Teil 2

519 46 19
                                    

Vorab möchte ich ein-zwei Dinge klären;
Diese Geschichte ist nur eine längere Kurzgeschichte, die noch 2 weitere Teile hat. Abgesehen davon habe ich sie vor ca. einem Jahr geschrieben, also sie ist vor langer Zeit enstanden und fertig geschrieben, das ist der Grund, wieso ich jetzt diese Geschichte veröffentliche und nicht Zum Scheitern verurteilt, ich brauche einfach noch etwas, um zum Schreiben zurückzufinden. Doch hoffe, dass ich Zum Scheitern verurteilt ab September wieder veröffentlichen kann. Ich habe sie nicht gelöscht, lediglich zurückgezogen.
Der letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist;
Diese Geschichte habe ich damals einfach so geschrieben und sie zählt in meinen Augen zu einer meiner schwächsten Werke, also erwartet nicht all zu viel von ihr. Es ist nunmal kein Die Hürden meines Lebens, Gebrandmarkt, HassLiebe oder Betrogen. Sie ist damals aus Jux und Laune enstanden und ich teile sie nur mit euch, um wieder in das Schreiben zurückzufinden. Sieht es als eine Art Entschuldigung, weil ich Zum Scheitern verurteilt abbrechen musste, erstmals.
Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen meine lieben Zuckermenschen! ❤

"Gehst du zu ihr?", fragte ich meinen Bruder verschmitzt. "Ja", sagte er außer sich vor Freude. "Ich werde heute ihren Bruder kennenlernen. Seh ich gut aus?"
"Du willst ihren Bruder kennenlernen? Der Junge, der sie grünblau geschlagen hat, weil sie einen Freund hat? Ist nicht dein Ernst, Abi! Glaubst du wirklich, dass der Typ sich geändert hat?" Während ich mit ihm sprach, richtete ich seine Krawatte. "Canım mach dir keine Sorgen, das geht in Ordnung, glaub mir." Er wollte gehen, doch ich hielt ihn auf. "Ich habe ein ungutes Gefühl. Geh nicht. Bitte." "Macht sich meine kleine Prinzessin etwa Sorgen um mich? Mach dir keine Sorgen, es wird gut gehen, versprochen. Nachdem ich das geklärt habe, werde ich dafür sorgen, dass Ercan und du, euch endlich verloben könnt." Mein Bruder gab mir einen Kuss auf die Stirn und verschwand. Das ungute Gefühl hatte mich nicht verlassen, doch ich wusste, dass ich Mete nicht davon abhalten konnte. Etwas Gutes hatte die Sache ja schon, denn wenn Mete endlich verlobt war, dann konnte ich mich auch verloben. Nach meinen Eltern mussten wir die Reihenfolge beachten. Was würden sonst die Leute nur über uns denken? Die Liebe meines Bruders war so rein, dass ich sie bewunderte. Er scheute sich sogar davor ihre Hand zu halten, weil sowas nicht angebracht war. Sie waren das schönste Paar, welches ich kannte. Melek war, wie ihr Name schon sagte, ein Engel auf Erden. Sowohl Rüzgar, als auch ich waren begeistert von ihr. Ich fragte mich, ob es wohl einen Menschen gab, der es nicht war.

Gegen 23 Uhr bekam ich eine Sms von Ercan. >Hayalim, dışarıya çık. Seni almaya geliyorum. (Hayalim, komm runter. Ich komme dich abholen.)< Mein ungutes Gefühl verstärkte sich, er verlangte von mir sonst nie, dass ich so spät rausging. War etwas geschehen?
"Ercan noldu? (Ercan was ist passiert?)", fragte ich ihn, als ich in seinem Wagen saß. "Nichts wichtiges. Habe dich nur vermisst." Er sah mir nicht in die Augen, da er log. Es war etwas geschehen, die Frage war nur was?

"Was machen wir hier?", fragte ich ihn, als er vor dem Polizeirevier anhielt.
"Muss kurz mit Serkan etwas klären. Komm, steig aus." Er hielt meine Hand so fest, dass es wehtat. Doch ich schwieg, denn ich konnte meine Gedanken nicht sortieren. "Hey Hayal", grüßte mich Serkan, ich umarmte ihn nur. "Setzt euch, wollt ihr was trinken?" "Ich will nur wissen, was hier gespielt wird!", forderte ich die Jungs auf. "Mete hatte einen Unfall", fing Ercan an. Meine Augen weiteten sich. Er kam direkt zu mir, stellte sich hinter mich, so als ob er sagen würde; 'Ich bin bei dir, du kannst dich fallen lassen, ich werde dich halten'.
"Ist er..." Meine Stimme war brüchig. "Ich glaube, sein Auto wurde sabotiert. Die Bremsen wurden durchgeschnitten. Er bog zu schnell in die Kurve, konnte nicht halten und kam ins Schleudern." "Lebt er noch?" Ich versuchte klarer zu denken. Wieso antwortete Serkan nicht auf meine Frage? "Melek war auch im Auto." "Ist er gestorben Serkan?!", rief ich hysterisch. "Es tut mir leid. Ich hätte gewollt, dass es anders kommt. Sie haben es beide nicht geschafft. Es war unmöglich, niemand hätte es geschafft." Ich wusste nicht mehr, wo vorne und hinten war. Erst nach dem mein Gehirn das Gesagte verarbeiten konnte, fing ich an zu weinen. Ich schluchzte, schrie und verfluchte die Welt. Er war gestorben, mein Bruder war gestorben.
"Ich hatte es ihm gesagt. Ich hatte es ihm gesagt", wiederholte ich immer wieder. Ercan nahm mich auf die Arme und führte mich raus. Ich nahm nichts um mich herum wahr. Erst gegen morgen hatte ich aufgehört zu weinen. Ich lag in Ercans Bett, er saß neben mir und strich mir immer wieder durch die Haare.
"Ich hatte es ihm gesagt. Er hätte nicht gehen sollen. Er hat nicht auf mich gehört. Er ist jetzt weg. Einfach weg Ercan. Ich werde ihn nie wieder sehen. Er wird mich nie wieder beschützen. Sie haben sie umgebracht. Wer ist als nächstes dran? Rüzgar oder doch ich?" "Sie werden euch nichts mehr antun können, ich verspreche es dir." Ich stand auf, um ins Bad zu gehen und sah Serkan auf dem Sofa schlafen. Meine Mundwinkel zuckten leicht nach Oben. Ich war ein Teil dieser Familie und sie taten echt alles für mich, so wie Mete Abi und Rüzgar. Während ich mein Gesicht wusch, versuchte ich zu mir zu kommen. Rüzgar brauchte mich, also musste ich nach Hause.
"Waren sie schon bei uns?", fragte ich Ercan. "Noch nicht, Serkan hat alles hinausgezögert. Aber sie müssten bald kommen." "Kannst du mich nach Hause fahren?" "Bist du dir sicher, dass du dahin willst?" "Rüzgar braucht mich." Er nickte verständnisvoll.

"Abla, wo warst du? Abi ist auch noch nicht da. Wieso lässt ihr mich ganz alleine?" Ich wollte ihm alles erklären, doch es klingelte. Ich ging zur Tür und öffnete diese. Es standen zwei Polizisten an der Tür und schilderten mir die Lage, ich sollte mitkommen, um die Leiche zu identifizieren. Rüzgar gab ich Bescheid, damit er mitkam.
"Abla, wohin fahren wir? Und wieso mit der Polizei?" "Wirst du gleich sehen Ablacım." Vor dem Krankenhaus wartete Ercan im Auto, ich machte ihm ein Zeichen, damit er drin blieb. Rüzgar wurde immer unruhiger. Sie führten uns in die Pathologie. "Können sie uns bitte kurz alleine lassen?", bat ich die Polizisten. Als diese weg waren, fragte mich Rüzgar erneut, was wir hier taten.
"Canım gestern kam es zu einem Unfall... Mete Abi ist da von uns gegangen." Er fing an zu lachen. "Hör auf mich zu verarschen." "Wenn ich dich verarschen würde, wären wir dann hier?" Er erstarrte, schüttelte seinen Kopf und die Tränen fingen an sich ihren Weg durch sein Gesicht zu bahnen.

Der Arzt deckte das Leichentuch bis zu Metes Brust auf. Ich brach erneut in Tränen aus, Rüzgar schrie. Er schrie sich seinen Schmerz von der Seele. Ich sah meinen Bruder das letzte Mal an. Ein ganz leichtes Lächeln war sichtbar. Er hatte bestimmt Schmerzen gehabt, doch er war glücklich. Es war ein Trost, ein kleiner, aber er genügte. Als wir rausgingen, fragten mich die Polizisten, ob dies mein Bruder sei, ich bejahte es. Rüzgar war nicht ansprechbar, er war total außer sich. "Sollen wir einen Arzt rufen?", fragten mich die Polizisten auf ihn deutend. "Nein, man soll ihn nicht betäuben. Es ist besser, wenn er seinen Schmerz spürt, ihn zu verdrängen wird die Sache schlimmer machen." Auch ich weinte, aber schluchzte nicht mehr, so wie die ganze Nacht über. Eine Familie betrat den Gang, unter ihnen erkannte ich Meleks Bruder. Ich konnte mich nicht beherrschen. "Du hast sie umgebracht! Du bist Schuld! Ich werde dich umbringen, du wirst leiden, so wie du sie leiden lassen hast!" Als Rüzgar die Sache mitbekam, lief er auf ihn zu und gab ihm eine Kopfnuss. Er wandelte seinen Schmerz in Wut um. Die Polizisten trennten Rüzgar schleunigst von ihm, in dem Moment kam Serkan. "Ich kläre das", sprach er zu seinen Kollegen.
Er führte uns raus zu Ercans Auto, wir stiegen ein und fuhren los. Erneut boten uns die zwei Geschwister obdach. Rüzgar hatte sich immer noch nicht im Griff, er schrie und weinte. Er zerriss mir das Herz ihn so zu sehen. Ercan, der das bemerkt hatte, zog ihn in sein Zimmer.
"Serkan, wird er in den Knast kommen?" "Nein. Es tut mir leid Hayal, doch wir haben einfach keine Beweise, dass er es war." "Ich hatte es geahnt." "Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ihr steht ab jetzt unter unserem Schutz." Lächelnd dankte ich ihm.
Nach einer Weile, kamen Ercan und Rüzgar aus dem Zimmer. Er hatte sich beruhigt, ich war den zwei Geschwistern dankbar für alles, was sie für uns taten.

"Wir sollten nach Hause, Anne und Baba brauchen uns bestimmt." "Ihr solltet hier bleiben", forderte uns Serkan auf. "Rüzgar, es juckt sie nicht ob wir leben oder sterben. Höchstwahrscheinlich sind sie sogar froh darüber, dass Mete..." "Abla das sind unsere Eltern! Natürlich sind sie traurig." "Wach auf Rüzgar, wir sind keine normale Familie. Sie hassen uns." An Serkans und Ercans Blicken wusste ich, dass das die Wahrheit war. "Sie haben nicht geweint oder?", fragte er Serkan, dieser schüttelte seinen Kopf. Die nächsten Tage blieben wir hier. Nach Hause wollten wir nicht. Ein Haus ohne Mete machte keinen Sinn. Wir hatten unsere Eltern nur auf der Beerdigung gesehen. Sie weinten Krokosilstränen.
Ich bekam einen Anruf von meinem Vater. "Wir bekommen Besuch, kommt sofort nach Hause." Mehr hatte er nicht zu sagen und wir gehorchten.

"Uyu hadi. (Auf, schlaf jetzt.)" "Es tut mir leid Abla. Ich hätte das, was danach passieren wird, verhindern müssen." "Sag sowas nicht. Niemand kann das verhindern, es ist Schicksal. Leg dich schlafen." Ich legte mich auf die Matratze, während Rüzgar auf Metes Bett einschlief. Ich konnte nicht schlafen, meine Gedanken kreisten um meine Erzählung. Damals dachte ich, wir hätten das Schlimmste hinter uns, doch ich hatte mich geirrt.

Zuhause lief alles auf Hochturen. "Geh dich anziehen", befahl mir meine Mutter. "Schau, dass du gut aussiehst, der Besuch ist wichtig." Meine Eltern hatten eindeutig den Verstand verloren. Mein Bruder war erst vor drei Tagen gestorben, da war es doch scheißegal, wie ich aussah. Ich zog ein schwarzes schlichtes Kleid an, welches mir über die Knie ging. Meine Augen schminkte ich. Viel mehr überschminkte ich meinen Schmerz.
>Was wollen deine Eltern?<, stand in der SMS, die ich von Ercan bekommen hatte. >So genau weiß ich das auch nicht. Wir bekommen Besuch, wenn sie weg sind, schreibe ich dir Canım.<

Es klingelte, Meleks Familie stand vor der Tür mit Blumen und Pralinen in der Hand. Wollten sie sich etwa bei uns entschuldigen? Das war doch lächerlich, die Sache war nicht zu entschuldigen!
Sie plauderten, als ob nichts wäre, während ich Rüzgar nur schwer zurückhielt.

Hayalimdin. Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt