Du bist niemals allein.

11 1 0
                                    

23:55. Egal wie lange ich mich im Bett herumwälzte, ich schlief einfach nicht ein. 23:59. Ich gab auf einschlafen zu wollen und durchquerte, dass durch den Mondschein erleuchtete, Zimmer. Ich ging auf mein schräges Dachfenster zu und achtete darauf, gegen keine der Umzugskisten zu treten. Mit einem Ruck öffnete ich es und kletterte geschickt auf das schräge Dach. Vorsichtig kletterte ich nach ganz oben und setzte mich dorthin. Der kühle Nachtwind strich mir durchs Gesicht. Ich schloss die Augen, auch wenn es keinen Unterschied machte, denn hier war die Straße ab 23:00 nicht mehr beleuchtet. Nach einer Weile öffnete ich wieder die Augen und ein leises Keuchen entfuhr mir. Der Himmel war übersäht mit Sternen. Ich hatte noch nie einen so klaren Himmel gesehen. Fasziniert versuchte ich die Sternzeichen, die ich kannte zu finden. Ich begann mit dem großen Wagen (der war einfach) und machte mit dem Skorpion weiter. Je mehr Sternzeichen ich fand, desto mehr hob sich meine Stimmung. Als ich keine mehr fand, sah ich glücklich zu den Sternen. Es waren so viele. Ob sie wohl jemals jemand gezählt hatte? Plötzlich schlug meine Stimmung komplett um. Wie viele Sterne es doch dort oben gab. Für uns Menschen schienen sie eng beieinander zu sein. Doch in Wirklichkeit waren sie teilweise Lichtjahre voneinander entfernt. Sie waren wie...Menschen. Du scheinst in einer Gruppe von Menschen zu stehen, aber du bist doch irgendwo ganz anders. In diesem Moment fühlte ich mich so allein, wie noch nie zuvor. Die Ähnlichkeiten zwischen Menschen und Sternen fielen mir erst jetzt auf. Verschwindet ein Stern, dann bemerken die meisten es nicht. War es etwa auch so bei Menschen? In dem Moment hörte ich eine vertraute Stimme aus meinem Fenster. „Sarah? Kann ich zu dir kommen?", fragte die Stimme. „Ja", antworte ich. Eine schlanke Gestalt tauchte neben mir auf. Markus, mein Bruder. „Habe ich dich geweckt?", fragte ich leise. Er schüttelt den Kopf. „Was machst du schon wieder hier draußen? Du hast deine Sachen außerdem immer noch nicht ausgepackt", sagte er ein wenig vorwurfsvoll. „Findest du wir ähneln den Sternen?", fragte ich ihn anstatt ihm zu antworten. Seine Reaktion konnte ich nicht erkennen. Es war zu dunkel. „Wie meinst du das?" Ich seufzte. „Sie sehen aus als würden sie alle ganz nah beieinander sein, sind jedoch unglaublich weit voneinander entfernt. Sie sind zwar viele aber sie sind doch sehr alleine", erklärte ich. Es verging eine Weile bis er etwas sagte. „Sie mögen vielleicht ‚alleine' scheinen, aber siehst du wie hell sie strahlen? Ihr Leuchten ist so stark, dass es bis zu ihren ‚Nachbarn' reicht. Sie sind durch ihr Licht miteinander verbunden. So wie wir. Wir alle sind miteinander verbunden. Wir strahlen auf unsere eigene Art und Weise. Und verlierst du die Hoffnung oder verlierst du alles strahlen, dann bin ich da und gebe dir neue Kraft. Siehst du? Du bist niemals allein." Ich lächelte. Dieser Gedanke gefiel mir. „Danke", flüsterte ich. Mein Bruder schlang seine Arme um mich, küsste mich auf den Kopf und flüsterte: „Du bist niemals alleine, vergiss das NIEMALS." Ich nickte. Eine Weile saßen wir dort und sagten kein Wort. „Hey, wollen wir uns bei den Sternen revanchieren?", fragte er plötzlich und verschwand kurz darauf in meinem Zimmer. Mit zwei Taschenlampen kam er zurück. „Wir morsen ihnen unseren Dank zu. Was hältst du davon?" Ich schaltete die Taschenlampe ein. „Du bist der beste Bruder der Welt. Ich hab dich lieb", flüsterte ich dankbar. Wir leuchteten mit den Taschenlampen in den Himmel und morsten unsere Nachricht an die Sterne. Vielleicht hatte es auch ein Mensch gesehen und fühlte sich nun ein wenig besser, denn... „Du bist niemals allein."

KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt