Ana

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Es war ein perfekter Tag. Die Luft duftete förmlich nach Frühling und es war genau richtig warm.
Wir gingen gut gelaunt über den Waldweg.
Er sagte etwas und ich lachte. Kurz streiften sich unsere Hände und er lächelte. 'Fang mich doch!', rief ich plötzlich grinsend und lief los. Er folgte mir.
Es war so klischeehaft dass ich mir fast vorstellen konnte wie alles in Zeitlupe ablief und romantische Musik aufgelegt wurde.
Ich warf einen Blick nach hinten. Er war mir dicht auf den Fersen, weshalb ich noch schneller lief.
Ein großer Fehler.
Der Boden unter meinen Füßen wurde plötzlich uneben, dann verschwand er gänzlich.
Ich fiel.
Hatte keine Zeit zu schreien, da bohrte sich schon ein dumpfer Schmerz in meine Seite...

Mit rasendem Herzen schreckte ich auf. Der dumpfe Schmerz kam allerdings nicht von einem Aufprall, sondern davon, dass meine Banknachberin mir ihren Ellbogen reingerammt hatte. Entschuldigend sah sie mich an doch ich war ihr eigentlich dankbar, dass sie mich aus dem Traum geholt hatte.

"Anastasia! Hätte sie womöglich die Güte uns mit ihrer geistigen Anwesenheit zu beglücken und diese Aufgabe zu lösen?"
Verwirrt starrte ich den Lehrer an. Wahrscheinlich hatte er mich an die Tafel gerufen während ich geschlafen hatte.

"Natürlich, für sie doch immer.", versuchte ich zwinkernd die peinliche Situation zu überspielen.
Der Typ schnaubte nur durch seine gigantische Nase und deutete mit einem seiner Wurstfinger auf die Tafel.
Übrigens war irgendwie alles an ihm riesig oder wurstig.
Hätte mir jemand gesagt, er würde von Gorillas abstammen hätte ich der Person geglaubt.

Ich seufzte kurz, dann ging ich nach vorn, nahm mir ein Stück Kreide und löste mit wenigen Schritten die eigentlich gar nicht so komplizierte Gleichung.

Leicht verwundert sah der Lehrer mich an.
Er war neu hier und wusste anscheinend noch nicht wer auf welchem Level stand. Fast tat er mir Leid, schließlich hatte er wahrscheinlich nur gehofft dass ich nicht wusste was ich tun sollte und er mich bloß stellen konnte.
Tja, nicht mit mir.

Lässig setzte ich mich wieder hin und schaute ihn herausfordernd an. Er versuchte zurück zu starren, doch ich wusste dass er nicht lange durchhalten würde. Ich hatte gemerkt, dass Menschen mir nie lang in die Augen sehen konnten. Mein Blick war ihnen wohl unangenehm und bohrend.
Als er den Blick abwandt hätte ich beinahe gegrinst, holte stattdessen aber mein Handy raus.
Ich glaube er hatte es sogar gemerkt, sagte aber nichts.
Aus Langeweile ging ich ins Internet, mit der Hoffnung etwas Annehmbares zum lesen zu finden.

Auf einmal erregte ein Link zu einem Blog meine Aufmerksamkeit. Er sah aus wie alle anderen auch stach aber trotzdem heraus.
Ich klickte darauf. Anscheinend schrieb der Blogger ein Buch. Nicht besonders interessant, das taten heutzutage viele Leute, weshalb ich schon das Handy ausmachen wollte.
Doch dann fiel mir ein Name ins Auge.

Anastasia.
Mein Name.

Hätte natürlich auch Zufall sein können, trotzdem war ich jetzt neugierig geworden.
Der anonyme Autor schien jeden Tag ein kurzes Kapitel rauszubringen. Ich lese ziemlich schnell, jeden Tag neuer Lesestoff wäre nicht schlecht. Die Geschichte umfasste die ganze Seite, es gab keine anderen Infos über den Autor oder Ähnliches. Irgendwie war das merkwürdig, schließlich wollten doch eigentlich alle Blogger ein Feedback oder Lob für Ihre Geschichte bekommen.

Ich fing an zu lesen.
Nach den ersten paar Seiten wusste ich so ungefähr von was die Story handelte:
Es ging um ein Mädchen namens Anastasia, welches immer wieder in mysteriöse Unfälle verwickelt wurde. Sie weiß natürlich nicht wieso und so weiter, weshalb sie herausfinden will, was es damit auf sich hat.

Eigentlich stehe ich nicht so auf Mysterykram, aber der Schreibstyl war echt gut, weshalb ich beschloss weiterzulesen.
Seltsamerweise schienen die Hauptfigur und ich mehr als nur den Namen gemeinsam zu haben.
Sie hatte die gleichen zimtbraunen Haare wie ich und die gleichen grünen Augen, wird beschrieben.
Außerdem war sie auch 16 Jahre alt.
Sie lebte allein mit ihrem Hund, den sie abgöttisch liebt.
Ok, dass mit dem Hund und dem abgöttisch lieben passte zwar nicht ganz, aber der Rest stimmte.
Gruselig, gefiel mir aber.
Schließlich stößt man nicht jeden Tag auf eine Figur, die einem total ähnlich war.

Ich war so ins Lesen vertieft, dass ich überhaupt nicht bemerkte wie der Unterricht endete und alle nach Hause gingen. Erst der fette Mathelehrer sprach mich darauf an.
Er sah so aus als wollte er noch etwas sagen, überlegte es soch dann aber anders und ging wortlos weg.

Langsam packte ich ein und machte mich auf den Weg nach Hause. Vielleicht sollte ich langsam wirklich richtiges Katzenfutter kaufen. Die Katze wurde schon richtig fett, weil ich ihr nur Fast Food und so gab.
Allerdings wäre das vielleicht vom Vorteil, dann könnte sie nicht mehr richtig rennen und mich so auch nicht mehr kratzen... Aber wahrscheinlich war das Tierquälerei, außerdem müsste ich dann ein Skateboard oder so kaufen wo sie sich dann rauflegen und durch die Gegend paddeln kann. Würde bestimmt lustig aussehen.

Ich beschloss aber doch noch in den Supermarkt zu gehen und einzukaufen.
Die Geschichte war gerade nicht so spannend. Die Protagonistin war bloß endlich aus ihrem Haus gekrochen.

Es war ein schöner Tag, Anastasia beschloss rauszugehen und ein bisschen spazieren zugehen. Sie war noch nicht weit, da blieb sie plötzlich stehen.

Automatisch blieb ich auch stehen. Ich weiß nicht wieso, irgendwie hatte aber plötzlich ein komisches Gefühl.

In dem Moment ertönte ein schriller Schrei und ich erstarrte.
Einen Bruchteil einer Sekunde später krachte ein riesiger Blumentopf nur zwei Schritte vor mir auf den Asphalt.
Splitter flogen herum, aber ich war zu weit weg um getroffen zu werden.
Geschockt blickte ich auf den Scherbenhaufen.
Zwei einsame Geranien lugten aus dem Chaos aus Ton und Erde heraus.
Wäre ich weiter gegangen, würde ich jetzt da liegen.

Aufgeregt rief eine Frau aus dem 5. Stock etwas auf Spanisch zu mir herunter. Sie hatte wohl den Topf fallen lassen.
Ich glaube sie wollte wissen, ob ich in Ordnung sei, schließlich hätte das Ding mich killen können, aber ich war zu schockiert um zu antworten.
Wäre ich weiter gegangen...

Hastig hob ich das Handy, welches ich fallengelassen habe, auf und lief schnell weiter, bevor sich irgendwelche Schaulustigen versammelten.

Dann blieb ich stehen.
Leicht zitternd entsperrte ich den Display und suchte die Stelle an der stand, dass die Anastasia im Buch stehen blieb.

Es konnte doch nicht sein...

Ich fand die Stelle.
Ich las weiter.
Dann machte ich das Handy aus.
Das einzige, was ich noch dachte war:
Was...?

Sie war noch nicht weit, da blieb sie plötzlich stehen.
Auf einmal fiel vor ihr ein Blumentopf runter!
Fast wäre sie getroffen worden!
Wie gut dass sie stehen geblieben ist...





Das Spiel mit dem TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt