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Ruckartig öffnete ich meine Augen, schaute mich um, erkannte überhaupt nichts. Meine Sicht war verschwommen. Rasch richtete ich mich auf, sah mich erneut um, erkannte nichts. Mir wurde leicht schwarz vor Augen, also ließ ich mich zurück in die weichen Kissen unter meinem verschwitzten Körper sinken. Es war alles nur ein Traum, ich hatte alles nur geträumt, weil ich Angst um ihn hatte. Erschöpft schloss ich die Augen.

,,Ardy?", zuerst flüsterte ich. Danach rief ich energischer.

,,Ardy?"

Er antwortete nicht. Meine Augen hielt ich immer noch geschlossen.

,,Ardy?", schrie ich richtig.

Es war ein Schrei, aber er war nicht von mir. Ich hatte ihn zwar ausgesprochen, oder eher heraus geschrien. Aber ich hatte es nicht gesagt, mein Herz hatte gehandelt. Weil ich ihn vermisste, Angst um ihn hatte. Angst mein Traum könnte Wirklichkeit werden. Benommen öffnete ich die Augen. Sie fokussierten nicht, ich sah alles verschwommen. Wie Unterwasser. Nur, dass ich nun das Gefühl hatte nicht im Wasser sondern an der Luft zu ersticken. Mein Hals schnürte sich unangenehm feste zu und ich röchelte unverständliche Worte vor mich hin. Mit klarem Gewissen von Niemandem gehört zu werden. Ardy wäre längst bei mir, wenn er mich gehört hätte. Das Gefühl an meinem Hals verschwand und meine Augen fokussierten allmählich wieder. Ich sah eine weiße Decke, Ränder weißer Wände, grelle LED Leuchtröhren. Entweder war ich hier in der Klapse, oder im Krankenhaus. Ich vermutete Letzteres, ich war ja nicht verrückt, oder war ich das doch? Ich wusste es selber bereits nicht mehr. Mein Bett wurde mittels einer Maschine, welche am Bett angebracht war, nach oben gehoben, sodass ich nun auf einen sterilen weißen Schrank blickte. Neben ihm ein öder Plastikstuhl. Erst jetzt bemerkte ich die vielen Schläuche links und rechts an meinem oberkörperfreien Körper. Mein Blick wurde panisch, aber ich konnte mich nicht bewegen, ich war wie gelähmt, wie versteinert. Meine Pupillen weiteten sich.

,,Sie müssen sich beruhigen Herr Tjarks.", sagte eine Stimme neben mir.

Ich zuckte zusammen, aber mein Körper tat nichts, mein Körper lag einfach da, wie eine leere Hülle auf dem weiß bezogenen Bett unter mir. Meine Angst verringerte sich nicht, im Gegenteil, ich hatte das Gefühl von ihr übermannt zu werden.

,,Herr Tjarks, hören sie mir zu. Sie müssen jetzt ruhig bleiben und ich werde Ihnen alles schildern."

Bedächtig nickte ich, war erstaunt dies zu können. Meine Angst verschwand zwar nicht, aber die Neugier schob sie bei Seite.

,,Sie sind hier in Sicherheit. Wissen sie wo sie sich befinden?", fragte der Arzt.

Ich schüttelte den Kopf. Da ich ihn ja nun anscheinend wieder bewegen konnte drehte ich meinen schmerzenden Kopf nach rechts um dem Unbekannten, welchem die Stimme gehörte, in die Augen zu sehen.

,,Sie sind im Krankenhaus."

Mein Blick ging gen Boden. Mein Traum war nicht jener wofür ich ihn gehalten hatte. Jetzt brach alles wieder über mich herein. Er hatte ihn getötet, ihn mir weggenommen. Die Liebe meines Lebens. Eine einsame, kalte Träne entwich meinem Auge und lief meine Wange entlang.

,,Haben sie keine Angst, er ist jetzt an einem besseren Ort."

Er nahm meine Hand. Ich spürte es nicht. Unmerklich schüttelte ich meinem Kopf. Ich wollte nicht, dass dieser Mensch mich berührte. Er mich ansah, als wüsste er wie ich mich fühlen würde.

,,Der Tag seines Todes ist einen Monat her, Herr Tjarks.", sagte der Arzt.

Ich schaute auf. Seine Hand hatte er wieder zurückgezogen und diese stattdessen in seine Kitteltasche gleiten lassen. Ich wollte etwas sagen, ich wollte in Fragen was ich hier machte, was er hier machte, warum Ardy gehen musste. Mein Mund öffnete sich. Ich setzte an, alles was ich von mir gab waren einige klägliche Würgegeräusche.

,,Sie liegen seit einem Monat im Koma, ihr Körper ist geschwächt. Er möchte nichts zu sich nehmen, egal was wir ihm geben. Selbst Medikamente lehnt er ab. Sie haben bestimmt sehr viel durchgemacht. Ich kann sie verstehen. Wenn sie mich hören, Herr Tjarks, dann bitte ich sie, kämpfen sie. Für ihn."

Wieder schüttelte ich meinen Kopf, dieses Mal energischer. Gar nichts verstand er. Auch ich verstand nicht, denn mein Körper schien sich nicht zu bewegen, egal was ich machte. Meine Augen waren geschlossen und trotzdem schien ich alles sehen zu können.

,,Ihr Körper ist zu schwach. Sie sind zu schwach. Herr Tjarks, ich werde ihre Maschinen abschalten. Sie werden ganz ruhig einschlafen und dann können sie zu ihm. Es ist das Beste für sie, glauben Sie mir."

Ich schluckte. Langsam nickte ich. Es war das Beste, ich könnte zu ihm. Ich konnte mit ihm glücklich sein. Wo immer er gerade ist. Ich werde zu ihm kommen. Ein leises Klicken und meinen Körper verlies die Kraft. Mir wurde schwindelig und ich schloss meine Augen.

,,Ich, komme zu - dir."

Das waren meine letzten Worte, bevor alles Schwarz wurde. Mein Körper erschlaffte, meine Seele verlies meinen Körper. Ich ging zu ihm.

Love isn't easy [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt