran war, wenn ich es schnell beendete.

Ich hatte mich geirrt. Zumindest was mein Herz betraf. Von Niall ... wusste ich gar nichts. Und der Gedanke daran, dass er tatsächlich einen Freund gehabt haben könnte, nachdem ich verschwunden war, brachte mich fast um den Verstand. Und da hatte ich bemerkt, dass es eine ganz dumme Idee gewesen war, ihn wegzustoßen. Aber ich hatte es erst viel zu spät realisiert. Zwei ganze Jahre nach dem Geschehen. Und nach diesen Jahren voller Ignoranz brachte ich es nicht mehr über mich, ihm zu schreiben.

Was, wenn er mich hasst? Was, wenn er dieses Mal nicht antwortet? Was, wenn er antwortet und in der Nachricht steht, dass er einen festen Freund hat? Dass er mich nicht mehr braucht? All diese Gedanken hatten mich all die Jahre zurückgehalten. Es war dumm, es war einfältig. Ich hasste es. Ich hasste mich selbst dafür, verfluchte mich regelrecht. Aber dennoch konnte ich nie zu meinem Handy greifen und ihm schreiben.

Und trotzdem war er jetzt hier. Durch Zufall - oder war es Schicksal? Ich glaubte eigentlich nicht an solchen Hokuspokus, aber dass er von allen Wohnungen in London ausgerechnet in meiner landete, in der wir uns in exakt diesem Moment ein Bett teilen mussten, weil es keine anderen Schlafmöglichkeiten gab, war ein so großer Zufall, dass es mich zweifeln ließ. Wie konnte das überhaupt geschehen? Zwei Mieter für ein und dieselbe Wohnung? Ging das überhaupt? Fiel das nicht auf, wenn man eine Wohnung vermietete?

Obwohl, wenn ich jetzt so darüber nachdachte - hatte er nicht erwähnt, dass er sie übers Internet gemietet hatte? Und ich hatte das auch getan. Hatten wir die Wohnung einfach auf verschiedenen Internetseiten gefunden, die nicht aufeinander abgestimmt gewesen waren? Aber selbst wenn, dem Vermieter musste es doch auffallen. Oder hatte der einfach so zwei Schlüssel? Irgendwie war das ganze hier verdammt seltsam. Wir würden uns wohl morgen mit dem Vermieter unterhalten müssen, wie wir eine Lösung für das Problem fanden.

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