2. Kapitel

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Clarissa:
Die Sonne glitzerte auf der klaren Oberfläche des Gewässer und die Bäume spiegelten sich im Wasser. Wir traten aus dem Wald und gingen ein paar Schritte im Sand, bis ich mir einfach die Schuhe und Socken von den Füßen riss und im Sand vergrub. Die kühle Nässe tat an meinen verschwitzten Füßen sehr gut und ich sah lächelnd zu Jasper. Dieser sah mich nachdenklich an und mein Lächeln erlosch. «Wie ist es eigentlich, Farbenblind zu sein?»,fragte ich ihn vorsichtig. Er setzte sich neben mich und sah mit traurigen Augen auf den See hinaus. Ich rechnete schon fast nicht mehr mit einer Antwort als er leise sagte:«Stell dir deinLeben als alten Schwarz-weißfilm vor. Sie dir diese Bäume an.» Er zeigte auf die Sträucher an den Ufern des Sees. «Stell dir vor, du weißt nicht welche Farbe sie haben. Du kannst Blatt von Blatt nicht unterscheiden, weil sie in deinen Augen die selbe Farbe haben. Siehst dir den Himmel an und kannst nicht sagen, ob er bewölkt ist oder nicht. Siehst du diese Blumen dahinten?» Sein Finger wanderte ein Stückchen weiter und zeigte nun auf die wilden blauen Orchideen, die ein paar Meter entfernt standen. « Stell dir vor, du siehst Kinder, die diese Blumen bewundern und über die Farben schwärmen. Sie dir diese Farben zeigen wollen und immer mehr Salz in die Wunde streuen, die sie hinterlasse und immer wieder aufreißen, wenn sie über die neueste Mode reden und dich fragen, in du dies oder jenes Top in dieser oder jener Farbe schöner findest. Du im Unterricht Ärgern bekommst, wenn du mit einer Farbe schreibst, die du nicht benutzen darfst. Du Ärger bekommst von Menschen, die nicht verstehen wie du denkst,wie du fühlst, wie du siehst!» Seine Stimme war mit jedem Satz lauter geworden und in seinen Augen schwammen Tränen, die nun von seinen Wangen tropfen. Ich rückte näher an ihm heran und umarmte ihn. So hatte 8ch das noch nie gesehen. Ich hatte immer gedacht, ich würde ihn verstehen. Aber zum ersten Mal verstand ich seine Wut, seine Verzweiflung, seinen Hass. Zusammen saßen wir im Sand und sahen zu, wie die Sonne unterging und die Schatten uns langsam einholten.

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