Prolog

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She was drowning but nobody saw her struggle



Der Tränkemeister von Hogwarts rauschte mit wehendem schwarzem Reisumhang den endlos langen Korridor entlang und kam erst kurz vor dem steinernen Wasserspeier, der den Eingang zum Büro des Schulleiters flankierte, abrupt zum Stillstand. Dass Dumbeldore ihn um diese Zeit noch herbestellte passte dem Zaubertrankprofessor gar nicht, doch keine Sekunde später klopfte er energisch mit dem Bronzeklopfer gegen die schwere Eichentür.

„Herein", erklang die etwas brüchige Stimme des Schulleiters hinter der Tür hervor und Severus betrat energischen Strittes das kreisrunde Büro. Die Portraits der ehemaligen Schulleiter und Schulleiterinnen schliefen bereits tief und fest in ihren Rahmen, als Snape mit langen Schritten den Raum durchquerte und auf Dumbledores Aufforderung hin auf dem hölzernen Stuhl hinter dem Schreibtisch platznahm.

„Was gibt es, Schulleiter? Sie wollten mich sprechen?", fragte er und konnte den süffisanten Unterton nicht ganz aus seiner Stimme verbannen. Dumbledores strahlend blaue Augen musterten den Zaubertrankprofessor einen Moment lang, ehe er die oberste Schulbade seines Sekretärs öffnete und eine Packung Lakritzschnnapper hervorkramte. „Wollen Sie einen, Severus?"

„Nein, danke", knurrte Severus, während Dumbledore schmunzelnd einen Lakritzschnapper aus der Packung fischte und sich anschließend Däumchen drehend in seinem bequem aussehenden Schreibtischstuhl zurücklehnte.

Er musterte Severus kurz ernst über den Rand seiner Halbmondbrille hinweg und öffnete anschließend eine weitere Schublade seines Schreibtisches und zog einen dicken Umschlag hervor. Er warf noch einen kurzen Blick auf den Absender, ehe er Severus den Brief überreichte. „Der ist für Sie", sagte er beinahe feierlich und der Tränkemeister hätte dem Schulleiter am liebsten den Brief aus der alten, langfingrigen Hand geschlagen und somit vielleicht das stete Lächeln aus seinen freundlichen Augen gewischt.

„Und was ist das, wenn ich fragen darf?", sagte Snape mit hochgezogener Augenbraue ohne den Brief eines Blickes zu würdigen.

Dumbledore gluckste. „Nun wie wäre es, wenn sie einen Blick hineinwerfen, Severus?", fragte er amüsiert und bedachte seinen Zaubertrankprofessor mit funkelndem Blick.

Mit einem unwirschen Kopfrucken, streckte Severus eine Hand nach dem Brief aus und entriss ihn dem Schulleiter. Mit zusammengezogenen, dunklen Augenbrauen erhob er sich von seinem Sitzplatz, zog den Zauberstab und ließ diesen kurz spielerisch durch seine schmalen, blassen Finger gleiten. Er drehte dem Schulleiter den Rücken zu, ehe er mit einem kurzen Wink seines Zauberstabes und einem leisen Murmeln den Brief aufschlitzte und das Schreiben hervor zog. Seine dunklen Augen huschten über den Brief und Zeile um Zeile, die er las verengten sie sich immer mehr zu Schlitzen, ehe er sich schließlich mit zornfunkelndem Blick zu Dumbledore umdrehte.

„Sie war schwanger?", bellte er und der Brief in seiner schlanken Hand erzitterte. „Und ich habe nichts davon gewusst!"

„Wie auch?" Dumbledore betrachtete ihn ernst. „Das Kind ist in Amerika zur Welt gekommen und dort aufgewachsen. Von ihrer Mutter fehlte bis vor kurzem jede Spur."

Severus fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und starrte durch die hohen Bürofenster nach draußen auf die in der Dämmerung daliegenden Schlossgründe. Der letzte blutrote Hauch der Abendsonne hing noch über den Wipfeln des Verbotenen Waldes. Severus Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich. Aber wie konnte das sein? Da war doch nur eine einzige Nacht gewesen... Eine einzige, einsame Nacht, in der er Lily hinterhergetrauert hatte, die er endgültig verloren geglaubt hatte, und in einem plötzlichen Impuls mit einer ihrer Klassenkameradinnen vorliebgenommen hatte, um sich über den Verlust ihrer nichtvorhandenen Liebe hinwegzutrösten. Hatte gehofft, dass an ihr noch ein Hauch Lily hing. Ein winziger Hauch eben. Weil sie eine Gryffindor gewesen war. Weil sie genauso stur gewesen war wie Lily und genau so naiv. Weil sie Lilys Klassenkameradin gewesen war. Weil sie ebenso helle Haut und ebenso duftendes, dichtes Haar gehabt hatte wie Lily Evans. Und wenn er die Augen geschlossen hatte, dann waren da nur noch grüne, funkelnde Augen und nicht jene dunklen, braungoldenen, die er eigentlich vor sich hatte... Das musste ein Fehler sein, ein Irrtum.

„Severus", Dumbledores heisere Stimme holte ihn in die Wirklichkeit zurück, „das hätte ich Ihnen nun wirklich nicht zugetraut, mein Lieber", sagte er lächelnd. Er lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück und musterte seinen Zaubertrankprofessor über den Rand seiner halbmondförmigen Brillengläser hinweg. „Wie alt ist sie jetzt? Vierzehn? Fünfzehn?"

„Fünfzehn", bellte Snape. „Fünfzehn verdammte Jahre und niemand hält es für wichtig, mich darüber zu informieren?", rief er nun und seine dunkle Stimme hallte in dem kreisrunden Büro nach. „Das muss ein Irrtum sein, Dumbledore, ich habe keine Tochter." Er hatte die Hände zu Fäusten geballt und seine Augen blitzen gefährlich in Richtung des Schulleiters. „Es ist ein Trick, das kann nicht sein. Ich würde niemals ein Kind in diese Welt setzen, das wissen Sie!" Ja, so musste es sein. Severus straffte die Schultern. Es war ein ganz klarer Irrtum. Aber noch während er sich gänzlich zu dem Schulleiter umdrehte, wusste er, dass es nicht so war, denn Dumbledores blaue Augen sprachen Bände.

„Caitlin Fenwick war nach Amerika geflohen, nachdem ihre beiden Brüder in der Widerstandsbewegung gegen Lord Voldemort in seiner ersten Schreckensherrschaft ermordet worden waren", sagte Dumbldore ruhig. „Sie floh, um sich selbst und ihre ungeborene Tochter zu schützen, denn schließlich hatte Voldemort bereits zwei ihrer Familienmitglieder umgebracht. Die Fenwick-Geschwister haben sich immer sehr nahe gestanden. Nachdem man Benjys Leichnam nur noch in Stückchen vorgefunden hatte, drängte der jüngere William Caitlin dazu, das Land zu verlassen, aber sie weigerte sich. Erst als auch ihr anderer Bruder zwei Wochen später durch die Hand von Todessern starb, folgte sie seinem letzten Willen und floh schließlich nach Amerika. Benjy und William waren Musterschüler damals in Hogwarts und für den ersten Orden des Phönix' unentbehrlich. Ihre Schwester war ebenfalls sehr begabt. Du hättest mal in den Genuss einer ihrer Flederwicht-Flüche kommen sollen." Dumbeldore lächelte selig, in Erinnerung schwelgend.

„Das ist mir bekannt", knurrte Severus. „Ich wusste nur nicht, dass sie so lange am Leben geblieben ist, wo ihre Brüder doch so früh den Todessern erlegen sind."

„Caitlin wurde vorletzte Woche vor das Zaubergamot in London gerufen, um in dem Fall McKinnon erneut auszusagen, der wieder ans Licht befördert wurde. Du kannst dich doch sicher noch an Marlene McKinnon und das schreckliche Schicksal, das ihre Familie ereilte, erinnern, nicht wahr? Sie war schließlich in deinem Jahrgang und in Gryffindor."

Und ob er sich erinnerte. Wie könnte er auch nicht. Sie war Lilys beste Freundin gewesen. Severus schluckte leer. „Ja, selbstverständlich", schnarrte er kühl.

„Nun ja", fuhr Dumbledore fort, „nachdem sie jedenfalls am
Nachmittag ausgesagt hatte, fand man sie keine zwei Stunden später tot in einer Seitenstraße der Winkelgasse nahe von Florean Fortescues Eissalon auf..." Er seufzte und sah mehr denn je alt und gebrechlich aus. „Die Todesser fanden sie, noch bevor sie den Tropfenden Kessel erreichte und den Portschlüssel nehmen konnte, der sie zurück nach Amerika gebracht hätte. Und so kam es, dass der 17h-Portschlüssel ohne Caitlin Fenwick startete..." Dumbledore faltete die Hände andächtig über der Tischplatte zusammen und musterte Severus ernst aus strahlend blauen Augen.

Doch Severus ging ihr Tod nicht nahe. Er fühlte nichts. Sie war ihm niemals wichtig gewesen. Nur ein einfältiges, mittelmäßig hübsches Mädchen mit wildem Lockenhaar, hängenden Schultern und leichtem Hang zur Tollpatschigkeit. Gryffindor obendrein und zu allem Übel hatte sie auch noch Jahre damit vergeudet, indem sie diesem nichtsnutzigen Black verfallen war, der dies allerdings all die Zeit nicht bemerkt zu haben schien. Dieser arrogante Hund. Und in einem Punkt waren sich Caitlin und Severus gleich gewesen: Sie beide liebten jemanden auf die verzweifelste und innigste Weise, wie es überhaupt möglich war, und beiden wurde diese einseitige Liebe anderseits verwehrt. Beide fanden sie schließlich einen Tropfen Genugtuung in einer Nacht, als der Schmerz am tiefsten saß. In der Nacht, in der James Potter Lily Evans heiratete und Sirius Black ihr Trauzeuge wurde und mit Marlene McKinnon zusammen kam, in jener Nacht liebten sie sich. Für kurze Zeit. Und in dieser verhängnisvollen Septembernacht im Jahre 1979 passierte etwas... Etwas von dem niemand -am allerwenigsten wohl Severus Snape selbst- gedacht hätte, dass dies jemals Wirklichkeit werden könnte.... Aber von diesem Zeitpunkt an, wuchs in Caitlins Bauch ein Kind heran. Sein Kind.

Snapes Tochter: Ein Teil von mir Where stories live. Discover now