Kapitel 10

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Der Tag an dem ich das letzte Training hatte war etwas härter als die davor. Ich stand auf, frühstückte, duschte, putzte mir die Zähne und schlüpfte in den Trainingsanzug. Der Trainingsanzug bestand aus einer kurzen Hose und einem bauchfreien Oberteil. Außerdem bestand er speziellen Metallfasern. Sie machten die Kleidung jedoch nicht schwerer. Vom Gewicht her waren sie ungefähr wie normale Unterwäsche. Das besondere war aber, dass sie Feuerfest waren. So steht man nicht plötzlich nackt da wenn man die Flamme benutzt.
Bei den Männern sahen die Trainingsanzüge etwas anders aus. Sie hatten Hosen die einer normalen Jogginghose zum verwechseln ähnlich sahen. Dazu noch ein Oberteil das man als "Penner T-Shirt" bezeichnen könnte. Nur Alex trainierte immer oben ohne. Naja, im vergleich zu vielen anderen die das machen, konnte er sich das mit seinem durchtrainierten Oberkörper auch erlauben. Ich wollte nur wissen woher er die Narben hatte und wieso sein Kopf und seine Arme von ihnen verschohnt blieben.

Als ich im Trainingsraum ankam, musste ich feststellen, dass Alex diesmal nicht einfach nur mit seiner Flamme kämpfen würde. Er hatte diese "Schwert-Schlagstock-Kombinationen" dabei. Als ich ihn fragte was das für Dinger sind, demonstrierte er sie mir kurz. Er nahm eines in jede Hand, wobei die Klinge seinen Unterarm bis kurz über den Ellbögen hoch wanderte. Nach vorne standen sie auch etwas über. Dann lies er nur seine Handflächen brennen. Zwischen den zwei Klingen auf jedem Schwert kam jeweils eine weitere, größere Klinge aus blauem Feuer.
Dann schlug er plötzlich zu. Reflexartig entzündete ich meine Flamme und wehrte den Schlag mit den Flügeln ab. "Ok," fing Alex mit einem Grinsen im Gesicht an zu reden. "Da unsere Flammen gleich stark sind kann ich dich mit meiner Flamme nicht verbrennen. Aber diese Schwerter hier haben nicht nur Klingen aus Feuer, sondern auch welche aus Metall. Sieh dich also vor."
Er ging zur Stereoanlage die im Trainingsraum stand. Wie immer wenn wir trainierten liesen wir nebenbei passende Musik laufen. Diesmal war es Hot Stuff von Donna Summer. Ein Klassiker aus den 1980ern. Da der Song mittlerweile schon über 90 Jahre alt ist gehe ich mal nicht davon aus, dass ihn noch recht viele von euch kennen.
Wie dem auch sei, bevor wir anfingen zu kämpfen ging Alex zu einem Schaltkasten an der Wand. Dort legte er ein paar Schalter um und im Raum änderte sich alles. Der Boden begann sich an ein paar Stellen zu heben und zu senken, während sich in der Mitte des Raumes ein Spalt öffnete. Besagter Spalt war gute 20 Meter tief. Ganz unten sorgten mehrere riesige Ventilatoren für einen starken Wind nach oben. Über den Ventilatoren befand sich eine Art Gitter aus stabilen, dicken Eisenstangen. An jedem Punkt, an dem sich zwei Stangen überkreuzten, war eine Säule die ungefähr auf Bodenhöhe aufhörte. Offensichtlich waren diese Säulen dazu gedacht um darauf zu kämpfen und drüber auf die andere Seite des Spaltes zu kommen. Jedoch sah es nicht so aus als würden die Ventilatoren das erleichtern.

Und dann ging es los. Anfangs konnte ich die Klingen noch abwehren, aber Alex schlug immer schneller und heftiger zu, also musste ich nach kurzer Zeit mit dem Ausweichen anfangen. Ich merkte schnell was er vor hatte. Er drängte mich immer näher zu den sich bewgenden Stellen im Boden.
Allerdings war ich nicht blöd und wechselte von der Defensive in die Offensive. Dadurch konnte ich ihn kurz etwas in Richtung Spalt abdrängen. Doch dann stieß er sich mit einem kurzen Flammenstoß aus seinen Füßen in die Luft. Mit einem eleganten Rückwertssalto gelang es ihm mit beiden Beinen auf einer Säule zu landen.
Während er elegant mit beiden Beinen auf der Säule stand - wo übrigens seine Beine auch nur gerade so nebeneinander Platz hatten - versteckte er eine Hand hinter seinem Rücken. Mit einem aroganten Lächeln im Gesicht streckte er den anderen Arm aus und deutete mir ich solle zu ihm kommen.
Zugegeben, ich hab es noch nie geschafft ihn an seine Grenzen zu bringen, es war immer ich die nicht mehr konnte. Demnach hatte ich auch nicht sehr große Hoffnungen darin, dass ich auf den Säulen auch nur die geringste Chance hatte ihn zu besiegen.
Also sprang ich auf die erste Säule. Wegen dem Wind verlor ich schnell mein Gleichgewicht. Mit einem Fuß stieß ich mich zur nächsten Säule ab. Es war nicht einfach bei dem Wind das Gleichgewicht zu halten, vor allem nicht mit Flammenflügeln.
Als es mir endlich gelungen ist gerade zu stehen, schlug Alex mit einem Schwert zu. Mit den Flügeln konnte ich den Schlag abwehreny jedoch verlor ich das Gleichgewicht und stürzte. Mein Flügel wurden zu zwei tentakelartigen Greifarmen mit denen ich mich an zwei Säulen festhielt. Alex lachte von oben herab: "Gut, aber vergiss nicht, dass deine Umgebung immer auch als Waffe missbraucht werden kann."
Er sprang über die Säulen in Richtung Schaltkasten. Dort legte er den Schalter für den Spalt um. Sofort stieß ich mich mit den Greifarmen nach oben ab. Als ich sah wie die Falltüren wieder zugingen und ich es nicht schaffen würde, hatte ich wieder meine Flügel. Mit einem einzigen Flügelschlag konnte ich mich noch retten.
Alex lies seine Schwerter fallen und schlug gegen ein Brett an der Wand. Das Brett fiel heraus und Alex zog eines der Sturmgewehre ohne Abzug aus dem Loch. Als er dabei wieder seine Handfläche anzündete konnte ich mir schon denken was passieren würde. Ich wich aus als die ersten kleinen Feuerkugeln auf mich zukamen. Hinter mir prallten sie an der Feuerfesten Wand ab. Wie zuvor wechselte ich in die Offensive und wehrte die Kugeln mit meinen Flügeln ab als ich auf ihn zu lief. Während ich mit den Flügeln zuschlug wich er aus und kletterte auf den sich bewegenden Boden. Womit er nicht rechnete war, dass ich ihm mit meinen Flügeln hinterherflog. Als er sich umdrehte konnte ich noch kurz den verdutzten Gesichtsausdruck erkennen, bevor ich ihn mit dem Flügel gegen die Wand schleuderte.
Er stand auf und wischte sich etwas Blut von den Lippen. "Du lernst schneller als die anderen," sagte er lachend zu mir.

Nach zwei weiteren Kämpfen, die dann allerdings ich verloren habe, meinte er morgen wäre ich weit genug für die Prüfung. Dannach stellte ich die selben Fragen wie jeden Tag. Ob ich Pati sehen dürfte, wie es meiner Großmutter geht und ob ich ein Teil bon Germand's Privatarmee werden sollte. Aber die Antworten waren auch die selben wie immer. "Nein, sonst könnte das hier alles auffliegen. Wir überwachen deine Großmutter, ihr geht es gut. Nein, sollst du nicht."
Nur eine Frage stellte ich die ich sonst nie stellte. Ich wollte wissen woher er die Narben hat. Nach einem kurzen Zögern setzte er sich auf den Boden, lehnte sich an die Wand und deutete mir ich solle mich zu ihm setzen.

"Nachdem meine Leute und ich die ZEUS-Waffe zerstört hatten, holte uns die ESA wieder runter. Meine Leute waren Fred, Daniel und Eric. Wir sollten noch einen letzten Auftrag erledigen bevor uns die Regierung in den Ruhestand schickte. Der Auftrag war das letzte Überbleibsel vom IS zu vernichten. Das war ein Stützpunkt der mit ca. 100 Mann besetzt war. Also flogen wir mit unserer 200 Mann starken Armee nach Syrien.
In der Nacht bevor wir angriffen, haben uns die Ärsche mit einem Mörserangriff überrascht. In unsere Panik sind wir in die Berge geflohen. Zehn Männer... Wir waren nur zehn Männer die es rechtzeitig geschafft haben. Aber wir wussten nicht, dass dort Scharfschützen auf uns warteten. Fred, Daniel, Eric und ich haben es gerade so geschafft in einen alten Tempel unter den Bergen zu fliehen. Wir rannten so tief rein wie wir nur konnten, bis wir zu einer eingestürzten Brücke kamen. Hinter uns konnten wir hören, wie die IS-Soldaten kamen. Wir saßen in der Falle.
Eine Granate landete zwischen den Beinen von Eric, der zwischen Fred und Daniel stand. Ich hatte Glück, dass ich einige Meter weit entfernt stand, als Eric zerfetzt wurde. Daniel's und Fred's Beine wurden weggefetzt. Außerdem bekamen sie einige Splitter ab. Ich stand da und wusste nicht was ich tun sollte. Dann begannen sie auf mich zu schießen. Drei Kugeln bekam ich in die Schulter, als ich nach hinten kippte und die Grube runter fiel. Mit dem Kopf voran bin ich in einem Feuer gelandet.
Was danach passierte weiß ich nicht mehr, aber angeblich soll eine rießige Explusion die IS-Soldaten getötet haben. Der einzige der überlebt hat war ich, aber mein Körper war so verbrannt, dass die mich nicht identifizieren konnten. Mein Kopf war so schwer verbrannt, dass die die Haut über meinen ganzen Kopf mithilfe meiner Stammzellen neu tüchteten und quasi im 3D-Drucker ausdruckten. Das Selbe haben sie mit meinen Armen gemacht, damit ich später keine Probleme wegen abgetrennter Nervenenden und so einen Scheiß hab.
Nach 3 Monaten bin ich aus dem Koma aufgewacht. Aber ich hab denen nicht gesagt wer ich war. Erst als ich mich in die Türkei einschmuggelte erkannten mich ein paar wenige auf der Straße. Also ließ ich mir die Haare wachsen, rasierte sie mir auf der einen Kopfhälfte wieder weg und lies mich tattoowieren. Damit mich die Leute nicht so leicht erkannten.
Als dann die USE gegründet wurden, kam jemand der wusste, dass ich überlebt habe. Leonard Germand, der vor dem Krieg mein bester Freund war. Aber er hat niemand erzählt, dass ich überlebt habe... Nicht einmal meiner kleinen Schwester..."

Ich wollte ihm irgendetwas sagen, aber ich wusste nicht was. Und er stand auf und ging einfach.
Naja, das war immerhin mal eine Nacht in der ich mich nicht in den Schlaf weinte. Diesmal dachte ich nicht an Pati, an die Eltern der toten Schüler, an meine Oma oder an Tamtam... Diesmal dachte ich darüber nach wie ich auf das Erlebnis von Alex reagiert hätte. Wie ich reagiert hätte, wenn ich ins Feuer gefallen wäre.

Innere FlammeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt