Babyblue.

Babyblue. || Part 06

Babyblue.

+Part 06 - Niall+

Das Spiel, welches ich mit ihm trieb, war grausam. Das wusste ich selbst. Denn obwohl ich ihn immer wieder bei seinem Spitznamen nannte, ihn immer wieder auf die Wange küsste, verneinte ich jedoch immer wieder seine Frage nach einem richtigen Kuss. Es musste die pure Qual für ihn sein.

Warum ich das tat? Es war eine Art ... Experiment. Ich wollte sehen, ob er sein Wort hielt, ob er mein Nein akzeptierte und wie lange. Ob er irgendwann sein Versprechen brechen würde und den Kopf zu mir drehte, während ich mich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Es wäre ganz einfach für ihn. Ein Klacks.

Und dennoch geschah nichts. Er ließ mich seine Wange küssen, lächelte warm und erfüllt, fragte nach einem richtigen Kuss und behielt dann doch das Lächeln bei, wenn ich Nein sagte. Aber ich wusste, dass es ihn quälte. Ich wusste es ganz genau, weil ich jede Nacht kurz vor dem Einschlafen spürte, wie seine Lippen Küsse auf meinen Nacken drückten und er schwer seufzte, die Nase in meinem Haaransatz vergrub und den Arm noch fester um mich schlang. Er suchte meine Nähe immer erbitterter.

Dummerweise war er da nicht der Einzige. Ich selbst driftete während der Vorlesungen immer wieder weg, fand mich in Gedanken in seinen Armen wieder, seinem Lächeln gegenüber. Immer öfter musste ich mich selbst daran erinnern, dass es Harry gewesen war, der mir das Herz gebrochen hatte, und dass es derselbe Harry war, den ich nun wieder auf diese Weise ansah. Ich durfte ihn nicht noch einmal unter meine Haut lassen.

Aber mit der Zeit begriff ich, dass es dafür schon zu spät war. Er hatte sich längst wieder in meiner Brust, nein, direkt in meinem Herzen eingenistet.

Ich begriff diese Tatsache zu einem denkbar blöden Zeitpunkt. Nämlich während der praktischen Laborarbeit. Und die Tatsache haute mich so sehr aus den Socken, dass ich ein Gemisch falsch zusammenstellte und plötzlich ein lauter Knall ertönte. Im nächsten Moment war das gesamte Labor voller Qualm, die Rauchmelder sprangen piepsend an und die kleinen Wassersprenkler über unseren Köpfen durchnässten alles.

Ich wurde für meine Unachtsamkeit für den gesamten restlichen Monat von der praktischen Arbeit suspendiert. Was wirklich Scheiße war, um es mit lieblichen Worten auszudrücken. Zum Glück war da ein netter Kerl in meinem Kurs, Luke Hemmings, der Aufzeichnungen über die Experimente anfertigte und mir diese jeden Morgen gab, wenn wir uns vor dem Vorlesungssaal trafen. Er war ein guter Kerl, ein wenig jünger als ich - neunzehn, wenn ich mich recht erinnerte - hatte jedoch einen messerscharfen Verstand und die unglaubliche Gabe, Worte wie Waffen zu benutzen. Mit ihm focht man keine Messerkämpfe aus, er konnte seinen Gegner lediglich mit Worten in der Luft zerfetzen. Gott, wie sehr beneidete ich ihn um dieses Talent!

Seit ich nachmittags Zeit hatte, hatte ich mich dazu entschlossen, mein Trainingsprogramm von zu Hause wieder aufzunehmen. Es kam nicht nur meiner körperlichen Fitness zugute, sondern entspannte mich auch unglaublich nach anstrengenden Stunden in der Uni. Harry kam manchmal zum joggen mit, hielt sich aber größtenteils heraus, weil sie ihn scheinbar mit Hausarbeiten überhäuften und er außerdem mit seinem Nebenjob zu tun hatte.

Nun, es machte mir nur nebensächlich etwas aus. Denn vorgestern war ich in einem nahegelegenen Park während meiner ersten Runde auf ein Fußballfeld gestoßen, auf dem schon gespielt wurde. Ich wurde entdeckt, wie ich sehnsüchtig die Bewegungen der Spieler mit meinen Augen verfolgte, und dazu aufgefordert, meinen "Knackarsch" aufs Feld zu bewegen, "aber pronto!"

Louis Tomlinson war ein kleiner Kerl, dessen große Klappe die geringe Körpergröße jedoch wieder wettmachte. Seine Fertigkeiten im Spiel standen denen eines Profis kaum nach, er ging so geschickt mit dem runden Leder um, dass ich schon das ein oder andere Mal große Augen machen musste. Er hatte mich mit einem breiten Grinsen und einem festen Griff an meiner Schulter in seinem Team aufgenommen, schnell die Namen der anderen Spieler hinunter gerattert, sodass ich null Chance hatte sie mir zu merken.