Kathi & Cherry

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Cherry hatte inzwischen die Hauptstraße erreicht. Sie lief durch die Nacht, immer weiter, unermüdlich, ohne Pause. Autos fuhren an ihr vorbei. Die Scheinwerfer erhellten die Straße. An einer Kurve blieb Cherry schließlich stehen.

Kathi schlich durch die Dunkelheit. Sie schlug den Weg zur Hauptstraße ein. Dort angekommen, sah sie plötzlich Cherry, die ihr gegenüber auf der anderen Straßenseite stand. Kaum hatte die Hündin Kathi gesehen, rannte sie über die Straße, auf das Mädchen zu. Genau in diesem Moment kam ein Auto um die Kurve.

Kathi hielt die Luft an. Sie wollte schreien, Cherry vor dem Auto warnen. Doch sie war unfähig sich zu rühren, ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Sie brachte keinen Ton heraus.

Der Autolenker konnte nicht mehr bremsen. Er fuhr Cherry an, diese wurde auf die Seite geschleudert und landete im Gebüsch neben der Fahrbahn. Ohne sich über den Hund Gedanken zu machen, raste der Autofahrer weiter. Endlich erwachte Kathi aus ihrer Starre. Sie stürmte über die Straße und kniete sich neben die Hündin. Cherrys weißes Fell färbte sich an Hals und Bauch rot. Behutsam streichelte Kathi ihre Hündin. Tränen tropften auf Cherrys Fell. Vorsichtig hob die Hündin den Kopf und schleckte über Kathis Hand. So viel ging Kathi durch den Kopf. Sie musste Cherry nach Hause bringen, oder sollte sie einfach Hilfe holen und Cherry inzwischen hier liegen lassen? Nein, das wollte Kathi auf keinen Fall. Behutsam hob das Mädchen die Hündin hoch und trug sie über die Straße. Cherry war schwer, doch Kathi gab nicht auf, sie brachte ihre Hündin nach Hause.

Dort angekommen, klingelte sie ihre Eltern aus dem Bett und als sie unter Tränen alles erzählt hatte, was passiert war, ging alles ganz schnell. Ihr Vater brachte Cherry zum Tierarzt und würde sie danach wieder ins Tierheim bringen. Kathi war verzweifelt. Sie hoffte so sehr, dass ihre Cherry wieder gesund werden würde, doch sie war auch traurig und nachdenklich. War Cherrys Mühe komplett umsonst gewesen? Hatte sie den weiten Weg zurückgelegt, um dann doch wieder im Tierheim zu landen? Traurigkeit mischte sich mit Wut. Aber sie war so müde. Kaum lag sie im Bett, schlief sie ein.

Während Kathi schlief, wurde es draußen hell. Die Sonne tauchte am Horizont auf. Ihre hellen Strahlen verfingen sich in der Pinie vor dem Haus und ließen den Baum golden im Morgenlicht leuchten. Kathis Mutter öffnete die Terrassentür und begann, das Frühstück vorzubereiten. Als sie gerade den Tisch deckte, klopfte es an der Tür. Die Mutter öffnete. Draußen stand Karo, Kathis beste Freundin. „Ist Kathi da?“, fragte Karo und zupfte an ihren Zöpfen. „Ja.“, antwortete die Mutter, „Aber sie schläft noch.“ „Och, schade…“, Karo klang enttäuscht. „Dabei hätte ich sogar etwas für Cherry dabei. Wie sie Kathi verteidigt hat, als die Jungen sie von den Felsen ins Wasser schmeißen wollten, das war einfach toll von ihr. Ich habe alles beobachtet, hinter einem Busch versteckt. Eigentlich wollte ich Kathi helfen, aber ich traute mich nicht, wegen der vielen Jugendlichen. Darum war ich so froh, als Cherry die Jungen angriff und Kathi vor  ihnen beschützte.“ Karo verabschiedete sich, rannte den Steinweg zum Gartentor entlang, ihre Zöpfe wehten hinter ihr her. Nachdenklich blickte Kathis Mutter ihr nach. Sie ging ins Haus, nahm das Handy und rief ihren Mann an.

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