Kapitel 5 : Nichts zu bieten...
~*E*~
Sanft und fast schon zärtlich ließ sie ihre Fingerspitzen über die antiken und reich verzierten Buchrücken gleiten. Sie roch den vertrauten Geruch der vergilbten Seiten und schloss verträumt ihre Augen.
Ellie konnte beinahe spüren, wie der Wind ihr Haar wie flüssiges Gold umher wirbelte und sie ließ, wenn auch etwas wehmütig, die Erinnerungen zu.
Das Gefühl, welches sie gehabt hatte, als sie mit nackten Füßen über das kühle, mit vielen winzigen Tautropfen benetzte Gras gerannt war...
Wie ein klitzekleiner Wirbelwind, war sie als junges Mädchen immer über die weiten Wiesen und Felder getobt und selbst der angrenzende, ziemlich unheimlich wirkende Wald, war nie vor ihr sicher gewesen.
Sie erinnerte sich an ihre erste Begegnung mit Mr. Groots und ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Der ältere Herr war ihr bester Freund gewesen und hatte damals inmitten des dunklen Waldes eine wunderschöne Holzhütte bewohnt.
Wie oft hatte sie bei ihm auf der kleinen Veranda gesessen und hatten Tee oder eine Limonade getrunken während sie gemeinsam in alten Büchern gelesen hatten?
Stundenlang hatte sie in seiner kleinen aber sehr reich ausgestatteten Bibliothek gestöbert und war anschließend im nahegelegenen See schwimmen gewesen.
Mr. Groots hatte ihr, auf Wunsch auch vorgelesen oder sie hatten sich still, jeder für sich, in ihre eigenen Traumwelten zurückgezogen.
Eines Tages, sie war vielleicht gerade einmal elf Jahre alt gewesen, hatte sie die Geschichte der kleinen Fee 'Isabella' entdeckt.
Begeistert hatte sie sich nach draußen geschlichen und hatte den restlichen Nachmittag in der Spätsommersonne, direkt am Ufer des Sees verbracht.
Die kleine Fee, die von ihren Freunden immer nur 'Bella' genannt worden war, war eine Waise was im Feenreich nur sehr, sehr selten vorkam.
Der böse Bärenkönig, der gegen ihr kleines Volk stets Krieg geführt hatte, hatte ihren Vater in einer grausamen Schlacht getötet und ihre Mutter ward seit dem nie wieder gesehen. Man sagte, sie habe ihr Kind absichtlich zurück gelassen...
All dies war geschehen als die kleine rothaarige Fee noch ein kleines Baby gewesen war und so hatte sie nie erfahren, wie es sich anfühlte wenn man eine Familie hatte und geliebt wurde.
Bella war bei einer älteren Fee aufgewachsen doch war diese, kurz nach ihrem sechsten Mondtag - so nannten die kleinen Wesen ihren Geburtstag - an einer Pilzvergiftung gestorben.
Alles was ihr je geblieben war, war ihr bester Freund Florentin mit dem sie jede Menge Abenteuer bestanden hatte und der in ihr ein klein wenig Glück aufkeimen ließ, wenn er sie mit seinen dunkelbraunen Augen anstrahlte.
Eines Tages jedoch...
„Hey Aschenputtel, träumst du schon wieder?" riss Spencer sie aus ihren Tagträumen.
Erschrocken zuckte sie ein klein wenig zusammen und riss dabei unabsichtlich ein Buch aus dem Regal. Polternd fiel es auf den dunkelbraunen Holzfußboden und einige der anwesenden Besucher, drehten sich missbilligend zu dem Störenfried herum.
Mit hochroten Wangen ging sie in die Hocke, nahm das schwere alte Buch an sich und stellte es wieder zurück an seinen Platz.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken," entschuldigte er sich bei ihr und ließ dabei seine Hand beruhigend auf ihrer Schulter ruhen.
„Schon okay. Ich war wirklich mit meinen Gedanken ganz woanders," gab sie kleinlaut zu und blickte ihrem besten Freund dabei direkt in seine wunderschönen Augen.
„Darf ich wissen woran du gedacht hast?" hakte er nach und sie nickte leicht mit dem Kopf.
„Ich hab mich an eine Geschichte aus meiner Kindheit erinnert, die ich so oft gelesen habe das ich sie auswendig kenne und ich habe mich gefragt ob es dieses Buch noch..." begann sie, wurde aber von dem jungen Doktor direkt unterbrochen.
„Wie heißt es denn? Vielleicht kann ich dir ja helfen?" fragte er aufgeregt und sie unterdrückte ein Schmunzeln.
„Spencer, es ist ein Kinderbuch...'Bella und der Honigkrieg'..." sagte sie leise und strich dabei unbewusst wieder über eins der einzigartig schönen Bücher.
„Das kenne ich...," sprudelte es aus ihm hervor und ehe sie reagieren konnte, lief er auch schon los.
„Hey...warte! Wo willst du denn hin?" rief sie ihm hinterher und erntete dafür erneut einige finstere Blicke.
„Spencer..."
Doch er reagierte gar nicht mehr auf ihre Rufe sondern rannte fast schon, die verzierte schwarze Stahlwendeltreppe hinauf. Nur mit Mühe kam sie hinter ihm her und sah als sie endlich oben angekommen war, gerade noch seine wilden dunkelbraunen Locken im hinteren Gang verschwinden.
Seufzend ging sie ihm nach und spürte wie ihr Herz in ihrer Brust raste. Hatte er es wirklich gefunden? Nach all den Jahren...
Als sie nach wenigen Sekunden endlich bei ihm angekommen war, sah sie wie er gerade ein traumhaft schönes ledergebundenes Buch aus dem Regal zog, auf dessen Front eine kleine goldene Fee eingeprägt war.
„Hier, das ist es. Erstausgabe von 1889..." sagte er und seine Lippen verzogen sich zu einem leicht selbstgefälligen Grinsen.
„Muss echt toll sein mit einem eidetischem Gedächtnis, was?" zog sie ihn auf und er runzelte seine Stirn, leicht verstimmt, in winzige Falten.
Ellie wusste das er ihr nicht böse war und sie einander des öfteren ein kleines bisschen ärgerten aber eben genau das, machte ihre Freundschaft aus. Sie verstanden einander fast schon blind und sie konnte und wollte sich nicht einmal vorstellen ohne ihn zu sein.
Er war ihr Fels...
Auf ihn konnte sie sich immer verlassen. Er war da wenn sie ihn brauchte und irgendwann würde sie sich ihm anvertrauen und ihm ihre ganze Geschichte erzählen. Irgendwann...
„Danke Spencer..." wisperte sie und nahm ihm das Buch ehrfürchtig aus den Händen.
Mit leicht zittrigen Fingern schlug sie den Deckel auf und blickte auf eine wunderschöne Zeichnung von Bella. Sie nach all den Jahren 'wieder zu sehen', erzeugte in ihr ein fast schon berauschendes Glücksgefühl.
Und doch mischte sich ein stechender Schmerz dazu, dem sie beinahe nicht standhalten konnte.
Die Erinnerungen überschlugen sich in ihrem Kopf, stürzten auf sie nieder und raubten ihr den Atem. Sie sah Mr. Groots, das lange helle Seil...sein lebloser Körper...das gehässige Lachen hinter ihr und die hellen, lodernden Flammen...
Ihr war schlecht und schnell klappte sie das Buch wieder zu. Die Bilder in ihrem Kopf verschwanden so schnell wie sie gekommen waren und betrübt schob sie es wieder zurück in das dunkle, edle Holzregal.
„Was ist los? Ich dachte du suchst es schon so lange?" fragte Spencer leicht irritiert und zog es wieder heraus.
„Ja schon..." versuchte sie ihr Tun zu erklären.
„Hast du dir mal den Preis angesehen? Das ist die Erstausgabe...das ist viel zu teuer für mich..." gestand sie ihm und wandte sich um, um den Gang und all die Grausamkeiten zu verlassen.
„Ellie..." rief er ihr nach und sie blieb stehen.
Nein, sie wollte ihm jetzt nicht erklären was dieses Buch - so sehr sie es auch liebte - für Schrecken in ihr hervor rief. Sie wollte ihm auch nicht erklären, warum sie nicht einfach mal eben über fünfzig Dollar für eben jene Lektüre ausgeben konnte.
Spencer wusste das sie nicht viel Geld verdiente doch er war nicht dumm. Sie wusste das er ihre Lebensumstände wahrscheinlich bereits nach ihrem ersten Treffen durchgerechnet hatte und mit Sicherheit erkannt hatte, das sie ihm etwas verschwieg.
Ihm dies jedoch eines Tages zu erklären, konnte sie sich jetzt nicht einmal vorstellen.
„Sag mal..." hörte sie seine vertraute, sanfte Stimme hinter ihr und sie schloss für einen Moment die Augen.
„...hast du nicht nächste Woche Geburtstag?" fragte er und sie konnte sein verschmitztes Grinsen beinahe hören.
Hastig wirbelte sie zu ihm herum doch der junge Mann war bereits an ihr vorbei gestürmt.
„Oh nein! Spencer....das tust du nicht," verbot sie ihm den Kauf des Buches doch sie hatte die Rechnung definitiv ohne ihren Freund gemacht.
Schnell rannte sie ihm hinterher und während sie beinahe die Treppe hinuntergestürzt wäre, rief er ihr noch zu, das er eine Kundenkarte hätte und Prozente bekäme.
Wollte er damit, das viel zu teure Geschenk rechtfertigen?
„Bitte....Spencer..." versuchte sie es noch einmal doch als sie ihn endlich eingeholt hatte, drehte er sich gerade mit einer schlichten Tüte in den Händen, zu ihr herum.
„Lass mich dir eine Freude machen, Aschenputtel..." flüsterte er und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn.
„Und nun komm, gleich nebenan gibt es ein süßes Café, die machen einen wahnsinnig leckeren Zimt Muffin und außerdem können wir da auch noch ein bisschen Schach spielen."
~*~
Ellie wollte einfach nur noch nach Hause, als sie sich ihre Jacke und ihre selbst genähte Tasche griff und den kleinen Raum verließ, der den Putzkräften als Pausenraum diente.
So schnell es ihre Füße zuließen, verließ sie das FBI Gebäude durch den unscheinbaren Hintereingang und vergrub ihre Hände in den Hosentaschen.
Ihre Fingerspitzen berührten ihr Handy doch sie widerstand dem Drang es heraus zu ziehen denn auch dieses Mal würde sie keine Nachricht von Aaron darauf finden.
Verdammt! Was hatte sie sich nur gedacht? Zwei Tage waren seit ihrer letzten gemeinsamen Nacht vergangen und bereits vier Mal hatte sie sich - wie ein verliebter Teenager - bei ihm gemeldet...ohne jedoch eine Antwort von ihm zu erhalten.
Hatte sie wirklich geglaubt das der Unit Chief der BAU in ihr mehr als nur eine zwanglose Bettgeschichte gesehen hatte?
Warum sollte sich ein solch erfolgreicher Mann, auf ein armes Mädchen wie sie einlassen? Was konnte sie ihm schon bieten?
Alles was sie bestens beherrschte in ihrem Leben, war putzen... Putzen und überleben.
Vielleicht hätte sie sich noch ein wenig in Hoffnung flüchten können doch von Spencer wusste sie bereits, das sie den Unsub endlich gefasst hatten. Ob es wohl wirklich der gleiche Mann gewesen war, der sie vom Fahrrad gezerrt hatte um sie zu...?
Ellie biss sich heftig auf die Unterlippe um nicht wieder an den Überfall zu denken. Es war schon schlimm genug das der Fremde sich ebenfalls in ihre Träume geschlichen hatte und nun mit all den anderen, gruseligen Bildern ihren Schlaf störte.
Gut, Aaron hatte zur Zeit keinen Fall zu bearbeiten. Rein theoretisch hätte er sich bei ihr melden können aber das hatte er nicht getan. Eindeutiger konnte eine Abfuhr nun wirklich nicht sein.
Verzweifelt versuchte sie ihre Tränen zurück zu halten aber dies wollte ihr nicht gelingen.
Heiß und salzig rannen sie ihr über die Haut und sie schluckte schwer als sie an die wenigen schönen Stunden mit ihm dachte. Seine Hände auf ihrem Körper, das einzigartige Gefühl welches er in ihr ausgelöst hatte...nur er hatte die garstigen Stimmen in ihrem Kopf zum Verstummen gebracht doch nun war er fort und alles was ihr blieb waren die Erinnerungen.
~*A*~
Sichtlich erschöpft lenkte er den Wagen auf die Hauptstraße und seufzte leise. Was war nur los mit ihm? Konnte er nicht einmal mehr ein klein wenig Freude in seinem Leben zulassen?
Grund dazu hätte es allemal gegeben. Zum einen hatten sie endlich den elendigen Dreckskerl fassen können, der die Straße die letzten Tage und Wochen unsicher gemacht hatte und zum anderen, musste er sich eingestehen das er viel öfter an seine kleine Fee dachte, als er eigentlich wollte.
Doch in seinem Inneren herrschte das pure Chaos. Aaron war hin und her gerissen zwischen der Sehnsucht nach seinem Sohn Jack - und dem schlechten Gewissen, welches er verspürte weil er ihn nur sehr selten sehen konnte - und der unbändigen Lust die ihn überkam wenn er auch nur an Ellie dachte.
Die junge Frau, mit den schier tausend Geheimnissen , hatte ihm wirklich den Kopf verdreht und so hatte er den Entschluss gefasst, sie erst einmal nicht wieder zu sehen. Seine Gefühle waren einfach zu überwältigend und er spürte wie ihn all dies, schlicht weg überforderte.
Und so hatte er sich auf den Weg zurück ins Büro gemacht, nachdem er fast den ganzen Tag mit Jack verbracht hatte, anstatt sich bei Ellie zu melden.
Sie hatte ihm ein paar Nachrichten zukommen lassen doch er hatte sie unbeantwortet gelassen, wohl wissend was er ihr damit antat.
Er war einfach noch nicht soweit jemanden in sein Herz zu lassen. Die Angst das es erneut in tausend Stücke zerbrechen könnte, war einfach noch zu groß und er wusste nicht ob er das Risiko überhaupt je wieder würde eingehen können.
Warum sollte er Ellie also falsche Hoffnungen machen? Nein. Er musste es beenden bevor es richtig beginnen konnte.
Kurz gestattete er sich einen flüchtigen, schmerzhaften Gedanken an Haley und all die Erinnerungen erschütterten ihn bis ins Mark. Keuchend stoppte er seinen dunklen SUV und blieb mit rasendem Herzen am Straßenrand stehen.
Das war genau das Gefühl welches er nie wieder verspüren wollte. Die Angst, das Gefühl des Versagens...
Aaron war seiner Frau kein guter Ehemann gewesen. Stets hatte er seine Arbeit über seine Familie gestellt und nicht bemerkt wie sehr sich Haley von ihm entfernt hatte.
Als er es endlich realisiert hatte, war es zu spät gewesen...
Er hatte die Liebe seines Lebens verloren und nur durch sein Fehlverhalten war sie zu Tode gekommen. Brutal war sie ihm entrissen worden und auch jetzt konnte er beinahe ihren leblosen Körper in seinen Armen spüren...
Wie sollte er sich da auf jemanden neues einlassen? Immer mit der Angst im Hinterkopf das er Ellie auch verlieren könnte.
Ihr, durch eine falsche Entscheidung seinerseits, ebenfalls etwas zustoßen könnte. Nein. Das konnte er beim besten Willen nicht riskieren.
Deswegen würde er das tun, was er bis zur Perfektion beherrschte. Seine Gefühle hinter einer strengen Miene verbergen und seinen Job erledigen. Koste es was es wolle...
Und nun würde er zurück zur BAU fahren um noch ein wenig von dem Papierkram abzuarbeiten.
Achtsam lenkte er den Wagen wieder auf die Straße und dachte kurz an das unangenehme Gespräch mit David, welches er hatte führen müssen.
Sein Freund hatte jede Möglichkeit genutzt um sämtlichen Geheimnisse aus ihm heraus zu kitzeln.
Die dürftige Erklärung das sie nur eine Bekannte sei, hatte sich Aaron selber nicht abgenommen und so hatte er mehrfach betont das sie eine alte Freundin sei und sie einfach nur geredet hätten.
Damit hatte sich der Ältere natürlich nicht zufrieden gegeben und so hatte er ihm, in einem kurzen Gespräch an der Kaffeemaschine im Büro, eine Halbwahrheit aufgetischt die Rossi geschluckt zu haben schien.
Das hoffte er zumindest und wollte gerade auf das FBI Gelände fahren, als ihm eine vertraute Gestalt entgegen kam.
Ihr einzigartiges Haar umspielte ihr hübsches Gesicht, als sie dem Pförtner zuwinkte und die wenigen Schritte zum Straßenrand lief um seinem Auto nicht im Wege zu sein.
Ellie blickte nicht einmal auf. Im Gegenteil, sie schien vollkommen in ihren Gedanken versunken zu sein.
Was tat sie hier? War die junge Frau etwa bei ihm gewesen? Hatte sie ihn, hier auf seiner Arbeit, aufsuchen und zur Rede stellen wollen? Konnte es wirklich sein, das sie ihm...nein, das traute er ihr einfach nicht zu.
Doch was, um Himmels Willen tat sie mitten in der Nacht hier?
Wütend wendete er seinen SUV in zwei schnellen Zügen und ließ ein wenig den Motor aufheulen. Erschrocken wirbelte Ellie zu ihm herum und schirmte ihr Gesicht vor dem hellen Scheinwerferlicht ab.
Beinahe ängstlich wich sie vor seinem Wagen zurück und drückte sich unsicher in das Gebüsch am Straßenrand.
Aaron trat auf die Bremse und mit nur einer einzigen Handbewegung, ließ er das Beifahrerfenster hinuntergleiten.
„Steig ein!" befahl er ihr streng und spürte wie sich seine Wut mit aufkeimender Lust vermischte.
Das durfte doch nicht wahr sein. Weshalb reagierte er nur so heftig auf ihre Gegenwart und wieso, zum Teufel, war sie hier?
Ungeduldig sah er zu, wie sie mehr als zögerlich die Wagentür öffnete und ihn unsicher ansah. Um ihren Hals trug sie einen luftigen, bunten Schal der nur dazu da war ihre Blutergüsse zu verstecken.
„Ellie...!?" begann er mit knurriger Stimme doch weiter kam er nicht. Schnell kletterte sie hinein und ließ sich seufzend auf dem weichen Polster nieder.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gab er Gas und fuhr in Richtung ihrer kleinen Wohnung. Die bildschöne Frau neben ihm, rutschte nervös auf ihrem Hintern hin und her und am liebsten hätte er angehalten um ihr erneut den Allerwertesten zu versohlen.
~*E*~
Wieso musste ihr das nur immer passieren? Von all den unzähligen Mitarbeitern des FBI musste sie jetzt auf Aaron treffen? Früher war ihr dies nie passiert und nun? Nun hatte er sie erwischt wie sie das Gelände verlassen hatte.
Was sollte sie jetzt nur sagen? Bisher hatte er nicht näher nachgefragt aber nun würde sie sich wohl kaum heraus reden können.
So ein verdammter Mist.
Verzweifelt biss sie sich auf die Zunge und rutschte ein wenig in eine bequemerer Position. Wie ein Phantomschmerz kehrte das angenehme brennen in ihren Hintern zurück und sie hätte beinahe genießerisch gestöhnt, als ihr bewusst wurde das dies nun wirklich alles andere als angebracht gewesen wäre.
Sie konnte seine Wut beinahe spüren aber sie konnte sich nicht erklären weshalb er so wütend auf sie war.
„Was hast du hier gewollt?" fragte er in die Stille hinein und sie zuckte ein klein wenig zusammen.
Ellie wusste nicht was sie sagen sollte, also schwieg sie einfach. Sie wusste das sie mit dieser kindischen Reaktion nicht wirklich etwas bewirkte aber ihr fehlten einfach die richtigen Worte. Die Angst das er sie ablehnen könnte, nagte tief in ihrem Herzen und so presste sie ihre Lippen fest aufeinander.
Aaron lenkte den SUV auf eine der unzähligen Seitenstraßen und sie sah, wie sehr er das Lenkrad dabei umklammerte. Seine Knöchel traten in der Dunkelheit beinahe schon weiß hervor und sie wusste das er es dabei nicht würde beruhen lassen.
Er war Profiler und wenn er wirklich wollte, es drauf anlegen würde...dann hätte er ihr Geheimnis innerhalb weniger Sekunden ausgegraben.
Dann würde er nicht nur wissen, das sie als billige Putzfrau und Kellnerin ihr Geld verdiente... Nein. Er würde auch all die anderen schrecklichen Dinge aus ihrer Vergangenheit erfahren und dies durfte sie unter keinen Umständen zulassen.
„Ellie," versuchte er es noch einmal und seiner Stimme, hing ein bedrohlicher Unterton bei.
„Was, um Himmels Willen, hast du hier gewollt? Hast du mir nach spioniert?" presste er hervor und ihr Kopf wirbelte zu ihm herum.
Seine Stirn lag in Falten und er hatte seinen Blick starr auf die Straße vor ihm gerichtet.
„Wie bitte?" fragte sie entsetzt und konnte gar nicht fassen was er da zu sagen versuchte.
„Bist du verrückt?"
„Das frage ich dich? Wie kommst du auf das FBI Gelände? Was wolltest du dort?" hakte er nach und sie verschränkte sauer ihre Arme vor der Brust.
„Geht dich gar nichts an!" zickte sie zurück und legte ihre rechte Hand auf den kleinen schwarzen, unscheinbaren Türöffner.
Aaron jedoch, hatte diese Bewegung scheinbar sehr wohl registriert. Seine starke Hand legte sich auf ihre Schulter und seine Finger gruben sich ein wenig in ihre Haut.
„Denk nicht einmal daran, meine Liebe..." zischte er viel wütender als noch vor wenigen Sekunden.
„Also...ein letztes Mal, was hast du beim FBI gewollt?"
„Wo ist dein Problem?" fragte sie zurück und spürte wie sehr sie sich in die Enge gedrängt fühlte.
Sie wollte unter keinen Umständen das heraus kam das sie eine dreckige Putzfrau war doch ihr schien als würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als ihm die Wahrheit zu sagen.
Nun war sie es, die wütend wurde und sie wand sich unter seinem Griff so hin und her das er sie losließ und resigniert seine Hand wieder ans Steuer legte.
„Mein 'Problem'..." begann er und betonte dabei offensichtlich das Wort 'Problem',
„...ist, das ich das Gefühl habe, du spionierst mir hinterher. Oder wieso sonst kommst du mitten in der Nacht..."
Weiter kam er nicht denn sie riss bei voller Fahrt, regelrecht die Beifahrertür auf. Laut dröhnte die riesigen Reifen über den Asphalt und er drehte sich erschrocken zu ihr herum.
„Ellie...was tust du..." wollte er sie an ihrem Vorhaben hindern und drosselte das Tempo so, das sie beinahe zum stehen kamen.
Sie jedoch nutzte die winzige Chance und sprang geradezu aus dem Wagen. Stolpernd kam sie auf der dreckigen Straße auf und blickte sich sofort um. Keine zwanzig Meter war sie von ihrer Wohnung entfernt und so lief sie unerschrocken los.
Sollte er doch sonst was von ihr denken...
Rasend vor Wut rannte sie regelrecht zu ihrem Haus und wollte gerade mit bebenden Fingern die schäbige Haustür aufschließen, als sie den Motor hörte.
Hektisch suchte sie nach dem passenden Schlüssel doch gerade als sie ihn zu fassen bekam, entglitt er ihr und er knallte scheppernd zu Boden.
Fluchend bückte sie sich danach und versuchte erneut ihr Glück. Keine fünf Sekunden später jedoch, legten sich warme weiche Finger auf die ihren.
„Tut mir leid..." hörte sie seine raue Stimme ganz nah an ihrem Ohr und sie schloss für einen winzigen Moment ihre Augen. Sie sog seinen ganz unverwechselbaren Geruch ganz tief in ihre Lungen und lehnte sich unbewusst an seine starke Brust.
Er hielt sie fest umschlungen, solange bis sie zurück in die Realität fand und sich ein wenig in seinen Armen wand.
„Es tut mir wirklich leid, Ellie..." entschuldigte er sich noch einmal bei ihr und drehte sie dabei zu sich herum. Nun blickte sie direkt in seine dunklen Augen und vergessen war all die Wut und das miese Gefühl, welches sie verspürt hatte.
„Schon okay," murmelte sie leise und blickte zu Boden. Was hatte sie schon zu verlieren? Das war nun mal ihr Leben und sie hatte keine andere Wahl, sie musste es so bestreiten ob sie wollte oder nicht. Wenn Aaron sie auf Grund eines Jobs nicht mehr wiedersehen wollte...dann...ja dann würde sie auch das überstehen. Irgendwie.
„Ich bin Putzfrau...." flüsterte sie beschämt und wünschte, es würde sich ein riesiges Loch auftun und sie auf der Stelle verschlucken.
„Wie bitte?" hörte sie den Unit Chief nachfragen. Seine Stimme klang ein wenig ungläubig und sie spürte wie ihr vor Scham ganz heiß wurde.
„Du bist Putzfrau beim FBI?"
Ellie nickte nur, zu mehr war sie nicht mehr fähig. Am liebsten wäre sie davon gerannt aber wohin?
„Und darum machst du so ein Geheimnis?" fragte er und ließ seine rechte Hand dabei liebevoll über ihre Wange gleiten.
Wieder bewegte sie lediglich ihren Kopf. Was sollte sie ihm den antworten? Das alles war schon peinlich genug.
„Du hast mehrere Jobs und einer davon führt dich jede Nacht dort raus, in diese verlassene Gegend," sagte er und es war keine Frage sondern vielmehr eine Feststellung.
„Wie lange machst du das schon?"
„Etwas über ein Jahr..." hauchte sie und spürte wie sehr ihr Herz gegen ihre Brust schlug. Ihr Puls raste und sie spürte plötzlich wie sehr sie zitterte.
„Jede verdammte Nacht bist du alleine unterwegs..."" presste er hervor und nahm ihr mit einer bestimmenden Geste den Schlüssel ab.
„Das ist unverantwortlich..." setzte er hinterher und schloss die Tür auf.
Völlig verwirrt ließ sie es zu, das er sie den Hausflur entlang schob und schließlich auch ihre Wohnungstür aufschloss. Er hatte keine abfällige Bemerkung für sie vorgesehen, sondern machte sich eher Sorgen um sie. Konnte das wirklich wahr sein?
Als sich die Tür schließlich hinter ihr schloss, zog er sie in seine Arme und hielt sie fest. Sein Atem ging ein klein wenig schneller als sonst doch sie ignorierte diese unnötige Feststellung und kuschelte sich an seine Brust. Ihre Finger glitten über seinen Rücken und sie ließ ihre rechte Hand unter sein Jackett wandern um ihm noch näher zu sein.
„Ich würde dir am liebsten für jede einzelne Nacht noch nachträglich den Hintern versohlen," raunte er ihr ins Ohr und sofort überkam sie ein wohliger, angenehmer Schauer.
„Tu es doch..." flüsterte sie mutig zurück und spürte wie sehr sie allein diese Vorstellung erregte.
Seit er sie 'geschlagen' hatte, hatte sie an kaum etwas anderes denken können.
Eigentlich hatte sie ihn eher im Spaß 'mein Herr' genannt und hatte erst später gemerkt, wie sehr ihr die Vorstellung gefallen hatte und immer noch gefiel.
Ellie musste sich eingestehen, dass sie bereits früher...nun ja, solche Fantasien gehabt hatte aber sie hatte sie stets als 'abartige' Gedanken abgespeist. Niemals wäre ihr in den Sinn gekommen das sie so etwas wirklich einmal zulassen würde und, was noch viel schlimmer war, das sie es mit jeder Faser ihres Körpers genießen würde.
Völlig verzweifelt hatte sie in den vergangenen Stunden nach irgendwelchen Antworten gesucht aber nichts war dabei herum gekommen. Eigentlich wollte sie nur wissen was das alles zu bedeuten hatte.
Die Kontrolle abzugeben war überhaupt nicht ihre Art und auch jetzt widerstrebte ihr der Gedanke. Doch auch wenn sie stets selbstständig gewesen war und all ihre Entscheidungen alleine hatte treffen müssen, hatte es etwas sehr magisches an sich alle Verantwortung abzugeben und einfach nur zu gehorchen.
Es hatte ihr gefallen das Aaron für diesen einen Moment alle Macht über sie gehabt hatte und irgendwie entsprach dies auch dem Bild was sie von ihm hatte. Sie kannte ihn ja nur aus der Ferne und aus Erzählungen und er war immer der strenge Chef, der nie lächelte und immer überaus korrekt die Regeln befolgte.
Wie würde es also sein wenn sie seine Regeln befolgen würde? Nicht immer aber immer dann wenn sie beide Lust darauf hatten...
Sie musste sich ein Lächeln verkneifen, als ihr auf der Stelle jede Menge Dinge einfielen um ihn heraus zu fordern...und all das nur damit er sie 'bestrafen' würde.
Doch es war nicht nur allein das, was sie so sehr irritiert hatte sondern auch das Gefühl beschützt zu werden. Dies war ihr vollkommen fremd doch es war das schönste was sie je verspürt hatte.
Nie zuvor hatte sie sich geborgener gefühlt, als in seinen starken Armen.
Und eben diese Empfindungen fehlten ihr nun, hinterließen eine seltsame Leere in ihr, die sie nicht einordnen konnte.
„Führe mich bloß nicht in Versuchung..." raunte er da und riss sie abrupt aus ihren bohrenden Gedanken. Seine Stimme klang rau und sie hörte und spürte das ihn das Thema ebenfalls nicht kalt ließ.
„Aber genau das ist es doch was ich will, mein Herr..." antwortete sie ihm frech und blickte auf, direkt in seine wunderschönen, dunkelbraunen Augen.
Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine sinnlichen Lippen, bevor er wieder ernst wurde und sie fast schon gequält ansah.
„Ich bin ehrlich, Ellie..." begann er und ihr Herz schlug auf der Stelle noch ein klein wenig schneller.
„Das alles hat mich zutiefst verwirrt und ich wollte dich eigentlich nicht wiedersehen..."
„Oh..." entfuhr es ihr und sie senkte den Blick, spürte wie all ihre Hoffnungen und Träume in tausend Teile zersprangen.
„Nein...nicht, kleine Fee..." sprach er weiter und hob ihr Kinn mit zwei Fingern seiner linken Hand so hoch, das sie ihn wieder ansehen musste.
„Ich habe Angst und dazu kommt, das ich noch nie zuvor eine Frau geschlagen habe," versuchte er seine Worte zu erklären.
„Und schon gar nicht...für meine eigene Lust..."
~*A*~
War das hier wirklich das was er wollte? Hatte er nicht vorhin noch vorgehabt sie nie wieder zu sehen? Und nun stand er hier, hielt sie in seinen Armen und es fühlte sich mehr als nur richtig an.
Doch war das was sie sich scheinbar von ihm erhoffte, das was er ihr auch geben konnte? Konnte er sich das wirklich vorstellen? Außenstehende hätten wahrscheinlich, ohne mit der Wimper zu zucken mit 'ja' geantwortet aber auch wenn er auf Fremde so wirkte, war dies wirklich ebenfalls eine Seite an ihm?
Natürlich wusste er, das er streng und unerbittlich war wenn es um seinen Job und die Täter ging doch er war kein Mensch ohne Gefühle, so wie viele ihn vielleicht wahr nahmen.
Aaron wusste nicht ob er das wahrhaftig wollte oder überhaupt konnte. Wollte er sie besitzen...und die Kontrolle übernehmen?
Verwirrt löste er sich von Ellie und blickte auf die zierliche Frau in seinen Armen hinab. Mit großen Augen sah sie zu ihm auf und er spürte wie sein Herz immer schneller schlug.
Die Lust in ihm regte sich und er konnte nicht leugnen, dass es ihn mehr als erregt hatte, sie zu schlagen.
Unsicher löste er sich ein wenig von ihr, fuhr sich mit der linken Hand durch das dunkle Haar und seufzte tief. Das alles hier erschütterte ihn zutiefst und er hatte beim besten Willen keine Ahnung wohin ihn dies führen würde.
„Das ist auch für mich alles neu..." vernahm er da ihr sanfte, melodische Stimme und er sah in ihren Augen dass sie ebenfalls mit sich rang.
„Ich hab einfach so die Kontrolle abgegeben, was ich sonst wirklich noch nie getan habe aber es hat mir gefallen und..." fuhr sie fort doch ehe sie weiter sprechen konnte, unterbrach er sie.
„Und ich kontrolliere gern," gab er zu.
„Ich habe es wirklich mehr als genossen dich zu schlagen. Versteh mich da bitte nicht falsch, ich..." versuchte er die Situation zu erklären aber dieses Mal fuhr sie ihm dazwischen.
„Keine Angst, ich verstehe dich nicht falsch. Es ist neu...anders und einfach nur aufregend. Aber...Aaron, ich...ich mag es. Sehr sogar..." gab sie leise zu und er schluckte schwer.
Ellie sah so unglaublich zerbrechlich aus in diesem Moment. Sie hatte sich ihm völlig geöffnet, hatte ihm vertraut, was ihre Arbeit betraf und nun verspürte er wieder dieses Gefühl tief in seinem Herzen.
Er war unwiderruflich dabei sich in sie zu verlieben und er wollte das sie zu ihm gehörte. Niemals würde er zulassen das ihr jemand je wieder weh tun würde...nur er würde ihr Schmerzen zufügen jedoch nur in einem gewissen, lustvollen Maß.
„Ich gebe es wirklich nicht gerne zu und eigentlich hatte ich das alles hier anders geplant aber du gehst mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Du stiehlst dich immer wieder in meine Gedanken und flüsterst mir unartige und überaus schlimme Dinge und Ideen zu..." gestand er ihr und sie lächelte leicht. Wenn er es nicht besser wüsste, könnte man meinen sie fordere ihn geradezu heraus.
„Du hast ja gar keine Ahnung..." kicherte sie leise und schmiegte sich ganz eng an seine Brust. Er roch ihren ganz unverwechselbaren Geruch und für einen Moment schloss er erschöpft seine Augen.
„Ich...ich kann an nichts anderes mehr denken, Aaron. Es ist, als würde ich noch immer deine Hand auf meinem Po spüren können. Der Schmerz und das sanfte Brennen auf meiner nackten Haut," hauchte sie und verstummte dann.
Er wusste nur zu gut, was sie ihm damit sagen wollte aber er hatte keinen blassen Schimmer was er nun tun sollte. Immerhin konnte er ja nicht einfach bestimmen das sie nun die seine war...oder?
Dies war vollkommen fremd für ihn und auch wenn er es wollte, wusste er nicht ob er ihr das, was sie sich von ihm erhoffte, auch wirklich geben konnte. Für den Anfang jedoch beschloss er, es wenigstens zu versuchen.
~*E*~
Müde lehnte sie sich an die kühle Wand des Aufzuges und schloss für den kurzen Weg hinab in die unterste Etage, ihre Augen.
Eigentlich hatte sie schon längst Feierabend aber da sie morgen ausschlafen konnte, hatte sie sich auf den Weg zu Penelope gemacht, um ein paar weitere Kreationen zu besprechen.
Ellie hoffte, dass sie noch in ihrer kleinen Kammer sein würde denn das Team hatte einen neuen Fall rein bekommen und sie benötigten meist gerade in den ersten Stunden die Hilfe der Analystin.
Und genau diesen wichtigen Anruf hatte Aaron von JJ, exakt in dem Moment bekommen, als sie sich hatten aussprechen wollen.
So viele Dinge waren nach wie vor unausgesprochen und sie unterdrückte den Drang erneut hoffnungsvoll auf ihr Handy zu schauen. Er hatte ihr eine SMS direkt nach der Landung in Ohio geschickt aber seit dem hatte er sich nicht mehr bei ihr gemeldet.
Natürlich hätte sie nachfragen können, ob alles okay bei ihm war und wie es voran ging aber sie wollte nicht, das er erneut schlecht von ihr dachte und stören wollte sie ihn schon gar nicht. Ellie wusste wie sehr er in seiner Arbeit aufging und sie wusste auch, das er gerade alles daran setzte einen Serienmörder zur Strecke zu bringen...in dieser Welt hatte sie nun wirklich nichts verloren.
Ein leichtes schummriges Gefühl in der Magengegend signalisierte ihr, das der Aufzug angekommen war. Sie hasste diesen winzigen Moment, erinnerte er sie immer an die Empfindung die sie hatte, wenn sie in einer Achterbahn saß...gruselig.
Ellie schüttelte die unangenehmen Erinnerungen ab und musste ein wenig über sich selber lachen.
Die Tür öffnete sich mit dem vertrauten 'pling' und sie trat hinaus in den schummrig beleuchteten Flur. Um diese Uhrzeit war es hier, genauso wie im Rest des Gebäudes, nahezu menschenleer. Nur sehr selten kam ihr hier jemand entgegen und etwas unheimlich zumute ging sie schnell in Richtung Penelope's Büro...wenn man es denn dann überhaupt so nennen mochte.
Nach nur wenigen Metern, war sie fast angekommen und sie sah schon von weitem das ihre Tür einen Spalt offen stand und Licht zu sehen war. Höflich klopfte sie an, bevor sie eintrat und Penelope völlig in ihre Arbeit vertieft vorfand.
„...nein tut mir wirklich leid, dazu konnte ich beim besten Willen nichts finden. Absolut nichts..." sagte sie da gerade und Ellie ließ sich neben ihre Freundin auf den freien Stuhl fallen.
„Okay dann werd ich die Suche ausweiten. Ich meld mich sobald ich was Neues habe, Boss."
Mit einem Tastendruck war die Verbindung gekappt und sie zog sich das Headset vom Kopf.
„Liebes, was treibt dich denn um die Uhrzeit noch hier her?" fragte sie grinsend und warf ihr einen Luftkuss zu.
„Ich hab morgen frei und ich dachte ich frag mal wie das Kleid gepasst hat..." zwinkerte sie ihrer Freundin zu und diese kicherte.
„Oh ganz hervorragend, meine Süße und glaub mir, ich hab schon jede Menge neue Ideen aber leider gerade so überhaupt keine Zeit. Das Team ist gerade bei einem neuen Fall und ich raste hier gleich aus, weil ich so gar keine Hilfe bin. Dieser Mistkerl ist irgendwie...mal wieder...nur schwer zu fassen..." sprudelte es aus ihr heraus und tippte dabei unablässig auf der Tastatur herum.
Jede Menge Fenster öffneten und schlossen sich auf den unzähligen Bildschirmen und Ellie machte sich gar nicht erst die Mühe etwas darauf zu erkennen. Im Augenblick konnte sie nur daran denken, das ihre Freundin gerade noch mit Aaron gesprochen hatte, er war also auch noch wach und sie spürte wie die Sehnsucht ihr Herz erfüllte.
„Kein Problem, du kannst dich ja melden wenn du etwas mehr Ruhe hast, ja?" sagte sie schnell und erhob sich um wieder zu gehen.
„Das mach ich auf jeden Fall, Liebes. Hab auf jeden Fall einiges zu erzählen..." begann sie und fuhr nebenbei mit dem Mauszeiger über einige der vielen Daten.
„Nur soviel vorab. Unser Boss hat da eine nette Bettgeschichte am Laufen..."tratschte sie los und Ellie's Herz blieb für einen schmerzhaften Moment stehen.
„Was...?" keuchte sie und klammerte sich verzweifelt an der Schreibtischkante fest.
„Ja, kaum zu glauben oder? Aber ich hab es selber gehört. Er hat sich mit Agent Rossi unterhalten, der hat sie wohl erwischt..." Penelope kicherte leise und schloss ein weiteres Fenster auf einem der Monitore.
„Der Boss behauptet das sie nur was fürs Bett sei aber so richtig geglaubt hab ich ihm das nicht aber jetzt hat mich eben auch noch mein liebster Schokohase angerufen und gesagt er habe ebenfalls ein Gespräch zwischen Hotch und Rossi 'belauscht'. Da muss er wohl sehr eindeutig formuliert haben, das die Dame einzig und allein gut im Bett sei, ihm aber sonst nichts zu bieten hätte...soll mir da nochmal einer sagen unser Boss sei schüchtern...." brabbelte ihre Freundin weiter doch sie nahm ihre weiteren Worte nur noch wie durch Watte wahr.
Alles um sie herum begann sich zu drehen und in ihrem Kopf hallten immer wieder die Worte wieder, die sie gerade zu hören bekommen hatte...
Sie hatte ihm sonst nichts bieten...
~*S*~
Sichtlich erschöpft stellte er seinen Tee auf den kleinen Mahagonifarbenen Tisch vor sich ab und ließ sich in einen der hellen, weichen Ledersessel fallen. Er war einfach nur müde und hoffte das der nächste Fall ein wenig auf sich warten ließe.
Wie oft hatte er sich schon gefragt, ob den Menschen nicht irgendwann einmal die Grausamkeiten ausgehen würden aber jedesmal belehrten sie ihn eines besseren. Das es sich diesmal um ein älteres Ehepaar gehandelt hatte, konnte er immer noch nicht so ganz glauben aber leider hatte er ihre Taten mit eigenen Augen mit ansehen müssen.
Wahrscheinlich würden ihn die leeren, toten und vor Schmerz weit aufgerissenen Augen der vielen unschuldigen Kinder wieder bis in seine Träume verfolgen. Wie kamen die anderen aus seinem Team nur mit so etwas zurecht?
Sein Blick glitt durch den kleinen, gemütlichen Innenraum des Privatjets, mit dem sie immer zu weiter entfernten Tatorten flogen und er blieb bei seinem besten Freund Derek hängen.
Der dunkelhäutige hatte seine riesigen Kopfhörer auf den Ohren und seine Augen waren fest verschlossen. Unter seinen Lidern jedoch, konnte Spencer erkennen das er nicht schlief sondern das auch er versuchte das Erlebte zu verarbeiten.
Neben ihm saß JJ, ebenfalls schlafend und ihr gleich gegenüber saß Emily. Die dunkelhaarige Agentin war vertieft in ein dünnes Buch doch aus der Entfernung konnte er den Titel nicht erkennen. Es sah alt aus und daher war er sich recht sicher, das er es bereits gelesen hatte.
Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen beobachtete er nun für eine kurze Weile Rossi, dessen Kopf an die schmale, kühle Fensterscheibe gelehnt war und der ebenfalls zu schlafen schien.
Sie alle waren mehr als nur erschöpft und dies nicht nur körperlich sondern auch psychisch.
Direkt vor ihm saß Hotch, der - zu seiner Überraschung - nicht schlief sondern - mal wieder - sein Handy sichtlich verkrampft in den Händen hielt. Dieses Bild war mittlerweile nichts neues mehr für ihn, hatte sich sein Boss in den letzten fünf Tagen, die sie in Ohio verbracht hatten auffällig oft mit seinem Telefon beschäftigt.
Vielleicht hatte er ja gehofft es würde niemandem auffallen aber ihm war wahrscheinlich entgangen, das er von Profiler umgeben war und denen war nicht die kleinste Regung verborgen geblieben.
Zu Beginn hatten sie noch alle vermutet, das es wegen seinem Sohn Jack wäre aber hinter all dem schien etwas anderes zu stecken.
Dazu gesellte sich ein mehr als unschönes Gerücht, welches ihm Morgan - wie eine alte Tratschtante - gleich am ersten Tag hatte zukommen lassen. So wie es schien hatte dieser ein pikantes Gespräch zwischen Hotch und Rossi 'belauscht' und erfahren das der stets überaus korrekte und strenge Unit Chief eine ungezwungenen Geschichte mit einer fremden Frau eingegangen war.
Spencer jedoch konnte dies beim besten Willen nicht glauben, passte es einfach nicht in das Bild, welches er von seinem Vorgesetzten hatte.
Etwas widerwillig erinnerte er sich an den qualvollen Tod von Hotchs Ex-Frau Haley und daran wie verzweifelt er danach gewesen war. Würde er sich nun wie ein mieser Frauenheld benehmen? Nein, das passte einfach nicht zu ihm. In seinen Augen war er ein liebender Ehemann und Vater.
Wie auch immer, eigentlich hatte er eigene Probleme um die er sich kümmern musste. Seine beste Freundin hatte sich seit Tagen nicht mehr bei ihm gemeldet und das war wirklich etwas, was mehr als untypisch für sie war. Normalerweise schrieben sie einander wenigstens einmal am Tag und erst Recht wenn er sich 'auf Reisen' befand. Ellie sorgte sich stets um ihn und er versuchte sie immer zu beruhigen das er sicherlich heil zurück kommen würde.
Nun hatte er seit ihrem Abflug von Quantico nach Ohio, nichts mehr von ihr gehört und er machte sich riesige Sorgen um sie.
Natürlich hatte er mehrfach versucht sie zu erreichen aber all seine Nachrichten waren unbeantwortet geblieben, ebenso wie seine unzähligen Anrufe. Auch vorhin hatte niemand das Gespräch angenommen.
Wenn er gekonnt hätte, hätte er sie nach ihrer Landung sofort aufgesucht aber er hatte keinen blassen Schimmer wo sie wohnte.
Sie kannten einander zwar schon seit über einem Jahr aber sie hatte ihn nie zu sich nach Hause eingeladen. Spencer wusste nur zu gut warum sie ihm dies bisher verwehrt hatte aber nun war es ein weiteres Hindernis welches er zu überwinden hatte.
Seufzend griff er nach der heißen Tasse Tee und nahm einen großen Schluck seines Earl Grey, bevor er sein Handy aus der Hosentasche klaubte, es entriegelte und die Schnellwahltaste drückte.
Am anderen Ende klingelte und klingelte es...
Für nur einen winzigen Moment schloss er die Augen. Was war ihr nur passiert? Denn das etwas geschehen sein musste, daran bestand absolut kein Zweifel mehr. Hatte er vielleicht etwas falsches gesagt oder was sie wirklich sauer auf ihn, weil er ihr das Kinderbuch zum Geburtstag gekauft hatte?
Gerade als er sich überlegen wollte, es wieder zurück zu geben knackte es in der Leitung und sie nahm das Gespräch an.
„...ja?" meldete sie sich mit dünner Stimme und sein Herz schlug ihm aufgeregt bis zum Hals.
„Ellie, um Himmels Willen..." hauchte er und fuhr sich mit der linken Hand erleichtert über die Augen.
„Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Wieso hast du dich denn nicht..." begann er eilig aber er wurde von einem heftigen Hustenanfall ihrerseits unterbrochen.
„Tut mir leid..." schluchzte die junge Frau am anderen Ende in den Hörer und er konnte spüren das es ihr mehr als nur dreckig ging.
„Was ist passiert?" fragte er leise um seine Kollegen nicht zu wecken und blickte auf, direkt in Hotchs dunkle Augen. Spencer registrierte wie sich die Stirn seinen Chefs in grimmige Falten gelegt hatte und dies ihm fast schon etwas bedrohliches verlieh.
„Geht es dir nicht gut?"
„Nein..." keuchte sie und hustete wieder. Es war ein fieses, rasselndes Geräusch und er vermutete, das sie sich eine schwere Erkältung eingefangen haben musste.
„Mir ist so furchtbar schlecht und alles dreht sich...Spencer, es hört einfach nicht auf..." wimmerte sie und er vernahm, wie sie gequält und scheinbar unter starken Schmerzen aufstöhnte.
„Ellie, du sagst mir jetzt sofort wo du wohnst und ich will jetzt keine Widerworte von dir hören!" befahl er ihr regelrecht und sah wieder hinüber zu Aaron, der ihn irgendwie nicht aus den Augen zu lassen schien. Was war denn nur mit ihm los?
Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit und er versuchte sich krampfhaft wieder auf das Gespräch mit seiner besten Freundin zu konzentrieren.
„Bitte Süße," bat er sie und sie hustete erneut so heftig, das er selbst das Gesicht verzog. Er musste zu ihr um ihr zu helfen aber das konnte er nur, wenn sie ihm jetzt vertraute.
„Wir sind schon auf dem Rückflug aus Ohio..." sprach er und wand sich dem Unit Chief zu.
„Hotch, weißt du wann wir landen?" fragte er ihn doch sein Gegenüber starrte ihn nur finster an.
„Hotch? Wann landen wir?" versuchte er es noch einmal und schien diesmal zu ihm durch zu dringen.
„In einer halben Stunde..." presste dieser nun mühsam hervor und wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte Spencer annehmen können, dass sein Boss mehr als nur eifersüchtig war. Aber dies war absolut lächerlich, warum sollte er auch?
„Hast du gehört, Ellie? Wir landen in dreißig Minuten und dann nehme ich mir sofort ein Taxi und mach mich auf den Weg zu dir. Gib mir bitte deine Adresse!"
Am anderen Ende der Leitung knackte es verdächtig und Spencer hatte schon Angst, sie hätte einfach aufgelegt doch dann hörte er ihre leise, geschwächte Stimme.
„Anderson Ave 1653.." schluchzte sie herzzerreißend und am liebsten hätte er sie auf der Stelle in seine Arme gezogen doch noch würde dies ein wenig warten müssen.
„Alles klar, meine Süße. Hab bitte keine Angst, ich bin gleich bei dir. Anderson Ave, Nummer 1653...ist notiert," versuchte er sie zu beruhigen aber sie hatte bereits aufgelegt und alles was er noch hörte war das monotone Geräusch der unterbrochenen Leitung.
Sein Herz raste unaufhörlich in seiner Brust, als er das Handy auf dem Tisch vor ihm ablegte und er spürte wie die Sorge um sie, ihn zu überwältigen drohte. Als er jedoch aufsah und in Aarons Gesicht blickte, blieb ihm schier die Luft weg.
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Good Enough
FanfictionEr ist der Unit Chef der BAU, stets korrekt und überaus gewissenhaft. Handelt nach seinen Prinzipien und befolgt die Regeln in jeder Hinsicht. Streng und furchteinflößend wirkt er auf andere doch dann trifft er eine junge Frau, die sein gesamtes Leb...