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Beide erstarrten. Mary zupfte Lexie am Ärmel. „Hast du das gehört?", hauchte sie ihrer Freundin zu. Lexie nickte langsam. „Ich glaube, es kam von dort.", flüsterte sie, und deutete nach rechts. Beide schlichen, so leise das eben ging, in Richtung des Wimmerns. Bald sahen sie einen kleinen Jungen in grob gewebter Kleidung, dem die Tränen die Wangen hinunter liefen, sich das Knie hielt und die beiden Mädchen mit großen Augen ansah, als er sie erblickte. „Hey.", sagte Lexie lächelnd und mit sanfter Stimme, während sich beide vor den ungefähr sechsjährigen Knaben hockten. „Hast du dir wehgetan? Was ist passiert?" „Ich.. ich... ich sollte Feuerholz holen gehen." Der Junge deutete auf einen kleinen Holzstapel neben ihm. „Da bin ich gestolpert und... mein... mein Knie..." Damit flossen die Tränen erneut. Mary besah sich das Knie. Es blutete, war aber wahrscheinlich nicht weiter schlimm. „Sollen wir dich nach Hause bringen?" Der Junge zieht zwar misstrauisch die Stirn zusammen, nickt dann jedoch.

Mary steht auf. „Sollen wir dich tragen, oder schaffst du es, zu laufen?" „Könntet... also... tragen?" Der Junge starrte verlegen auf den Boden. Mary lachte leise. „Natürlich." Sie hob den Jungen hoch und setzte ihn sich auf die Hüfte. „Kannst du das Feuerholz nehmen?", fragte Mary ihre Freundin, die zustimmte und den Holzhaufen vorsichtig auf ihre Arme lud und am Anfang Mühe hatte, die Balance zu halten. „Na dann. Wo wohnst du denn?", fragte Mary den kleinen Jungen, während sie einfach drauflos ging und den Weg, von dem sie gekommen waren, wiederzufinden versuchte. „Ich wohne im Dorf. Mein Vater ist der Bäcker im Dorf." „Ich weiß wo der ist!", schnaufte Lexie, die sich fragte, wie ein Fünfjähriger es geschafft hatte, diesen Holzstapel zu tragen. Sie gingen eine Weile stumm vor sich hin, bis der kleine Junge das Wort ergriff. „Wieso seid ihr hier? Wo kommt ihr her?" Lexie warf Mary einen nervösen Blick zu. Mary ihrerseits hatte schon eine Idee. „Wir kommen aus einem Dorf aus dem Süden. Unser Dorf wurde überfallen und wir wissen nicht, wo unsere Eltern sind. Wir suchen nach Arbeit und einer Bleibe für einige Nächte." Der Junge blickte sie mit wachen Augen an. „Das tut mir Leid. Ich kann Vater und Mutter fragen, ob ihr bei uns wohnen und mithelfen dürft." Auf den Gesichtern der Mädchen breitete sich ein Lächeln aus. „Das wäre sehr nett von dir."

Bald schon hatten sie das Dorf erreicht, und damit auch die Bäckerei, die relativ zentral lag. Mary klopfte an die grob gezimmerte Holztür. Beinahe sofort riss eine Frau um die dreißig die Tür auf, und als sie ihren Sohn auf der Hüfte des Mädchens sitzen sah, brach sie erleichtert in Tränen aus. „Hansi! Mein kleiner Hansi! Da bist du ja!" Sie streckte ihre Arme nach ihrem Sohn aus und übernahm ihn. Erst da bemerkte sie Lexie, die halb hinter Mary mit dem Holz stand. „Bertram! Komm, Hansi ist wieder da!!!" Ein etwas dicklicher, freundlich aussehender Mann erschien in der Tür. „Hansi! Wo ist denn das Holz? Wo warst du denn?" „Ich habe mir im Wald wehgetan, Vater, und dann haben die beiden Mädchen dort mich gefunden und mich und das Holz hergebracht.", erzählte Hansi, und umarmte seinen Vater. „Vati, können die beiden für ein paar Tage bei uns wohnen und arbeiten? Ihr Dorf im Süden wurde überfallen und sie haben keine Bleibe." Bittend und mit großen Augen flehte der kleine Junge seinen Vater an, der einen Blick mit seiner Frau tauschte, die mit den Schultern zuckte und nickte. „Na schön.", seufzte der Vater. „Einer von euch kann mir beim Verkauf helfen, die andere beim Backen. Eine Woche, ja?" Mary und Lexie nickten erleichtert. Sie hatten beide zwar keine Ahnung vom Verkaufen, geschweige denn vom Backen, aber das würden sie lernen müssen. Was zählte, war, dass sie nun endlich eine Bleibe hatten.

Das ist das vorletzte Kapitel ://// Ich merke grade, wie sehr ich Lexie und Mary vermissen werde... :(

Rebel Love (girl x girl) #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt