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Während des Gesprächs erfuhr ich, dass sie Lisa hieß, ihre Eltern bei einem Autounfall vor drei Jahren ums Leben gekommen waren und zu allem Übel ihre Schwester grade mal 13 Jahre alt war und bereits die fünfte Chemo-Therapie hinter sich hatte und ihre Chancen schlecht standen.
Sowas machte mich immer nachdenklich. In solchen Momenten war ich dankbar, dass ich mit Gesundheit und einem guten Leben gesegnet war und auch niemanden in meiner Familie hatte, der ernsthaft krank war.
Lisa schien ein hartes Leben zu haben, aber sie stellte ihre eigenen Bedürfnisse für ihre Schwester zurück. Sie war sehr schüchtern und eher zurückhaltend, aber auf eine sympathische Weise. Während sie mir ein wenig von ihrem Leben und ihrer kranken Schwester erzählte, musterte ich sie heimlich. Sie war nicht übermäßig hübsch, stellte ich fest, aber auf ihre eigene Art und Weise hatte sie etwas, das sie durchaus attraktiv machte. Sie besaß lange braune Haare, die sie zu einem schlichten Zopf gebunden hatte und trug wie Christina kein Make-up. Sie war sehr natürlich. Ihr Lächeln gefällt mir.

"Hier bist Du", rief Christina plötzlich aus und wir erschraken. Mist. Ich hab' Tina vergessen.
"Oh, tut mir leid. Hab' die Zeit vergessen", sagte ich und stand auf.
"Christina, das ist Lisa. Sie hat mir die Zimmernummer Deines Vaters verraten, als die Oberschwester mir ihre Hilfe verweigert hat. Lisa, das ist meine beste Freundin Christina", stellte ich die beiden einander vor.
"Freut mich", lächelte Tina und gab ihr die Hand.
"Ebenfalls", erwiderte Lisa schüchtern lächelnd und senkte schnell wieder ihren Blick.
"Sollen wir?", fragte Tina an mich gewandt und ich nickte.
"Tut mir leid. Ich wollte Dich nicht aufhalten", beeilte Lisa sich zu sagen, doch ich winkte ab.
"Alles gut. Hier ist meine Nummer, falls ich Dir oder Deiner Schwester nochmal einen Gefallen tun kann", sagte ich und schrieb ihr zu meiner eigenen Überraschung meine Nummer auf den Block. Hab' ich das grade wirklich getan?

PoV Christina

Auf dem Weg zum Auto musterte ich Lukas misstrauisch von der Seite. Er hatte soeben einem Mädel, das er eben erst kennengelernt hatte, seine Nummer gegeben. Das ist doch sonst nicht seine Art. Steht er etwa auf die? Ich spürte wie sich etwas Eifersucht in mir ausbreitete. Wieso bin ich bitte eifersüchtig? Er kann tun und lassen was er will. Freut mich, wenn er jemanden nettes gefunden hat, dachte ich, doch merkte, dass es insgeheim nicht der Wahrheit entsprach.
"Und wie geht's Deinem Dad?", erkundigte er sich bei mir und ich versuchte mich wieder auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren.
"Ähm, ja. Dem geht's soweit gut. Muss sich jetzt erholen. Und Joa.. Das Übliche eben", murmelte ich und hielt meinen Blick fest auf die Straße gerichtet. Ich dachte eigentlich, dass er mehr für mich empfinden würde. Dass wir vielleicht mehr als nur gute Freunde waren, dachte ich und trat etwas stärker nach einem Kieselstein, der vor mir auf dem Boden lag, sodass er den Bürgersteig entlang hüpfte und laut ein Auto am Kotflügel traf. Fuck.
"Hey, alles ok?", fragte Lukas mich besorgt und sah mich an.
"Jaja, alles gut", winkte ich ab und lief weiter.

Mehr als gute Bekannte.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt