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Tims Sicht

Stegi war einfach weg. Vielleicht hatte ich ihn zu sehr gedrängt, er brauchte immer etwas mehr Zeit, um mir von seinen Problemen erzählen zu können. Ich war dumm, einfach nur strohdoof und viel zu behindert. Wütend über mich selbst, stieß ich mich von meinem Schreibtisch ab, nahm mein Handy im Rollen vom Tisch und als ich spürte, dass mein Stuhl am Bett angekommen war, ließ ich mich einfach auf mein Bett sinken. Der Tag war viel zu anstrengend gewesen, die Uni, mein Job, ja sogar Stegi war anstrengend gewesen. Er raubte mir in letzter Zeit all meine Kräfte, er verwirrte mich und ließ mich, wie eine kleine unwichtige Bratwurst auf dem Grill oder in der Pfanne verbrennen, weil er mich vergessen hatte. Aber mein kleiner Freund hatte mich nicht vergessen, er war nur nicht der, der er mal war, er hatte sich verändert. Der Blonde war sehr verschlossen, redete mit sich selbst, sogar wenn wir im Ts saßen und uns über die verschiedensten Themen unterhielten, nuschelte er ununterbrochen, dass er so lächerlich sei. Wenn man ihn aber darauf ansprach, lachte er auf, überlegte kurz und meinte dann, frech wie er war, dass man einfach nur seine Stimme vermisst habe und sich sein Genuschel nur eingebildet hatte.

Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich etliche Nachrichten hatte. Ein paar von Rafael. Er fragte, ob wir morgen, wieder etwas aufnehmen könnten, ich sagte zu. In einer weiteren Nachricht fragte er, ob ich wusste, was mit Stegi abging. Wusste ich es? War es eine offensichtliche Sache oder hatte ich absolut keinen Schimmer, was im Kopf meines besten Freundes abging. Stress in der Uni, antwortete ich ihm, nicht ganz wahrheitsgemäß, aber es könnte stimmen, es könnte durchaus der Fall sein, dass der kleine Delfin Stress in der Uni hatte.

Ich war sicherlich auch nicht ganz unschuldig an der Sache, die Stegi betraf. Schließlich war ich sein bester Freund und wir waren, wenn wir einmal beieinander waren, wie ein und die selbe Person. Ich musste eine kleine Sache übersehen haben, ich wusste nur noch nicht genau, wie ich herausfinden konnte, was diese kleine Sache war. Ich verwarf den Gedanken, Tobi hatte mir eine Nachricht geschrieben. Er wollte sich erkundigen, wie es mir geht, er entschuldigte sich dafür, dass er kaum Zeit hatte, aber die Schule, die er wirklich langsam mal beenden sollte, ging vor. Ich verstand ihn, ich hatte die Uni auch schleifen lassen. Stegis komische Art zog mich runter. Ich schrieb ihm zurück.

Mir geht's gut, danke. Macht nichts, ich sag den anderen Bescheid, konzentriere dich auf die Schule. Ich hab zurzeit auch Stress in der Uni, aber das geht vorbei.

Ging es das wirklich? Ging der ganze Stress wirklich einmal zu Ende? Ich war mir nun wirklich nicht mehr sicher, ob es Stegi gut ging, vielleicht hatte ich ihn einfach zu sehr genervt, aber unsere Freundschaft basierte doch eigentlich darauf, dass Stegi etwas sagte und ich ihm widersprach und trotzdem irgendwo recht gab. Ich stichelte ihn an, er rastete aus, quengelte und ich blieb ruhig, wodurch er sich auch beruhigte. So war es doch, oder? So sollte es doch sein, so und nicht anders. Stegi war nicht online. Meine Mutter hatte mir auch geschrieben, sie meinte, dass ich endlich meine Küche aufräumen sollte. Sie hatte recht. Ich schrieb ihr nur ein „Ja, natürlich, Mutter" zurück und setzte mich auf. Ein Blick auf meinen Bildschirm verriet mir, dass Stegi aus dem TS gegangen war, ich seufzte. Ich durfte nicht werden wie er, nicht einfach gehen und sich dann zwei Tagen nicht melden, die Schuld auf die Uni schieben, obwohl man frei hatte. Wieder ging ich auf dem Chat mit Stegi.

Ich hab dich lieb, mein kleiner Stegobert. Tut mir leid, aber ich musste weg. Mama hat angerufen, ich soll meine Küche aufräumen.

Dann machte ich eine Sprachnachricht, der kleine hasste diese Dinger, ich ebenfalls. „Jetzt wohne ich schon alleine und Mama sagt mir immer noch was ich zu tun habe, was bin ich für ein Spasti?" Ich lachte auf. „Ich freu mich, wenn ich endlich nicht mehr alleine bin, Stegi. Dann können wir wieder kuscheln." In meiner Stimme konnte man das Grinsen hören, Stegi aufzuziehen war eins meiner größten Leidenschaften, neben Sex natürlich. Ich liebte Sex, aber das war nichts ungewöhnliches, fand ich. Jeder liebte Sex, oder? Veni liebte Sex, er hatte eine Freundin. Tobi liebte Sex ebenso, auch, wenn er es sich immer selbst besorgen musste, weil ihn keine Frau ran ließ. Über Stegi musste ich nichts sagen, jeder wusste, dass er offen mit seinem Trieb umging, obwohl ich fand, dass es gar nicht zu ihm passte, es wirkte so unecht. Der Druck in meiner Hose war nicht zu überspielen. Immer wenn ich an Jungs dachte, passierte es.

Wie sollte das nur werden, wenn ich ihn besuchen komme?

Die Nacht von Hetero auf Homo // Stexpert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt