Der andere Tod

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Kleine Schritte. Kleine, leise Schritte erfüllten den leeren und dunklen Raum. Allein das matte Licht des Mondes spendierte diesem Raum Licht. Je näher er dem Licht entgegen kam, desto mehr und mehr zeichnete sich eine Silhouette von ihm ab. Jetzt stand er vor dem Fenster, so dass man sein Gesicht erkennen konnte: Eine abgrundtief hässliche Fratze kam zum Vorschein. Beinahe wirkte sie wie das Gesicht eines Clowns, dessen Schminke zu einem schiefen, blutigen Lächeln verlaufen war. Zusätzlich zeichneten ihn die frischen Narben, die sich quer über sein Antlitz zogen. Die Art wie die Narben ihm zugefügt wurden war nicht die sauberste gewesen. Immer noch schimmerte das rubinrote Blut auf seinem Gesicht und lief ihm langsam, Tropfen für Tropfen über sein Gesicht - sie waren nicht vollständig geheilt.

Er starrte aus dem Fenster. Auf der Straße erblickte er eine junge Frau, welches im gelben künstlichem Licht der Laterne stand und sich nervös umschaute. Voller Freude über diese Gelegenheit, die sich ihm bot zog er sich seine schwarze Kapuze über seine trockenen und spröden Haare. Es war fast so als habe er sie nie gewaschen oder gar gepflegt, so verfault und kaputt waren sie.

Der Rest seines schwarzen Umhangs umhüllte auch seine fahle, blasse und ausgetrocknete Haut. Überall waren Falten zu sehen. Insgesamt war sein Körper sehr dürr. Man konnte seine Knochen sehen und seine Rippen, die sich auf seiner Brust abzeichneten. Er war der Tod höchst persönlich. Gleichzeitig jedoch war er nicht der, den wir kennen: Er war anders. Er holte sich liebend gerne unschuldige Frauen. Warum? Weil ihre Angst ihr schlagendes Herz am Leckersten war! Und erst das Blut, das sich zähflüssig in seinem Mund verteilen würde... Sofort lief ihm das Wasser im Mund zusammen, während er an seinen Triumph dachte.

Nun öffnete er die alte, klapprige Zimmertür, die bei jeder noch so vorsichtigen und leisen Bewegung zu quietschen anfing. Oberste Vorsicht war geboten. Er wollte keines Falls den Mann der toten Frau wecken, der nach einem Streit im Wohnzimmer schlief. Ein sanftes Lächeln zog sich über die eingerissenen Mundwinkel des Todes, als er sich an diesem Anblick ergötze. Frauen konnten so ruhig und friedlich sein, wenn man ihre qualvollen Schreie mit einpaar schnellen Handgriffen verstummen ließ!

Mit jedem Schritt, die er in die Richtung der immer noch draußen stehenden Frau tat, setzte er seine Kapuze ab und gab mehr von sich preis: Anstelle von Augen blickte man in tiefe, schwarze Löcher, die einem die Seele rauben konnten. Seine knochigen, halb zersplitterten Finger richteten sich langsam auf sie. Als sich die Frau nun zu ihm umdrehte und vor Schreck aufschrie, grinste er so breit und legte gleichzeitig seinen Kopf schief. Er entblößte seine gelb-braunen Zähne und sein verfaultes, schwarzes Zahnfleisch. Panisch schrie sie noch lauter und rannte vor ihm weg, doch der Tod war schneller. An ihm kam keiner vorbei!

Er rannte ihr hinterher, packte sie und rammte eine Hand in ihren Rücken hinein. Ein Schrei entfuhr ihrer Kehle, jedoch war er nur von kurzer Dauer. Dumpf fiel ihr Köper zu Boden. Das Loch in ihrem Rücken zeigte die Stelle, wo einmal ihr Herz gewesen war. Warmes, dickflüssiges Blut verteilte sich über den Bürgersteig hinweg und tropfte leise über die Kante auf den Asphalt.

Freudig hielt er dieses schnell schlagende Herz in der Hand und zerquetschte es. Mehr von diesem Blut verteilte sich auf die junge Frau und lief ihm zähflüssig seinen Arm hinunter, was er mit seiner kalten Zunge aufleckte. Dann machte er sich an dem Herz zu schaffen. Am liebsten genoss er es tot und nicht lebendig.

Auf dem Rückweg suchte er sich sein nächstes Opfer. Dort hinter den Bäumen schien sich etwas zu bewegen...

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