Die Rumtreiber und Ich

Kapitel 2

Die erste Woche verging recht ereignislos, wenn man davon absah, dass uns in jedem Fach ein Vortrag über unsere bevorstehenden ZAGs gehalten wurde, denn es war unser fünftes Jahr.
Am Donnerstagnachmittag betrat ich mit Lily zusammen den Gemeinschaftsraum und sah, dass sich eine kleine Schülertraube um das schwarze Brett gebildet hatte.
Lily ließ sich in einen Sessel fallen und ich ging zu der Schülertraube, um nachzusehen, was los war. Nachdem ich mich durch die Schüler gedrängt und es herausgefunden hatte, kehrte ich zu Lily zurück und ließ mich in den Sessel neben sie fallen.
„Was ist denn da los?", fragte Lily neugierig. „Samstag ist der erste Ausflug nach Hogsmeade.", antwortete ich. „Ich muss dringend mal wieder zu Zonkos." Ich zwinkerte Lily zu und sie lachte. „Hast du etwa schon alle Scherzartikel aufgebraucht?"
„Na ja, unser neuer Lehrer in VgddK hat es doch wirklich verdient, oder?", meinte ich. Ich konnte mir einfach nie Namen merken und wir hatten ja jedes Jahr einen neuen Lehrer in VgddK.
„Du meinst Professor Willoughby?", half Lily mir.
„Ja, der hat es wirklich verdient, aber du solltest es nicht übertrieben, Grace. Eigentlich bist du genauso wie James."
Ich wusste genau, was sie meinte. Die zweite Hälfte unseres letzten Schuljahres hatte ich beinahe nur mit Nachsitzen verbracht, da ich vielleicht ein bisschen zu viele Scherzartikel an den Lehrern ausprobiert hatte, aber ich konnte es einfach nicht lassen. Ebenso die Rumtreiber.
„Hi Potter!", hörte ich plötzlich eine Stimme hinter mir.
„Oh nein", seufzte ich leise und drehte mich in die Richtung des Sprechers.
„Was willst du, Black?"
„Hast du schon mitbekommen, dass wir am Samstag wiedermal nach Hogsmeade dürfen?"
„Ja, hab ich. Und da ich weiß, was du jetzt fragen wirst, sage ich dir gleich, dass ich nicht mit dir hingehen werde."
„Aber Grace", grinste Sirius und setzte sich auf die Armlehne meines Sessels.
Mir fiel auf, dass er auf einmal meinen Vornamen gebrauchte und irgendwie gefiel es mir, wie er ihn aussprach. Doch schon im nächsten Moment hätte ich mich für diesen Gedanken am liebsten selbst erwürgt. Warum dachte ich so was? Was war nur los mit mir?
„Du kannst mir doch nicht ewig die kalte Schulter zeigen.", fuhr Sirius fort und sein blödes Grinsen wurde noch breiter. Da kam mir plötzlich eine Idee.
„Na gut, ich gehe mit dir nach Hogsmeade, aber nur unter einer Bedingung."
Sirius klatschte erfreut in die Hände. „Ich wusste doch, irgendwann kannst du mir nicht mehr widerstehen. Also, was ist deine Bedingung?"
Ich grinste ihn spitzbübisch an. „Du darfst morgen nicht ein einzigen Mal dein ach so wundervolles Grinsen aufsetzen.", sagte ich und war sehr darauf bedacht, dass er meine Ironie mitbekam.
Sirius erstarrte und schon hatte ich ihm das Grinsen vom Gesicht gewischt. Doch schon zwei Sekunden später hatte er sich wieder gefangen und hatte sein Grinsen wieder. „Das werd ich schon schaffen und vergiss nicht; Samstag haben wir ein Date." Und mit diesen Worten erhob er sich von der Armlehne meines Sessels und verließ den Gemeinschaftsraum.
Ich wandte mich Lily zu, die mich entgeistert anstarrte.
„Was ist?", fragte ich lässig und kramte in meiner Schultasche, auf der Suche nach meinen Zauberkunst-Hausaufgaben.
„Was ist?", wiederholte Lily entsetzt. „Du hast am Samstag ein Date mit Sirius Black, falls dir das entgangen ist."
„Noch nicht", meinte ich. „Nur wenn er es schafft, morgen kein einziges Mal so dämlich zu grinsen."
Lily sah mich weiterhin misstrauisch an, machte sich aber dann selbst daran, ihr Hausaufgaben zu erledigen.

Am nächsten Morgen sah ich Sirius zum ersten Mal beim Frühstück.
Er hatte einen seltsam gequälten Gesichtsausdruck aufgesetzt, während seine drei Freunde Witze machten und lachten. Ein paar Mal zuckten seine Lippen, aber dann schaffte er es doch wieder, sich zu beherrschen.
Heute war ich es, die über ihn grinste. Auf jeden Fall wusste ich jetzt, dass niemand seine Lippen mit einem Gefrierzauber belegt hatte und er auch aufhören konnte, zu grinsen, wenn er wollte.
Den ganzen Tag lang beobachtete ich Sirius, aber kein einziges Mal verlor er die Beherrschung und am Abend saß er mit einer ziemlich grimmigen Miene im Gemeinschaftsraum am Kamin.
Während ich mit Lily eine Partie Zauberschach spielte, sah ich immer wieder auf die Uhr; noch eine halbe Stunde bis Mitternacht.
Als Lily und ich gerade unsere zweite Partie beendet hatten, schlug es Mitternacht und wie auf Knopfdruck kehrte das Grinsen in Sirius Gesicht zurück und er kam zu uns herüber.
„Ich seh dich dann morgen um zehn im Gemeinschaftsraum, Grace." Er zwinkerte mir zu und setzte sich dann wieder zu seinen Freunden an den Kamin.
„Jetzt hab ich wohl ein Date mit Sirius Black.", sagte ich an Lily gewandt, deren grüne Augen sich weiteten, aber ich freute mich irgendwie darüber, dass er es geschafft hatte und ich morgen mit ihm nach Hogsmeade gehen würde.