Kapitel 2

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"Taehyung, Taehyung! Hyung!" Taehyung drehte sich verblüfft zu dem kleinen Jungen um, der ihm keuchend nachrannte. "Taehyung, ich-..." Der Junge bremste ab und stütze sich schwer atmend an seinen Knien ab. Taehyung wandte sich komplett zu ihm und grinste: "Ist etwas, Boram?" Der Kleine sah vorsichtig auf und lächelte ihn unsicher an: "Ich-...ähm, ich kann heute nicht zu Nachhilfe, weil, also-...äh, meine Mama hat Geburtstag und-"
Taehyung unterbrach den Jungen mit einer kleinen Handbewegung. "Kein Problem, sag ihr alles Gute von mir!"
Die Erleichterung war dem Jungen merklich anzusehen. "Danke, Tae!...", keuchte er, fuhr wieder herum und hastete davon.
Yoongi, der stumm neben ihm gewartet hatte, hob die Augenbrauen und stopfte seine Hände in die Taschen. "Du kommst wirklich mit jedem klar...", murmelte er und sah zu Boden.
Taehyung lächelte und klopfte seinem Freund aufmunternd auf die Schulter: "Mach dir keinen Kopf, Yoongi! Du wirst auch Schulsprecher, wenn du nicht so viele Leute kennst... Ich hab mich ja nicht einmal aufstellen lassen, also stehen deine Chancen sehr gut!"
Seit sie in der siebten Klasse gewesen waren, wollte Yoongi Schulsprecher werden. Taehyung hatte ihn noch nie für etwas so schwärmen sehen, wie für diese eine Sache. Sein Freund konnte Nachmittage damit verbringen, an einem Schreibtisch zu sitzen und Dinge aufzuschreiben, die er ändern oder verbessern wollte - und davon gab es eine Menge! Und noch öfter war Yoongi in der Bücherei oder im Internet und suchte Tipps, wie er beliebter werden könnte.
Und trotzdem wurde jedes Jahr nicht er, sondern Kim Seokjin, der Sohn des Direktors, Kim Namjoon's fester Freund und - zu Yoongi's großem Bedauern - sein Halbbruder.
Yoongi murmelte etwas unverständliches, während er weiter neben Taehyung den Gang entlang lief. Sein Freund sah müde aus, der blasse Junge hatte dunkle Ringe unter den Augen und seine sonst so aufwendig gestylten Haare standen ihm wirr vom Kopf ab.
"Du schläfst wohl nicht mehr so gut, was?" Yoongi stöhnte auf und schüttelte den Kopf. "Namjoon ist in letzter Zeit ständig bei Jin... Und es ist uns ja wohl beiden klar, was da abgeht...", sagte er und konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

Auch Taehyung musste lächeln, während die beiden aus der Schule traten

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Auch Taehyung musste lächeln, während die beiden aus der Schule traten.
"Hey, Yoongi!" Sie drehten sich um und sofort verschwand das Lächeln des Angesprochenen.
Jin war aus der Schule aufgetaucht, Namjoon hatte den Arm lässig über dessen Schulter geworfen und grinste dämlich.
"Yoongi, kannst du Mum sagen, dass ich heute bei Joonie schlafe?" Jin lächelte Taehyung's Freund fröhlich wie immer an, während er näher kam.
"Nein, kann ich nicht.", sagte Yoongi und verschränkte die Arme vor der Brust. Sofort verschwand Jin's Lächeln und seine Augen begannen, gefährlich zu funkeln.
"Yoongi..." Der Halbbruder des Jungen blieb kurz vor ihm stehen und ging langsam vor Yoongi in die Hocke. "Du wirst es Mum sagen..."
Taehyung stupste Yoongi ganz leicht an. "Komm, sag es ihr dann einfach..." Er wusste, dass es seinem Freund kaum gut gehen würde, wenn er sich weiterhin weigerte.
Yoongi seufzte leise, drehte sich dann ruckartig um und zog Taehyung am Ärmel mit sich, während Namjoon's leises Lachen ihn verfolgte. "Dieser kleine Idiot, hält sich für was besseres, nur weil er mit dem Arsch da vögelt...", sagte Yoongi und verdrehte die Augen. 
Doch Taehyung hörte ihm gar nicht mehr zu. Sein Blick war auf den kleinen und blassen Jungen gerichtet, der halb von Namjoon verdeckt in der Mitte eines Kreises von älteren Schülern stand und angestrengt zu Boden starrte.                                                                                                                 
Er sah, wie Namjoon die Hand hob, die Haare des offensichtlich Jüngeren packte und seinen Kopf hochzog.                                                                                                                                                                    
Er sah, wie die Augen des Kleinen sich mit Tränen füllten und der diese schnell zusammenkniff, um dies zu verbergen.                                                                                                                                                          
Und er sah, wie einer der Jungen sein spitzes Knie in den Magen des Anderen rammte und dieser daraufhin auf die Knie fiel.                                                                                                                               
"H-Hey! He, was soll das?!" Er lließ den perplexen Yoongi einfach mitten im Satz stehgen und rannte über den Schulhof zu der Gruppe, die sich lachend zu ihm umdrehte. Schlitternd bremste Taehyung vor Namjoon ab und fauchte keuchend: "Bist du behindert, oder was?! Der ist locker drei Jahrgänge unter dir, er weint doch schon fast!"           
Namjoon drehte sich halb zu Taehyung um und hob die Augenbrauen: “Und?“ Er ließ die Haare des kleineren Jungen los, der mit einem leisen Ächzen komplett zu Boden sank und sich schwach krümmte.
“Was 'Und?'?!“, fauchte Taehyung wütend. Seine Augen loderten etwas auf: “Verpiss dich, Namjoon, klar?! Sonst ruf ich die Aufsicht!“
Die Aufsicht, Mr. Fan, war ein ekelhafter Kerl, klein und hager, mit fettigen Haaren und Pickeln, als wäre er gerade noch in der Pubertät, was sich durch seine faltige Haut, die in Lappen von seinen Wangen hing, jedoch leicht wieder ausschließen ließ.
Niemand mochte ihn und noch weniger mochten man seine nervenden Strafen.
Selbst Namjoon nicht, der kurz abwertend lächelnd in Taehyung's ernstws Gesicht sah und dann vor dem dunkelhaarigen Jungen, der weinend am Boden lag, abermals in die Knie ging:
„Kannst froh sein, dass Mister Sunshine so ein loses Maul hat, du Dreckskind~...“, flüstere er beinahe liebevoll, strich über die Wange des Anderen und kam kichernd wieder hoch.
Taehyung starrte Namjoon an und verengte die dunklen Augen leicht, sagte aber nichts mehr.
Er hatte seinen Mund wahrscheinlich schon viel zu weit geöffnet.
„Pass lieber auf, Tae. Die Schatten nachts können sehr dunkel sein, da kann viel passieren...“, sagte der größere Junge immer noch lächelnd, winkte seinen gaffenden Freunden zu, die hämisch grinsend hinter ihm standen, als würden sie auf irgendetwas warten, und verschwand, aufrecht und selbstsicher wie immer.

Taehyung wartete noch einen Moment, dann ließ er die Luft, die er in seine Lungen gepumpt hatte, um wenigstens etwas größer und bedrohlicher zu wirken, mit einem Mal aus und stützte sich auf seinen Knien ab.
Mit einem Mal wurde ihm klar, was er überhaupt getan hatte. Noch nie, wirklich nie, hatte sich jemand getraut, Namjoon zu widersprechen oder jemanden vor ihm zu schützen.
Es war ein unausgesprochenes Gesetz der Schule: Man ließ den Jungen machen, oder man war so gut wie tot.
Oh Gott, was um alles in der Welt war nur in ihn gefahren?! So war er doch sonst nicht!
Aber dieser Junge-

Dieser Junge.

Taehyung zuckte hoch und fiel hastig neben diesem auf die Knie, streckte die schmale Hand vorsichtig aus und schob die Haare des Kleineren von seinen Augen, in deren Wimpern Tränen hingen.
„Bist du okay?“
Was für eine bescheuerte Frage, natürlich war er nicht okay!
Der Kniende schluckte, riss sich dann aber hastig zusammen und schob seine Arme unter die Achseln des Jungen: „Ich helf dir hoch, okay? Und dann wird alles wieder besser!“
Würde alles besser werden? Taehyung's Mund war wie ausgetrocknet, während er dem Anderen hochhalf, dennoch lächelte er ihn an.
„Na, Kleiner? Ich bin Kim Taehyung, und du? Du bist aus dem unteren Jahrgang, nicht?“

„Na, Kleiner? Ich bin Kim Taehyung, und du? Du bist aus dem unteren Jahrgang, nicht?“

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Der kleinere Junge sah furchtbar aus. Sein Auge war blaugeschlagen und seine Lippe aufgerissen, in seinen Haaren hing Staub und sein Gesicht war so blass, dass es fast einem unbeschriebenen Blatt Papier glich.

Und doch war es der schönste Junge, den Taehyung jemals gesehen hatte.                                                                    
„Ich-... Ich bin Niemand, bitte...“

Diese Stimme.

Oh, diese wunderbare Stimme.

Wie hatte Taehyung jemals ohne sie leben können?

Der Junge sah ihm direkt in die Augen und striff vorsichtig seine Hand ab.

Dieser leidende Blick voller Schmerz, den Taehyung nie mehr sehen wollte.

“Bitte, sprich nicht mit mir...“

Und der Junge verschwand, wie Rauch, der in der Luft hochwirbelt, Muster bildet und sich dann langsam auflöst und nie mehr wiederkommt.          

Out Of Time [VKook/NamKook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt