"Hier, trink erstmal was.", ich reiche Alexis meine Wasserflasche, der sie dankend annimmt. Man könnte meinen, dass er ziemlich benommen ist, aber angesichts seines vorherigen Zustands, ist das schwer zu beurteilen.
Mein Blick fällt auf seine Brille, die unversehrt geblieben ist. Bei näherer Betrachtung seines Gesichts, fällt mir auf, dass er eigentlich gar nicht mal so übel aussieht. Mir ist nie aufgefallen, dass er solch' langen Wimpern hat, aber okay, wieso sollte es auch? Nachdem er die Flasche absetzt, fährt er sich mit einer Hand durch's Haar, wodurch sein Pony aus seiner Stirn gewischt wird. Jap, so ohne Brille und mit 'gestylten' Haaren, sieht er kaum noch wie ein Streber bzw. Kleinkind aus. Aber das behalte ich mal lieber für mich.
In der nächsten Runde ist unser Team an der Reihe. Während des Spiels wird der Ball von einigen Idioten immer wieder ziemlich hoch gespielt, was zur Folge hat, dass die Angsthasen unter uns die Augen zusammen kneifen und ihre Arme schützend vor ihren Kopf halten. Will eben keiner wie Alexis enden. "Ach kommt schon, reißt euch gefälligst zusammen!", beschwere ich mich, wobei ich von Justin ausgelacht werde, weil mir eh kein Schwein zuhört. Naja, ist ja auch egal, denn am Ende konnten wir das Spiel doch noch für uns gewinnen. Das nächste Team nimmt das Ganze um einiges ernster, was einen harten Kampf mit sich bringt, doch die Sieger, die werden trotzdem wir sein.
Eine Woche später verbringe ich meine erste Pause mit Miguel, wie jeden Dienstag auch, da wir vorher zusammen im Psychologie Kurs sind. Wir schlendern den Pausenhof entlang und er erzählt mir von dem Konzert gestern Abend, wobei ich keine Ahnung von der Band habe. Nichtsdestotrotz finde ich es ziemlich interessant, vor allem weil ich diese Begeisterung nicht oft an ihm sehe.
Plötzlich bricht er mitten im Satz ab und deutet hinter mich. "Hey, ist das nicht Alexis?" Verwundert drehe ich meinen Kopf in die Richtung, in die sein Finger zeigt. Jetzt weiß ich, wieso er es angesprochen hat. Mein Mitschüler wird gerade von einem Typen am Kragen hochgezogen, sodass er sogar auf den Zehenspitzen stehen muss. Der Typ und vermutlich sein Kumpel sehen ziemlich angepisst aus, aber nicht nur die. Auch Alexis blickt seinem Gegenüber voller Verachtung in die Augen. Oh man, wird er etwa gemobbt?
"Ich schaue mir das mal an.", teile ich Miguel mit, bevor ich zu ihnen hin laufe. Zum Glück scheint kein Lehrer in der Nähe zu sein. "Hey, was ist hier los?", ich greife nach dem Handgelenk des Jungens, der Alexis festhält, und zerre es von ihm weg. "Was willst du? Misch dich nicht ein, man!", macht er mich daraufhin blöd an. "Soll ich etwa einen Lehrer her holen?", schüchter ich ihn etwas ein. Sein Kumpel schaut mich wütend an: "Du tust ja so als wären wir die Bösen. Der Kerl hier hat uns ohne Grund beleidigt." - "Ach, und deshalb wird man gleich handgreiflich? Jetzt verschwindet endlich!", brülle ich ihn an. Solche Idioten aber auch.
"Alles okay bei dir?", erkundige ich mich bei Alexis. "Ja, danke. Ich wäre aber auch alleine klar gekommen.", brummt dieser nur und scheint immer noch sauer zu sein. Einige Meter von uns entfernt, höre ich wie die beiden Typen sich aufregen. "Wetten der war auch so'n Homo?" - "Ja, und sein Freund bestimmt auch." - " Solche Spackos sind hier echt überall. Am liebsten würde ich die Schule wechseln, man. Wehe, ich werde von denen angesteckt." Ach, dahin weht der Wind also. Ich merke wie mein Körper sich langsam anspannt und in mir ebenfalls eine Wut aufsteigt. Kurz überlege ich zu ihnen herüber zu gehen, um ihnen meine Meinung zu geigen, beschließe dann aber, dass es eh nichts bringt. Da Alexis sich wahrscheinlich aus dem Grund mit ihnen angelegt hat, finde ich ihn mit einem Mal sympathischer. Vermutlich sind die über Justin und Trice hergezogen, was mich echt wütend macht.
"Und, was war?", will Miguel von mir erfahren, als ich wieder bei ihm stehe, aber ich zucke bloß mit den Schultern. Er fährt mit seiner Erzählung fort, doch ich höre nur noch mit halbem Ohr zu. Wenn Alexis die selbe Meinung vertritt wie ich, was Homosexualität betrifft, wie kommt es dann, dass er dauernd mit Roger abhängt und die Beiden sich auch noch gut verstehen? Auf unserer letzten Klassenfahrt hat er sich schließlich als arrogant und untolerant herausgestellt.
Kurz bevor die Pause endet, treffe ich zeitgleich mit Justin und Trice im Klassenzimmer ein. Da Luke noch nicht da ist, setzt Justin sich auf seinen Platz neben dem von Trice. "Man, ich habe Hunger. Ich sterbe gleich.", quengelt er. "Warte, du kannst mein Brot haben.", Trice holt sein Essen aus der Tasche heraus und hält es ihm hin. Justin beißt direkt von dem Brot ab, statt es selber in die Hand zu nehmen und fängt anschließend an zu strahlen. "Was würde ich nur ohne dich machen?"
Ich grinse und setze mich auf meinen Platz. Was ist nur los mit den Beiden? Kommt mir fast schon so vor, als würden sie in ihrer eigenen Welt leben. Alexis, der hinter Trice sitzt, lächelt ebenfalls. Das Lächeln vergeht ihm allerdings, als Roger plötzlich eine dumme Bemerkung macht: "Boah, könnt ihr das bitte woanders machen?" Justin sieht ihn verwundert mit vollen Backen an und grinst ihn nach dem Schlucken frech an: "Was denn? Ich esse doch nur. Wenn du weiter rumnervst, dann knutschen wir irgendwann noch auf deinem Tisch herum." Daraufhin wendet sich Roger angewidert ab. Ich pfeife anerkennend. Anscheinend hat Justin neues Selbstbewusstsein dazu gewonnen.
Am nächsten Morgen werde ich überrascht, nachdem ich mich auf meinen Platz setze. Alexis schnappt sich den Stuhl meines Vordermanns und legt seinen Kopf auf seine verschränkten Arme auf meinem Tisch. Er blickt gespannt zu mir hoch und fragt: "Würdest du mir bei etwas helfen?"
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So, jetzt könnt ihr wieder raten, was es wohl sein wird xD
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Observer Falls In Love (BoyxBoy)
RomanceDas was ich am liebsten mache: Andere beobachten und mich in ihre Angelegenheiten einmischen. Deshalb habe ich bisher immer nur meinen Freunden zu ihrem Glück (in der Liebe) verholfen. Doch das ganze Einmischen hat eben zur Folge, dass man näher...