Kapitel 1

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Vor 6 Jahren:

"Ich geh mit Lukas in den Wald" rief ich beim rausgehen durch das Haus. Ich war schon an der Tür als mich meine Mutter aufhielt. "Tschüss mein Schatz. Viel Spaß euch zwei. Pass auf dich auf und genieß die kleinen Dinge." Als sie das gesagt hatte, zog sie mich in eine feste Umarmungen. Ich verstand nicht, was sie mir damit sagen wollte und warum sie jetzt auf einmal so emotional wurde. Ich wollte weg, so schnell wie möglich zu Lukas. Hätte ich damals gewusst was passieren wird, wäre ich niemals gegangen.

Ich gab meiner Mutter einen Kuss auf die Wange und verließ das Haus. Schnell lief ich in den Wald, der nah bei unserem Haus lag. Dort trafen Lukas und ich uns immer und wir spielten dort. Wir hatten sogar schon ein kleines Baumhaus gebastelt.

Am Baumhaus angekommen sah ich mich um. Normalerweise war Lukas immer vor mir da, aber ich konnte ihn nirgends entdecken. Als ich schon dachte ich wäre allein, lagen zwei Hände auf meinen Augen. Ganz automatisch fing ich an zu grinsen. Ich drehte mich um und zog Lukas in eine Umarmung.

Schließlich sah er mich mit seinen braunen Augen an. "Komm, wir bauen an unserem Schloss weiter" und schon war er in unserem 'Schloss' verschwunden. Er nannte unser Baumhaus immer Schloss, da wir uns immer vorstellten, er wäre der König und ich die Königin. Das Königreich war der ganze Wald. Das Schloss wurde renoviert, weshalb wir auch weiterbauen mussten. Es wurde immer größer und größer. Innendrin lagen jedemenge Decken und Kissen, die wir von Zuhause mitgenommen hatten. Es war eigentlich recht gemütlich. Da unser Schloss kein Dach hatte, konnte man perfekt in den Himmel sehen, wenn man sich hinlegte. So oft hatten Lukas und ich hier gelegen und nachts die Sterne beobachtet.

Aber das war heute nicht Thema. Das Schloss musste verschönert werden! Während Lukas Bretter festnagelte, sammelte ich Moos und trockene Blätter, um die Wände dicht zu machen.

"Lukas, wir werden angegriffen" schrie ich und ließ die Blätter fallen, die ich gerade aufgehoben hatte. Fliegende Soldaten kamen durch unser Königreich geflogen (ohne Fantasie sind es nur Fliegen). Lukas kam zu mir her gerannt und schnappte sich im Laufen eine Hand voll Erde. Er schmiss sie auf die Soldaten, die schon anfingen zu flüchten. Auch ich warf eine Hand voll Erde, und die Soldaten flüchteten in die entgegengesetzte Richtung. "Los, haut ab und kommt nie mehr wieder!" schrie ich den Soldaten hinterher. "Und sagt dem alten König, dass er nie die Diamanten bekommen wird " fügte Lukas hinzu. Die Diamanten waren unsere Süßigkeiten, die wir hier immer lagerten.

Lukas hatte immer noch eine Hand voll Erde in der Hand, die er nun nachdenklich musterte. Dann sah er mich mit einem komischen Gesichtsausdruck an, den ich nicht entziffern konnte. Aber ich glaubte eine Spur von Schadenfreude zu entdecken. Dann fing er an wie blöd zu grinsen und holte aus. Ich konnte ihn nur noch geschockt ansehen, bevor mich auch schon ein Klumpen Erde im Gesicht traf. Wie angewurzelt stand ich da und wischte mir den Dreck aus dem Gesicht. Währenddessen bekam Lukas vor lachen fast keine Luft mehr. "Na warte" sagte ich und bewaffnete mich mit Dreck. Lukas fing an zu rennen, als er mich sah. Er wusste, dass ich schneller war als er, also flüchtete er in Richtung Bach, wo er mich irgendwie immer abhängen könnte. Ich warf ihm Dreck hinterher und traf ihn sogar am Rücken. Er stolperte und fiel in den Matsch. Zu überrascht von der Situation und bei meinem Talent, lief ich einfach weiter und fiel über Lukas. Jetzt lagen wir beide im Matsch und fingen gleichzeitig an zu lachen.

Als es anfing dunkel zu werden, machten wir uns auf den Heimweg. Wir beide waren von Oben bis Unten voll mit Matsch, aber das störte uns nicht im geringsten. An einer Gabelung verabschiedeten wir uns und ich lief in die eine und Lukas in die andere Richtung. Es war ein toller Tag gewesen. Aber eigentlich sind alle Tage, die man mit Lukas verbrachte toll. Er hatte immer so verrückte Ideen, aber es machte immer so viel Spaß diese mit ihm umzusetzen.

Von weitem sah ich blaues Licht flackern. Es kam von unserem Haus aus. Als ich näher dran war, konnte ich erkennen, dass es von einem Polizeiauto kam. Aber was wollte denn die Polizei bei uns?

Ich fing an zu rennen. Als ich bei unserem Haus war, kamen zwei Polizisten und mein Vater aus der Tür gelaufen. Mein Vater sah traurig aus. Ich verstand die Welt nicht mehr. Was war denn los?
Schnell rannte ich auf meinen Vater zu, der mich gleich in eine Umarmung zog und leise zu weinen anfing. Er hatte doch noch nie geweint. Jetzt verstand ich gar nichts mehr.
Ich drückte mich von meinem Vater weg und schaute ihn fragend an. Er sah so traurig aus. Die Polizisten waren schon weggefahren, als mein Vater endlich anfing zu reden.

"Es ist was passiert... Deine Mutter... Sie... Sie ist tot" begann er zu stammeln. "Sie hatte einen Autounfall. Ein anderes Auto ist mit ihrem zusammengeprallt. Der Fahrer des anderen Autos liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus, aber deine Mutter... Sie hats nicht geschafft, mein Schatz. Sie ist tot."
Entsetzen und Wut waren mir in die Augen geschrieben. Das konnte doch nicht sein, was redete er da? Meine Mutter konnte nicht tot sein. Sie war doch vor ein paar Stunden noch hier und hatte mich umarmt.

Inzwischen liefen mir Tränen die Wange herunter. Warum wurde alles so kompliziert? Es war doch alles beinahe perfekt und jetzt? Jetzt war alles ruiniert. Was sollte ich bloß ohne meine Mutter machen? Ich brauchte sie doch, sie war meine Mutter! Erschöpft ließ ich mich in die Arme meines Vaters fallen, der versuchte mich zu trösten, aber er war genauso traurig wie ich. Er hatte meine Mutter so geliebt. Wir beide konnten nicht ohne sie, das wusste ich. Wir brauchten sie!

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