Es war an einem regnerischen Tag im Frühling, als eine schwarz gekleidete Frau ein Café betrat. Sie schüttelte ihren Ledermantel aus und setzte sich an die Theke. Nebenher winkte sie den Kellner zu sich und bestellte mit leiser Stimme.
Ihr kurzes, nasses Haar klebte an ihrem Kopf und kräuselte sich an den Spitzen. Sie hatte eine feine Nase und eine kaum sichtbare Narbe quer über ihre hohen Wangenknochen. Sie trug schwarze Springerstiefel und über ihren langen Beinen, hatte sie eine eng anliegende Lederhose an.
Sie sippte an dem Kaffee und hielt ihn umschlungen.
Das Café war leer. Die Nachtschicht hatte begonnen und der Kellner stand an der Theke und starrte mit leerem Blick aus dem Fenster. Der Regen trommelte an ihnen und draußen huschten Gestalten vorbei, die ab und zu in das Café blickten.
Die Nacht war trostlos. Die Tür ringte als ein Mann eintrat. Er blieb an der Tür stehen und schien die Frau zu beobachten. Dann setzte er sich ebenfalls an die Theke. Die Frau bemerkte dies und blickte unauffällig zu dem Mann hinüber.
Seine Kleider waren ebenfalls durchnässt. Er trug ein Flanellhemd und kaputte Jeans. Seine blonden Haare waren lang und er hattet tiefe, violette Tränensäcke. Er roch unangenehm und die Frau setzte sich von ihm weg.
Der Mann schaute auf und bestellte ebenfalls einen Kaffee. Eine Weile saßen sie schweigend da.
Der Kellner hatte seinen Blick von dem Mann abgewendt und starrte nun auf die Frau. Beide schienen, als hätten sie einen schlimmen Tag gehabt und hingen nun ihren Gedanken nach. Der Kellner kannte sich mit solchen Gestalten aus. Wissend, dass diese sich nicht mehr von ihrem Platz fort bewegen würden, verschwand er in die Vorratskammer und machte ein kleines Nickerchen.
Nach einiger Zeit stand der Mann auf und torkelte auf die Toilette. Ein hörbares Aufatmen war zu hören und die Frau streckte sich. Ihre Glieder waren steif vom Langen still sitzen. Sie bezahlte und verließ das Café.
An einer Lampe blieb sie stehen und begann zu telefonieren. Ihre Stimme war leise und sie schien sich über etwas aufzuregen.
„Ich warte schon seit einer Stunde. Wann kommt der Klient?“ Mit ihrer anderen Hand suchte sie nach einer Zigarette. „Hören Sie auf! Das ist ihr Job und nicht meiner, wenn der Klient nicht innerhalb von einer Stunde hier ist, kann er den Vertrag vergessen.“ Sie klang nun schroff und versuchte ihre Zigarette anzuzünden. Der Regen nässte die Zigarette und die Frau schmieß sie frustriert zu Boden. „Mr.Coleman, ich bitte Sie. Es interessiert mich nicht mit welchen Problemen der Klient zu Kämpfen hat. Wir haben einen Termin ausgemacht und den hat er einzuhalten.“
Mit ihren Springerstiefeln begann sie die Zigarette zu zertreten und beobachtete den blonden Mann im Cafe. Er war zurück gekehrt und schaute sich um. Als er aus dem Café blickte trat die Frau aus dem Lichtschein der Lampe zurück. Sie wollte nicht von ihm gesehen werden.
„Mr.Coleman, dieses Gespräch hat sich für mich erledigt. Richten Sie dem Klienten aus, dass er diesmal pünktlich sein soll oder es gibt keinen Vertrag.“ Mit diesen Worten legte sie auf und ging in das Cafe zurück.
Der Mann drehte sich um als sie an ihm vorbei ging. Sie setzte sich an ihren Platz und packte ihr Geld wieder ein. Ihr Kaffee war kalt und der Kellner war nirgends zu sehen.
Mit einem Ruck sprang sie über die Threse und machte sich selber einen Kaffee. Der Mann schien erst etwas sagen zu wollen ließ es aber sein, als die Frau ihm einen Blick zu warf. Der Mann hatte oft genug solche Blicke gesehen um zu wissen, dass es gefährlich wäre sich mit ihr anzulegen.
Als der Kaffee fertig war schenkte sie sich nach und begann in einem Buch zu lesen. Von dem Platz an dem der Mann saß, konnte er erkennen, dass das Buch ein Thriller war. In roten, verschmirrten Worten stand 'Mitternachtszirkus'.
„Um was geht es?,“ hörte er sich sagen. Die Frau ignorierte ihn. Er schaute sie überrascht an, dann langte er nach der Kaffeekanne und schenkte sich selber nach. Blöde Kuh, dachte er.
Wieder verstrich die Zeit und er merkte spürbar wie die Frau neben ihm nervöser wurde. Sie hatte seit einigen Minuten nicht mehr weiter geblättert und schaute oft auf ihre Uhr.
Er nahm einen Schluck und schaute auf seine. Es war kurz vor 23 Uhr. Er hatte fast zwei Stunden in diesem Café verbracht und trotzdem war er nicht müde. „Ich hätte keinen Kaffee trinken sollen.“, flüsterte er und drehte sich wieder zur Frau, um sie weiter anzuschauen. Ihre Augenbrauen waren hoch gezogen und sie sah ihn entgeistert an. Bevor er etwas sagen konnte, widmete sie sich wieder ihrem Buch.
Er musste wie ein Verrückter ausschauen. Mit seinen schmuddeligen Kleidern und seinen ungewaschenen Haaren sah er aus wie ein Obdachloser. Ein Obdachloser der mit sich selber spricht. Aber er war nicht der Einzige der hier merkwürdig aussah. Mit ihren schwarzen Kleidern sah die Frau aus wie ein Grufti. Nicht mein Typ.
Vor ihm stand ein Radio und er schaltete es an. Ihm war es egal ob es sie störte oder nicht. Er hatte nichts um die Zeit vergehen zu lassen und deshalb spielte er etwas mit dem Radio. Als er plötzlich ein Lied hörte, dass er kannte, begann er mitzusingen. Erst war seine Stimme leise doch dann begann er aus vollem Halse mitzugröhlen. Seine Schuhe tappten im Rhythmus und er tat so als würde er Schlagzeug spielen.
Die Frau schaute ihn genervt an. „Hören Sie auf damit!“ Doch diesmal ignorierte er sie. Sie stand auf und schaltete das Radio aus. Empört schaute er sie an.
„Was fällt Ihnen ein?“ Ihre Nase war hochmütig nach oben gestreckt und sie sagte: „Sie stören mich beim Lesen! Schalten Sie die Musik leiser und hören Sie auf zu singen!“ Ihr Ton war befehlend und das gefiel ihm überhaupt nicht. „Ich kann machen was ich will! Wenn es Sie stört, dann können Sie ja verschwinden!“
Mit einem Satz war sie bei ihm und hielt ihn am Ellbogen. Ihre Nägel bohrten sich in sein Fleisch und er musste sich zusammen reißen, nicht vor Schmerzen aufzuschreien. Die Zeit blieb stehen als sie ihm in die Augen sah. Ihre Augen waren eiskalt und ließen die Haare in seinem Nacken aufstehen. Hätte man ihn je gefragt wie die Augen einer Mörderin aussahen, hätte er ihre beschrieben. Sie sagte nichts, aber er verstand die Nachricht. Er nickte und sie ließ los.
Ihre Schritte hallten als sie auf ihren Platz zurück ging. Er rieb sich seinen Ellbogen und krempelte seinen Ärmel zurück. Dort wo ihre Krallen seine Haut berührt hatten, blutete es.
Er stand auf und wusch die Wunde auf der Toilette. „Ich will nicht wissen wo dieses Miststück ihre dreckigen Hände gehabt hat.“ Blut ronn aus der Wunde und er biss sich auf die Lippen. Das konnte er sich nicht gefallen lassen. Sie hatte ihn ohne Grund angegriffen und er wollte nicht Angst vor einer Frau haben. Das konnte er sich einfach nicht gefallen lassen!
Er schlug in den Spiegel und sah zu wie die Scherben sein Gesicht verzerrten. Seine Lippen waren aufeinander gepresst und an seiner Stirn trat eine Ader hervor. Mehr Blut ron aus seiner Faust, aber es kümmerte ihn nicht. Er war verdammt zornig. Gewaltsam öffnete er die Tür und stampfte zurück. Er nahm tief Luft und wollte gerade der Frau seine Meinung sagen, als er bemerkte, dass sie weg war. Ihr Platz war leer und ihr halb ausgetrunkener Kaffee stand an ihrer Stelle. Sein Zorn verpuffte und Enttäuschung machte sich breit. „Besser für sie.“, murmelte er. Er lümmelte sich auf seinen Platz zurück und schaltete das Radio an. Leise summend, buhlte er den Dreck aus seinen Fingernägeln.
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Das Café - ein außergewöhnliches Treffen
AventureAls eines Nachts zwei unterschiedliche Menschen in einem Café aufeinander trafen, ahnten sie nicht, dass sie viel mehr verband als ein schlechter Tag. Es verband sie etwas viel Größeres als das.