6 Kapitel

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Am folgenden Tag, Sonntagmorgen, ich lag noch schlafend im Bett, rief mich ganz früh morgens Andy, der Pressesprecher vom Team an. Genervt und völlig verschlafen warf ich einen Blick auf mein Handy. Um diese Uhrzeit ging ich doch nicht an mein Handy und schon gar nicht für irgendetwas, was mit Presserummel zu tun hatte. Doch als ich meinen nächsten Blick am Wecker vorbeihuschen ließ, wollte mir dieser ernsthaft weismachen, es sei schon elf. Deshalb hatte Andy wohl auch keine Gnade. Er ließ einfach durchbimmeln. Gerade jetzt vermisste ich meine Mailbox doch. Ich hatte sie deaktiviert. Erstens wollte ich nicht zurückrufen müssen, falls mir jemand sein Gesülze hinterließ und zum anderen hasste ich es selbst, bei anderen auf den AB zu sprechen. Nur leider konnte man deshalb nun so lange durchbimmeln lassen, bis es so sehr nervte, dass man es kaum ignorieren konnte. Mittlerweile war ich wach und weil auch Jenni mich schon genervt anschaute, entschloss ich, dem drängenden Telefon nachzugeben.„Moin.“ Ich versuchte mich gar nicht erst an einem freundlichen oder wenigstens wachen Ton in meiner Stimme. „Hey, Kimi. Du weißt wahrscheinlich, warum ich anrufe?!“ Andy wartete. Er schien auf eine Reaktion meinerseits zu warten, aber ich blieb stumm. Ich wusste ja auch nicht, was er wollte.„Kimi, ich kann mir denken, dass du nicht darüber reden willst und dass es dir mal wieder egal ist. Allerdings wäre es gut, wenn wir da irgendwie Ruhe rein bekämen. Ihr müsst besser auf euch Acht geben! Euer Privatleben geht uns ja nichts an, aber es fällt dennoch auf das Team zurück. Das ist nicht gut.“„Worum geht’s überhaupt?“„Hast du es noch gar nicht gelesen?“„Würde ich fragen, wenn ich wüsste, wovon du redest?“„Schau in der Zeitung von gestern nach. Brühwarm und viel Spielraum für Spekulationen.“„Mhhh, ich les keine Zeitungsartikel. Und schon gar nicht über mich. Es ist mir egal.“„Er ist nicht über dich. Nicht direkt.“ Und Andys Stimme wurde etwas leiser, als befürchte er einen baldigen Wutausbruch. Doch ich zog es vor, mir den Artikel alleine anzusehen und jetzt nicht mit ihm darüber zu diskutieren. Wie gesagt, Artikel über mich waren mir herzlich egal. Sobald es sich um Artikel um Jenni handelte, kam allerdings mein  Beschützerinstinkt durch. „Triff die üblichen Maßnahmen und lass mich weiter schlafen.“  Befahl ich Andy und legte auf. Immer diese Andeutungsversuche, wenn mal wieder was in meinem oder Jennis Leben passierte, was das Spannungsniveau eines Bäuerchens überschritt. Ich versuchte mich nochmal auf die andere Seite zu schmeißen, um meinen 'Schönheitsschlaf' wieder aufzugreifen. Nach einer guten Viertelstunde allerdings musste ich mir leider eingestehen, dass ich tatsächlich zu wach war, um nochmal einzuschlafen. Ich ärgerte mich über Andy. Schließlich habe ich so tief im Land der Träume geschwebt bevor er mich angerufen hat. Es war ein schöner Traum, doch die Rückkehr in die Realität machte mich etwas traurig, denn in diesem Traum war alles ganz einfach. Wir genossen die Zeit des heranwachsenden Bauches, diskutierten die verschiedensten Jungen- und Mädchennamen aus und waren einfach glücklich. Furchtbar, wie sentimental mich sowas macht. Wahrscheinlich hatte es mir doch den rest gegeben als sie nach Hause kam , genau am 22. November . 1998 und mich ansah mit diesen traurigen Augen . Thema Wechsel nicht an die Vergangenheit denken sondern an die Zukunft!!!! Aber wie oft erfuhr man auch, dass man Vater werden würde? Ich naja zweimal ....Ja, ich habe alle Möglichkeiten durchdacht und bin zu  dem Schluss gekommen, dass Matthias unmöglich der Vater sein kann. Das würde sie mir nicht antun.Da ich jetzt also wach war und nicht mehr einschlafen konnte ging ich runter in die Küche, wo Jenni mittlerweile am werken war. Während ich mit Andy telefoniert habe, hat sie sich nach unten verdrückt, um schon mal das Frühstück vorzubereiten. Das war eine gute Viertelstunde her und ich wunderte mich, dass der Tisch noch nicht gedeckt war. Also nicht auf die Machotour, sondern es wunderte mich, dass sie einfach noch nicht fertig war. Sie war eigentlich ein fleißiges und vor allem flottes Bienchen, wenn es ums Decken des Frühstückstischs ging. Heute allerdings lief sie kopflos vom Kühlschrank zum Geschirrschrank und zurück zum Kühlschrank. Alles wirkte irgendwie chaotisch heut morgen. „Soll ich dir mithelfen? Du wirkst so durcheinander heute.“„Nein, lass nur. Ich hab mich gleich wieder. Bin noch ein wenig müde, aber setz du dich schon mal.“Ich tat, wie mir geheißen, denn Jenni mochte es nicht, wenn man ihr dazwischen funkte. „Schatz, wo hast du die Zeitung von gestern hingelegt?“„Gestern…die…Zeitung? Ich hab sie nicht gehabt…Sie wird wohl noch dort sein, wo du sie zuletzt gehabt hast.“ Spekulierte sie kopflos und widmete sich wieder ihren Orangen, und der elektrischen Saftpresse. „Du musst den Stecker schon in die Steckdose stecken, damit die Maschine presst…“ sagte ich leise zu ihr, als ich bemerkte, wie sie die Maschine böse anschaute, als sie nicht pressen wollte. „Wo sind denn deine Gedanken heute? Und die Zeitung hab ich nicht gehabt. Hast du sie noch gar nicht aus dem Briefkasten geholt?“ Völlig unvorstellbar, denn sie leerte den Briefkasten ständig. Auch wenn der Postbote und der Zeitungsausträger schon längst da gewesen sind, schaute sie nochmal nach, ob noch Post gekommen ist, weil sie Angst hatte, dass Briefe aufgrund von überfülltem Briefkasten nicht mehr zugestellt werden können. Ich fand die Überlegung etwas kurios, aber wenn sie meinte, dass ihr dann wichtige Zustellungen entgingen, so sollte sie halt fünfmal täglich den Briefkasten leeren. Zugegebenermaßen war er tatsächlich ab und zu so überfüllt, dass nichts mehr rein ging. Nervige Fanpost. ‚Kimi, du bist so toll.‘, ‚Ich will ein Kind von dir.‘ blablabla. Also ging ich zum Briefkasten und fand dort tatsächlich die Zeitung von gestern. Ich überflog die erste Seite und war diesbezüglich schon mal beruhigt. Zumindest haben wir es nicht aufs Titelblatt geschafft. Manchmal kam das vor, obwohl ich fand, dass es durchaus Nachrichten gab, die es eher Wert waren auf dem Titelblatt zu stehen, als der neuste Klatsch und Tratsch. Naja, aber auf die zweite Seite haben wir es geschafft. Bzw….Jenni und Matthias. Mit einem riesigen Bild auf dem sie sich innig umarmen. Jenni hatte mich ja bereits vorgewarnt, dass es dieses Bild geben wird, aber es abgedruckt zu sehen, war trotzdem eine Überraschung. Oder war das gar nicht die Überraschung, die ich fühlte? Ehrlichgesagt gefiel mir das Bild überhaupt nicht und es machte mich wütend. Und das nicht nur auf die Presse…Langsam und gedankenversunken stapfte ich zurück in die Küche, wo Jenni immer noch verwirrt durch die Gegend lief. Ich warf die Zeitung auf den Tisch, schob Jenni zu ihrem Platz und setzte sie auf den Stuhl. „Kimi, was soll das? Ich bin doch sofort fertig!“„Wenn ich auf dich warte, dann bekommen wir erst heut abend was zu essen. Außerdem…interessiert dich nicht, was in der Zeitung steht?“ fragte ich leicht bissig. Warum ich diesen Tonfall aufsetzte, war mir nicht ganz bewusst, aber ich fühlte mich danach.Jenni nahm die Zeitung und blätterte bis zum gesuchten Artikel. Erst betrachtete sie das Bild, bevor sie anfing zu lesen. Wie es aussah, musste sie den Artikel mehrfach lesen, denn sie brauchte ungewöhnlich lange, bis sie wieder aufblickte und mich ansah. „Das stimmt nicht. Das ist alles nicht wahr, was die da schreiben.“ Und ihr kullerten die ersten Tränen. „Ich hab den Artikel nicht gelesen. Es interessiert mich nicht. Wenn es irgendetwas gibt, was daran wahr ist, will ich es von dir hören und nicht von der Presse. Also, wenn du mir nichts zu sagen hast, dann ist alles klar. Aber glücklich macht mich dieses Bild nicht.“„Da gibt es nicht mehr zu sagen, als ich dir am Freitag schon erzählt habe. Lass mir ein wenig Zeit, Kimi. Bitte…“ sie flehte mich fast an.„Ich bin ab Dienstag weg. Für zwei Wochen. Wann willst du mit mir reden, wenn du nicht mitkommen möchtest?“„Ich weiß es nicht…Bitte lass uns nicht weiter davon reden und was frühstücken. Ich hab tierischen Hunger.“ Das nahm ich ihr zwar nicht ganz ab, akzeptierte aber ihren Entschluss. Bevor ich die restlichen Frühstückssachen auftischte, die Jenni noch vergessen hatte, schaltete ich das Radio ein. Manchmal hörte ich gern Radio. Nicht immer, aber manchmal. Obwohl, wenn ich ehrlich zu mir war, dann hatte ich nur Angst vor dem Schweigen, was heute definitiv unangenehm werden würde. Finnische Radiosender gab es zwar in der Schweiz nicht, deshalb verstand ich nichts von den Nachrichten, die gerade liefen, aber es füllte die Stille. Jenni verstand da schon mehr. Sie gab sich auch Mühe, die Sprache zu lernen. Mir reichten Finnisch und Englisch. Als ich bei Ferrari gearbeitet hab, hatte man mir nahe gelegt, ich solle Italienisch lernen, da dort viel auf Italienisch kommuniziert wurde. Aber warum soll ich für ein Team eine komplette Sprache lernen, für das ich höchstens ein paar Jahre arbeiten würde? Da sah ich den Sinn nicht.
Gedankenverloren schmierten wir beide unsere Brötchen. Es machte wirklich nicht den Anschein, als hätte Jenni so einen großen Hunger, wie sie vorgab zu haben. Wie lange man Butter auf dem Brötchen verstreichen konnte… Ich hatte meine erste Hälfte schon auf. Aus dem Radio drang nun endlich Musik. ‚…look at the stars, look how they shine for you…‘. Guter Song, wenn auch etwas zu schnulzig. Jenni war in der Zwischenzeit tatsächlich schon dabei, ihre erste Hälfte mit einer Scheibe Käse zu belegen. Nein, sie hatte überhaupt keinen Hunger. Oder zumindest keinen Appetit. Aber wer hatte den schon, wenn es einem schlecht ging. Außer mir wohl keiner und so biss ich trotz allem  genüsslich in mein Zwiebelmettbrötchen. ‚…your skin, oh yeah your skin and bones, turn into something beautiful, you know, you know I love you so…‘. Schepper, Polter… Jenni ließ alles aus der Hand gleiten, sprang auf und flüchtete aus der Küche. Ich sah den anschwemmenden Wasserfall in ihren Augen. Warum weinte sie auf einmal? Ich beschloss ihr zehn Minuten zu geben und würde dann nach ihr schauen. Leider war mir jetzt doch auch der Appetit vergangen. Lag vielleicht am Zwiebelmett. Aber welche Laus Jenni so plötzlich über die Leber gelaufen ist, war mir nicht klar.
Zehn Minuten und zwei Tassen Kaffee weiter beschloss ich, nach ihr zu sehen. Sie hat sich in unserem Schlafzimmer verschanzt, hat sich aufs Bett geschmissen und anscheinend wirklich Rotz und Wasser geheult. Jetzt schien sie sich etwas beruhigt zu haben und ich beschloss mich neben sie zu legen und sie etwas zu trösten. Wenn auch nur durch körperliche Anwesenheit. Doch das schien ihr nicht wirklich zu helfen. Eher im Gegenteil. Sie kämpfte schon wieder mit den Tränen und sprach dann aus, was ich befürchtet hatte. „Kimi, tut mir Leid, aber ich kann das jetzt gerade nicht ertragen. Bitte lass mich allein.“ Hilflos und gekränkt verließ ich das Bett und lief raus. Kurz bevor ich die Türschwelle erreicht hatte drehte ich mich noch einmal zu ihr um. „Danke Kimi. Ich weiß zu schätzen, dass du für mich da bist, aber ich…ich..kann…“„Schon gut. Aber lass dich nicht hängen. Es gibt für alles eine Lösung.“„Wenn dem mal so wäre…“ und ich drehte mich um und verließ das Schlafzimmer. "Willst du sie sehen?" schniefte sie . Ich blickte sie fragend an "Deine T-Tochter " sie schluckte schwer . Ich sah ihr in die Augen und sah ein kleines glückliches strahlen . Ich nickte  , Ich wollte sie sehen . "Schau auf meinem Laptop , bei den Bildern " Ich lief zu ihrem Kosmetiktisch und lies mich auf einen kleinen sitz fallen . Der Laptop hatte Jenni und mich als Hintergrund . Das Bild war letztes Jahr im Sommer gemacht worden . Ich drückte auf -Bilder- dort erschienen zig Ordner . "Wie heißt der Ordner?  " fragte ich sie leise . Ich hörte wie sie sich zu mir drehte und flüsterte "21" . Ich merkte wie die Tränen sich sammelten . Ich klickte auf den Ordner und sah ca. 5 Bilder . Es zeigten immer ein Mädchen mit braunen lockigen Haaren mit stechend blau-grauen Augen . Sie lächelte oder blickte stur grade aus . Auf einem Bild konnte ich noch zwei weitere Personen erkennen . Eine Frau und ein Mann beide vielleicht grade mitte vierzig . Ich schaltete den Laptop aus klappte ihn zu und verweilte dort noch ein bisschen bevor ich aufstand und aus unserem Schlafzimmer ging . Ich blieb stehen .

"Jenni? Sollen wir zu ihr fahren ?" Sie sah mich mit großen Augen an und ihr Augen füllten sie mit Tränen . "Ich meine das könnten wir schaffen ich muss erst in drei Tagen in Austin sein also , was hältst du davon?" Ich lächelte sie an . Ich merkte wie sie anfing zu strahlen und sie flüsterte "Das würdest du für mich machen?" Ich sah sie verständnislos an und sagte "Ich liebe dich doch ... Komm wir machen uns fertig und fahren dann zu ihr ja? Und danach ab nach Austin.  Mit ihr wenn sie es möchte " sie strahlte rannte auf mich zu und legte beide arme um mich . Ich lächelte , sie war wieder glücklich .

Wir fuhren jetzt schon 10 - 11 Stunden zwar hatte Jenni sich angeboten zu fahren , aber ich kannte ihren Fahrstil . Wir sind erst gegen Mittag los gefahren deswegen waren wir auf der Autobahn fast schon alleine . Jenni hatte mir die Adresse von dem Haus gegeben wo sie wohnte  . "Ich ruf eben die Adoptiveltern an damit sie wissen das wir kommen "

The final raceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt