Ich

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 Ich wachte auf der anderen Seite auf. Doch wo und was war das. Was war Ich überhaupt. Es gab nur das Hier und das Jetzt. Keine Vergangenheit. Kein Früher. Keine Erinnerungen.

Ich wusste nur: Es war schön. Was auch immer dieses Es war. Es war bezaubernd. Es gab Geräusche, Gerüche, Farben. Ich kannte in diesem Moment nichts Anderes und doch schien es der perfekte Ort für mich zu sein. Langsam sah ich mich um, tat aber nichts. Bedacht darauf, nichts zu zerstören, nichts zu verändern. So stand ich einige Zeit da, bis ich schließlich etwas spürte, es sollte eines meiner ersten Gefühle sein: Schmerz. Instinktiv wusste ich, was ich zu tun hatte, um diese unangenehme Empfindung loszuwerden – ich setzte mich auf den Boden, der Schmerz verschwand und ich war unfähig zu verstehen. Es war die erste Frage, die ich mir gestellt hatte. Meine Handlung hatte eine Wirkung erzielt und ich wollte wissen wieso. All das war in wenigen Minuten geschehen, doch fühlte es sich an wie ein Augenblick, oder wie die Ewigkeit. Es gab keine Zeit.

Wenn das Leben eine Reise darstellt, die mit dem Tod endet und alles, was ein Mensch gelernt oder erlebt hat den Weg symbolisiert, dann sollte es eigentlich einleuchtend sein, dass man den Weg noch nicht beschritten haben kann, wenn man noch am Anfang steht. Darum war es im Nachhinein betrachtet vielleicht dumm von mir anzunehmen, dass man nach dem Ende noch immer der Selbe ist.

Und hätte ich keinen Führer gehabt, wäre ich womöglich auf meinem Weg verloren gegangen, denn ich war nicht bereit.

Kurz darauf tauchte etwas Neues auf. Doch es war anders als alles Andere um mich herum. Es war mir ähnlich.

Der einzige Unterschied war, dass es viel kleiner war...und nicht auf dem Boden stand, es flog – oder schwebte. Ich wartete, bis es mich erreicht hatte.

Selbst wenn ich jetzt daran zurückdenke, kann ich nicht erklären, wie genau es geschehen ist, geschweige denn es verstehen. Ich weiß nur, dass ich Dinge plötzlich bezeichnen konnte, denn

Das Wesen sprach zu mir. Es war, als hätte es mich mit wenigen Worten eine ganze Sprache gelehrt, denn ich konnte es verstehen. Und nicht nur das, es war als hätte es mir mit einem Fingerschnippen ein gewisses Grundwissen gegeben, was eigentlich keinen Sinn ergab, ja nicht einmal möglich sein sollte. Zum Beispiel wusste ich nun, dass wir uns in einem Wald befanden, genauer gesagt auf einer Lichtung. Rings um uns ragten riesige alte Bäume auf. Auf den ersten Blick schien alles die Farbe grün zu haben, doch als ich genauer hinsah erkannte ich viele verschiedene Töne, die sich in den winzigen Wassertropfen, die an den Pflanzen hingen, trafen.

Doch auch wenn ich das alles faszinierend fand, wendete ich meine Aufmerksamkeit wieder der kleinen Gestalt vor mir zu. >>Hallo.<< Es lächelte mich freundlich an. Auch ich lächelte, >>Wer bist du?<<

>>Ich bin deine Führerin.<<

>>Meine Führerin wohin?<<

>>Wo immer du hinwillst.<<

>>Das verstehe ich nicht.<<

>>Keine Sorge, du wirst verstehen, schon bald.<<

>>Aber wie? <<

>>Hab Geduld. Du wirst lernen.<<

Ich nickte. Auch wenn ich die Bedeutung der Worte kannte, die das Wesen gesprochen hatte, wusste ich dennoch nicht, was es sagen wollte – das verwirrte mich. Ich entschied mich seinem Rat zu folgen. >>Wie ist dein Name?<<, fragte ich stattdessen. >>Ich bin Siltah.<<, antwortete sie mir. Jetzt erst wurde mir klar, dass sie mir dieses Wissen nicht zuvor gegeben hatte, ich hatte schon jetzt gelernt. Siltah schien meine Gedanken gelesen zu haben, denn sie schien aufrichtig erfreut zu sein. Ihr Mund verzog sich erneut zu einem süßen lächeln und um sie herum begann es hell aufzuleuchten, doch obwohl meine Führerin vor allem niedlich aussah, konnte ich spüren, dass man ihr Respekt entgegen bringen sollte, denn wenn man genau hinsah, konnte man eine seltsame Weisheit in ihren neckisch funkelnden schwarzen Augen erkennen. >>Nun, du verstehst schneller, als du dachtest.<<, bemerkte sie.  

Nur der Anfang einer ReiseWhere stories live. Discover now