Kapitel 1

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,,Nenn mich Dylan."

Dieser Satz wurde jeden Tag ein paar Mal gesagt.

Ich mochte es nicht, wenn man mich Mr. O'Brien nannte.

,,Guten Tag Mr- Ich meine, Dylan." Die Frau lächelte mich an und ich machte dasselbe. Das musste ich nämlich immer in meinem Beruf.

Lächeln.

Die Patienten sind hier, weil es ihnen nicht gut geht und ich sollte ihnen nicht die Laune noch mehr vermiesen mit einer mürrischen Art.

,,Ms. Carter, Sie werden heute entlassen, sehe ich hier auf dem Blatt." Die blonde Frau nickte und ich seufzte. ,,Jetzt muss ich das Krankenhausleben ohne Sie überleben." Ms. Carter lachte und nickte. ,,Da hast du leider Pech gehabt, vielleicht aber kommt bald wieder eine nette junge Frau."

Ich schüttelte den Kopf. ,,Sicher nicht so sympathisch wie Sie." Sie wurde verlegen und strich sich eine Strähne hinters Ohr. ,,Schleimer." Ich legte die Blätter auf dem Tisch und sah sie an. ,,Na gut, dann würde ich sagen, ab zum Empfang und auf Wiedersehen." Sie sah mich traurig an und ich lächelte. ,,Wieso sehen Sie traurig aus?"

Sie hatte sich wohl aber nicht dazu überwunden es mir zu sagen und schüttelte den Kopf.

,,Nichts. Nichts. Ich bin froh, dass ich endlich wieder nach Hause kann."

Damit war diese Akte nun auch geschlossen.

Ich holte mir meinen Kaffe, denn ich jeden Morgen brauchte und dann traf ich auch schon auf Katrin.

Sie war auch Krankenschwester, aber sie arbeitete schon viel länger in diesem Krankenhaus. Ich arbeitete hier erst seit einer Woche.

,,Guten Morgen Dylan", begrüsste sie mich und ich lächelte sie an.

Katrin hatte ihre blonden Haare zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Man sah ihr an, dass sie müde war, denn sie hatte dicke Augenringe.

,,Katrin, was hat dich denn die ganze Nacht nicht schlafen lassen?", fragte ich lächelnd und Katrin lachte. ,,Wieso weisst du das? Weil ich nicht gut aussehe heute oder was?" Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf. ,,Nein, das kann man so nicht sagen."

Sie nahm sich ebenfalls einen Kaffe und sah mich an.

,,Ich habe mich über dich informiert. Du warst ein guter Krankenpfleger in Orlando, was suchst du also hier in Columbus? Ich meine, nicht dass ich dich nicht ausstehen könnte, aber man sagt, dass sie dich nicht hergeben wollten. Man sagt nur Gutes über dich.  Wieso bist du gegangen?"

Jeder wollte den Grund wissen, wieso ich Orlando verliess, um hier in Columbus zu arbeiten. Ich wollte es aber niemanden sagen.

Das war mein Geheimnis und Geheimnisse sprach man normalerweise nicht aus.

,,Du sagst mir nicht, wieso du nicht gut geschlafen hast und ich sage dir nicht, wieso ich hier bin. Ist doch nur fair, nicht?" Katrin seufzte. ,,Ich möchte es aber gerne wissen."

,,Entschuldige mich, ich habe heute einen Jungen, den ich untersuchen sollte, damit der Assistenzarzt die Werte prüfen kann." Katrin verdrehte genervt die Augen.

,,Sag doch einfach, dass du es mir nicht sagen möchtest." Ich lächelte. ,,Dann weisst du bescheid." 

Ich machte mich auf dem Weg und Katrin folgte mir.

,,Wie heisst dein Patient?", fragte sie und ich sah auf mein Blatt. ,,Timothy Monroe."

Katrins Augen weiteten sich und ich fragte mich, was sie sich jetzt durch den Kopf gehen liess.

,,Wieso bist du jetzt so geschockt?", fragte ich und drückte auf die Nummer 5. Die Türen schlossen sich und sie antwortete: ,,Timothy ist der schlimmste Patient, den wir bis jetzt hatten. Besser gesagt, den ich hatte. Er ist sechzehn und war schon fünf Mal hier im Krankenhaus." Ich lachte. ,,Nur weil er oft hier war, muss er nicht schlimm sein."

Katrin seufzte. ,,Er lässt sich nicht helfen. Ausserdem ist er sehr frech und er nutzt Krankenpfleger nur aus. Er wird dich auslachen, weil du diesen Beruf machst. Er hat keine Manieren und ihm ist alles egal. Glaub mir, du wirst das Krankenhaus darum bitten, dir einen neuen Patient aufzutragen." Ich legte meine Hand auf Katrins Schulter. ,,Du wunderst dich vielleicht, aber Timothy ist nicht mein einziger Patient auf meiner Liste für heute. Du musst keine Angst haben, denn ich schaffe das. Ich bin schon ein grosser Junge."

Katrin zuckte die Schultern. ,,Du musst dich nicht wundern, wenn er so ist, wie ich es gesagt habe. Ich habe dich gewarnt."

,,Dafür danke ich dir auch. Bis am Mittag." Ich ging aus dem Lift und Katrin drückte ihre gewünschte Etage und die Türen schlossen sich.

Gut gelaunt machte ich mich auf dem Weg zu meinen Patienten. Ich nahm eine Schluck aus dem Becher und kam beim Zimmer an.

,,Mr. O'Brien, Sie wollen doch nicht wirklich mit ihrem Kaffe hier reingehen." Ich sah hinter mir und sah einen Arzt.

,,Mr. Jonas, da haben Sie recht, wenn das hier nicht erlaubt ist, dann werde ich mich anpassen."

Mr. Jonas mochte mich nicht und das würde sich auch nicht ändern. Jeden Morgen trank ich meinen Kaffe, auch wenn es die Patienten sahen. Ich würde sogar ihnen einen bringen, wenn sie es verlangten. Mr. Jonas verabscheute meine freundliche Art und sah nichts menschliches an den Patienten.

,,Gut, dann entsorgen Sie ihn sofort." Er ging an mir vorbei und ich trat hinein. Nie würde ich meinen morgendlichen Kaffe wegschmeissen. Das war nicht ich.

Im Krankenzimmer waren zwei Personen. Der Jüngere war natürlich Timothy und der ältere Mann war wohl sein Mitbewohner.

Leider wusste ich seinen Namen nicht, weswegen ich ihn nur mit einem Guten Morgen begrüsste.

Dann sah ich zu Timothy.

,,Guten Morgen Timothy. Ich bin Mr. O'Brien, aber du kannst mich Dylan nennen."

»Nenn mich Dylan«Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt