Davis hatte Recht. Er ist egoistisch. Er will mich nur an seiner Seite haben, weil ich ihn nicht nerven kann. Ich frage mich, warum er nicht einfach alleine in seinem Zimmer bleibt, wenn er seine Ruhe haben will? Warum braucht er mich dazu? Diese Frage stelle ich ihm jedoch nicht, denn im Endeffekt habe ich kein Problem mit seinem Egoismus. Jeder Mensch hat einen gewissen Teil Egoismus in sich, sonst gäbe es nicht so viele Geheimnisse. Ja, selbst ich bin egoistisch.Davis hat mir niemanden im Haus vorgestellt. Er geht mit mir gleich in sein Zimmer. Ich kann das Geschreie von zwei Jungs hören und merke wie er genervt die Augen darüber verdreht. Das sind dann wohl seine Brüder, die der Nanny auf die Nerven gehen.
Während Davis sich auf sein Bett wirft, sehe ich mir sein Zimmer genauer an. Es ist ein schönes, großes Zimmer. Gegenüber von seinem Bett ist ein Fernseher. Diesen schaltet Davis auch gleich ein. Werden wir jetzt fernsehen? Das kann ich zuhause auch. Ich mach es zwar nicht aber die Möglichkeit dazu hätte ich.
"Um diese Uhrzeit läuft nie etwas Gescheites", murmelt er vor sich hin, während er durch die Kanäle schaltet. Ich gehe durch Zimmer und sehr mir alles genauer an. Nicht weil es mich interessiert, sondern weil mir langweilig ist. Ich weiß nicht, was ich von dem heutigen Tag erwarten kann. Wieso bin ich überhaupt hier?
"Ach ja...", sagt Davis plötzlich. Kurz darauf springt er wieder von seinem Bett auf und tippt mir auf die Schulter. Ich drehe mich zu ihm um und er fragt mich, ob ich denn nicht Hunger habe. Ich schüttele den Kopf und das stimmt auch. Wobei ich trotzdem etwas essen kann. Ich bin die Art Mädchen, die bestimmt von allen gehasst wird, was das Essen angeht. Denn ich kann so viel essen, wie ich will und nehme einfach nicht zu. Die einen nennen es Fluch, die meisten jedoch nennen es Segen.
"Also ich könnte eine Pizza vertragen. Ich bestell uns beiden eine", meint Davis, ignoriert meine Antwort dabei völlig und schnappt sich gleich sein Handy. Ich bin ihm auf den Fersen und tippe ihm auf die Schulter, so wie er es bei mir getan hat. Als er sich zu mir umdreht, schüttele ich wieder den Kopf, um ihm klar zu machen, dass ich nichts will. Ich will nicht, dass er für mich Geld ausgibt. So enge Freunde sind wir nun auch wieder nicht.
"Du willst nicht nur eine? Ich kann dir auch zwei bestellen." Davis grinst mich amüsiert an. Ich schüttele den Kopf und schlage mir gegen die Stirn. So war das doch nicht gemeint, du Idiot. "Was, du willst drei Pizzen? Bist du ein Mädchen oder mein Onkel Joey?!"
Jetzt macht er sich nur noch lustig. Ich verdrehe die Augen und werfe die Arme dramatisch in die Luft, bevor ich mich umdrehe und weiter sein Bücherregal betrachte. Sein Grinsen entgeht mir jedoch nicht. Um ehrlich zu sein muss ich auch ein Stück lächeln. Es kommt nicht oft vor, dass man meine Reaktionen verdreht, nur weil ich nicht antworten kann. Viele wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen. Davis macht sich darüber lustig, als würde er sich über einen alten Kumpel lustig machen und das gefällt mir.
Ich höre Davis am Telefon zwei Pizzen bestellen. Danach gibt er der Küchenhilfe - die Rita heißt - Bescheid, dass er Pizza bestellt hat und nicht mitessen wird. Als er wieder in sein Zimmer kommt, sitze ich auf seinem Bett und weiß nichts mit mir anzufangen. Ich sehe ihn einfach nur an. Wirklich, warum hat er mich zu sich nach Hause eingeladen? Als er mich auf dem Bett sitzen sieht, fängt er plötzlich an zu lachen.
"Sorry", sagt er und kommt auf mich zu. "Aber du siehst gerade so übertrieben brav aus."
Ich sehe an mir runter und kann nicht sehen, worin er das erkennt. Ich sehe doch ganz normal aus. Verwirrt blicke ich ihm wieder ins Gesicht. Der Junge ist komisch. Doch damit will ich mich jetzt nicht beschäftigen. Mir ist langweilig. Wäre ich zuhause, könnte ich mein Buch weiterlesen oder weiter zeichnen. Einen Freund zu haben, ist anspruchsvoller als ich dachte und dabei muss ich nicht einmal etwas machen. Ich stehe auf und gehe wieder an den Regal, in dem ich seine ganzen XBOX Spiele gesehen habe. Ich sehe sie mir durch und nehme dann eines davon raus. Diesen halte ich dann Davis hin.

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Stumme Gedanken {Leseprobe}
Roman pour Adolescents______________________ Elisha kann weder sprechen noch hören. Naja, eigentlich kann sie es. Aber sie tut es nun mal nicht. Deswegen denken alle, dass sie taubstumm ist. Und weil sie taubstumm ist, kann man ihr die tiefsten Geheimnisse erzählen, de...