Kathi & Cherry

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Auf der Terrasse warteten bereits ihre Eltern auf sie. Beide schauten sehr ernst. Unsicher ging Kathi mit Cherry auf sie zu. „Kathi“, begann der Vater, „wir haben heute Nachmittag Besuch von einem Jungen und dessen Mutter bekommen. Was ist bloß in Cherry gefahren?  Wir haben dir schon immer gesagt, dass ein Mädchen in deinem Alter noch zu klein für so einen großen Hund ist. Ein Hund braucht eine starke Hand du bist einfach noch zu jung, um ihn richtig im Griff zu haben. Und nun droht uns diese Frau mit einer Strafanzeige, wenn wir den Hund nicht weggeben. Wir haben die Bisswunde an der Hand des Jungen gesehen, Kathi das ist keine harmlose Verletzung! Nur weil die Jungs dich ein bisschen geärgert haben –   außerdem gibt es Zeugen, seine Freunde bestätigen, dass Cherry vollkommen durchgedreht ist und du nicht in der Lage warst, sie zu beruhigen. Weißt du was das bedeutet? Die Gesetze hier sind eindeutig!“

Kathi versuchte verzweifelt ihren Eltern zu erzählen, was wirklich vorgefallen ist. Doch ihr Vater unterbrach sie: „Kathi, mach die Sache nicht noch schlimmer, es gibt sieben jugendliche Zeugen, die alle das gleiche aussagen – ich verstehe ja, dass du  dem Hund helfen willst. Wir haben keine andere Wahl. Wir können froh sein, dass die Frau nicht gleich zur Polizei gegangen ist, so haben wir die Möglichkeit, in einem Tierheim einen passenden Platz für Cherry zu finden.“ „Aber,…“, Kathi hatte Tränen in den Augen, sie flüsterte mit erstickter Stimme, „ sie,…sie,…… wollte mich doch nur beschützen, sie….“  „Wir wissen, dass das jetzt hart für dich ist, Kathi, aber für Cherry ist es das Beste!“

Kathi wollte nichts mehr hören, sie stürmte in ihr Zimmer, dort fiel sie Cherry um den Hals und schluchzte in ihr weiches, weißes Zottelfell. Irgendwann musste sie dann wohl eingeschlafen sein.

Als sie aufwachte, war es hell, die Sonne schien und der Himmel war wolkenlos und strahlend blau. Für Kathi aber war es dunkel – sie wusste – Cherry sollte gleich weggebracht werden. Sie stürmte aus ihrem Zimmer, vor der Haustür stand bereits der Hundetransportkäfig. Kathis Vater sperrte die Hündin in den Käfig und stieg mit ihr ins Auto. Der Vater wollte noch etwas zu Kathi sagen, doch sie drehte sich wortlos um, rannte ins Haus, warf sich auf ihr Bett und schluchzte. Sie konnte sich nicht verabschieden, nein, das durfte einfach nicht wahr sein, Cherry fort, ihre geliebte Cherry!

Währenddessen saß Cherry in dem Käfig im Auto. Sie verstand die Welt nicht mehr. Wo war ihre geliebte Kathi, die war doch sonst bei jedem Arztbesuch dabei? Sie fuhren lange, bis sie die Stadt erreichten. Vor einem großen Gebäude bleiben sie schließlich stehen. Cherry wurde aus dem Käfig geholt, ihre Leine übernahm ein ihr völlig unbekannter Mann. Cherry wurde nervös, der Mann roch so fremd. Die Menschen redeten noch kurz miteinander.  Warum war Kathis Vater so traurig? Sie wollte dem Vater über die Hand schlecken, ihn trösten, doch der fremde Mann hinderte sie daran, kräftig zog er an der Leine, sie jaulte auf. Wo wollte der Vater denn bloß hin?  Als Kathis Vater in den Wagen stieg und davon fuhr, wollte Cherry hinterher, der Mann packte Cherry am Halsband und gab scharfe Befehle: „Stopp, du wirst schon noch lernen zu gehorchen!“ Mit eingezogenem Schweif folgte sie dem Menschen, der sie zu einer Box in einem Außengehege führte und sie einsperrte. Überall waren Gitter. Warum hatte ihre Familie sie alleine gelassen? Wo war Kathi? Ihre Freundin, die sonst immer bei ihr war? Wie verrückt rannte Cherry in dieser Box auf und ab. War Kathi etwas zugestoßen? Die Hündin suchte verzweifelt nach einem Ausgang. Sie musste zurück – sie musste doch Kathi beschützen. Als die Hündin keinen Ausgang fand, begann Cherry wie verrückt zu graben.

Kathi & CherryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt