6: erwischt

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Ganz vorsichtig schlich ich mit meinen Shorts, Top und nackten Füßen durch die Gänge.
Es war zehn nach zwei Uhr Nachts.
Mein Herz raste, ich spürte die Schläge in meinem Hals und versuchte den Kloß hinunter zu schlucken.
Ich blieb kurz stehen, schloss die Augen, lehnte mit mit dem Hinter Kopf an die Wand und atmete ein paar mal tief durch. Meine Hände schwitzen.
War das Angst?
Ich hatte so lange nichts dummes getan.
Eigentlich noch nie, so weit ich mich erinnern kann... Lange hatte ich keine Angst. Konnte man dieses Gefühl vergessen?
Ich glaube nicht, egal weiter...

Rechts, links, rechts,links.
So fühlte es sich an, mir wurde schwindelig, vermutlich bildete ich es mir nur ein. Ich kniff meine Augen zu Schlitzen und schlich mit einer flachen Hand an der Wand entlang, die Gänge weiter.
Gut, das hier alles beleuchtet wird.
Da! Der endlose Gang.
Ich drehte meinen Kopf schnell um und wieder vor und lief leise, auf Zehen spitzen den Boden entlang.
Ich stand davor, vor der Stahltür.
Sie wird nur quietschen.
Sie wird einfach nur quietschen und dann würden sie mich in den Raum schleppen, mich fesseln und mir langsam meine Knochen brechen.
Pscht. Was denkst du dir da wieder Clarke.
Ganz ruhig.
Allein das ich schon aus meinem Zimmer gehe, war Mut genung.
Sie war nur offen wegen irgendeiner Sicherung, die ausgelöst wird. - zehn nach zwei.
Ruhig hob ich meine Hand und drückte langsam mit zusammen gebissenen Zähnen die Klinke hinunter.
Ganz, ganz langsam.
Die Tür fing an zu quietschen, als ich sie auf drückte.
Wieder ganz, ganz langsam öffnete ich diese.
Ich machte so weit auf, bis der Spalt reichen würde und ich mich durch zwängen konnte.
Quer drang ich mich mit eingezogenem Bauch durch den Spalt.
Die Tür ging von alleine zu, ganz plötzlich knallt es heftig, als sie mit einem Schlag ins Schloss krachte.
Verdammt!!! Ich schrie innerlich, vergrub mein Gesicht in meinen Händen, um die Situation nicht noch schlimmer lassen zu werden.
Ich spürte förmlich, wie der Knall durch alle Gänge hallte und wieder zurück und immer wieder.
Es musste hallen, dachte ich.
Wahrscheinlich hörte es keiner, da diese Tür weit weg von den anderen ist.
Trotzdem, ziemlich dumm von mir.
Ich hätte es vor her sehen müssen und besser auf passen...

Ich war völlig beschäftigt mit meinen ganzen Sorgen, obwohl es doch nur um eine Tür ging. Okay... Eigentlich um mich, die hier steht, barfuß, Nachts, da wo ich nichts zu suchen haben dürfte.
Ich schüttelte meinen Kopf und atmete einmal tief durch.
Ich blickte mich um und wunderte mich.
Es war ein "Raum" in einem Kreis.
In der Mitte war nichts, nur eine Treppe.
Von oben kam Licht.
Vermutlich eine Treppe, um die Glühbirne aus zu tauschen.
Alles klar.
Da wo ich in dem Moment stand, war eine Art Absperrung, dass man nicht runter fiel. Unten war nichts, denke ich.
Man sah nicht viel, da war es ziemlich dunkel, wie eine Schlucht.

Ich bückte mich über das Geländer und sah nach oben.
Oh Gott! Ich schrie.
Ich schrie laut und riss meine Augen auf. Das war Licht, und was für ein Licht!
Tageslicht. Ich sah zum ersten mal den Himmel wieder. Ich wusste nicht genau was ich spürte, sollte es Freude sein oder hatte ich doch Angst.
Ich sah die wunderschönen Sterne und konnte meine Augen nicht von diesen lösen. Vorsichtig legte ich mich auf den Boden und schaute nach oben.
Es war einfach wunderschön.
Traumhaft, wunderbar.
Ich hatte ganz vergessen wie es ist, den Himmel zu sehen.

Etwas riss mich aus dem Schlaf.
Schlaf?! Oh nein!
Ich war eingeschlafen und jetzt schien die gewaltige Sonne auf mein Gesicht.
Ich rieb meine Augen und sah nach oben. Die Sonne ging auf.
Ich sah zwar wieder nur den Himmel, aber es war wunderschön!

Wie jeder andere hatten wir eine kleine Uhr am Handgelenk, um das Zeitgefühl nicht zu vergessen.
Ich sah auf diese. Sechs Uhr Morgens.
Verdammt, ich bin einfach eingepennt, beim staunen der Schönheit über mir.

Zu der Treppe komme ich schon noch.
Ich würde hoch gehen und die Pracht noch näher sehen.
Ich war gerade ziemlich glücklich, ich fand es einfach unbeschreiblich...

Ich lief leise zurück in mein Zimmer.
Als ich fast da war, ging ich im normalen Tempo.
Mich hielt jemand an der Schulter und drehte mich zu sich.
Mit finsterer Miene schaute er mich an.
Es war Richard...

'Was machst du jetzt schon in den Gängen?'

'Ehm, ich ehm... Garnichts.'

Ich drehte mich um und ging, es war klar das er mir nicht glaubte, da die Türen nachts nur von außen auf gingen. Die Tür ging ja um zehn nach zwei auf, dann aber nach ein paar Minuten wieder zu.
Er weiß jetzt das ich draußen war und mich herum geschlichen hatte.
Wenigstens killt er mich nicht.
Denke ich.

Ich ging vor meine Zimmer Tür und setzte mich auf den Boden.
Fünf vor acht, zeigte meine Armbanduhr.

Acht Uhr.
Ich stand schnell auf, ging in mein Zimmer und richtete mein Bett und dann in den Waschbereich.

Auf dem Weg zum Essens saal, hörte ich schnelle Schritte hinter mir.
Als diese mich eingeholt hatten, sah ich nach links.
Es war Noah.
Sein blaues Auge war längst verschwunden.
Lächelnd schaute er mich an. Mir schien, als würde er mir etwas sagen wollen, aber Noah blieb still und rieb sich nur ein paar mal an der Nase.
Was wollte er denn? Ich hatte ihn "vermöbelt".
Er wollte was sagen, anders kann ich mir nicht erklären, wieso Noah so unruhig neben mir her ging.
Ich sagte auch nichts.
Wieso auch.

Ich trennte mich von Noah als wir in den Saal gingen und legte mir das auf meinen Tablett, was ich essen wollte.

'Darf ich mich zu dir setzen?'
Schnaubte er plötzlich neben mir, ohne mich an zu schauen.

'Mhm.' erwiderte ich nur und musterte ihn von der Seite.

Wir setzen uns gegenüber und er schaute sich die ganze Zeit unruhig um, als würde gleich jemand rein kommen und ihn erschießen wollen.
Noah stocherte nervös in seinem Essen herum und schaute ein paar mal, mit gerunzelter Stirn zu mir rüber.
Ich aß nur ruhig mein Essen auf und versuchte, mich nicht stören zu lassen.

Er kratzte sich am Kopf.
'Du ehm ich, ehm, also, ich muss dir was sagen, oder ehm fragen.'
Vorsichtig hob er seinen Kopf und schaute mich fragend an.

'Ja was ist denn.'

'Ich habe dich gesehen und weiß wo möglich was du vor hast...'
Sagte Noah diesmal ganz ruhig.

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