Traumgespinste

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Her eyes, they used to shine so bright

Die beiden großen, breitschultrigen Gestalten in den schwarzen Kapuzenumhängen kamen immer näher. Sie machten einen letzten, bedrohlichen Schritt auf die am Boden liegende Frau zu, die sich unter Schmerzen krümmte und ihr dichtes, dunkles Haar war verklebt von ihrem eigenen, geronnenen Blut. „Bitte", wisperte sie. „Ich weiß nicht, wo er ist. Er ist doch tot."

Der größere der beiden Todesser lachte höhnisch und dunkel auf. Silbrig blondes, mondhelles Haar lugte schimmernd unter der Kapuze hervor und als er sprach, war seine Stimme dunkel und voll. „Willst du mich zu Narren halten, Fenwick?" Er trat einen Schritt auf die zierliche Frau zu, deren Atem immer flacher ging. „Du willst mir weismachen, dass du nicht weißt, wo dein eigener Bruder sich aufhält?" Die goldbraunen Augen der Frau glänzten und sie blinzelte in die späte Nachmittagssonne. Der große, blonde Todesser ragte wie ein unheimlicher Schatten über ihr empor und verdeckte die Sonne. An ihren langen dunklen Wimpern hingen zwei einsame Tränen. „Bitte, ich habe es Ihnen doch gesagt, ich weiß nicht, wo er ist. Er ist tot. Das stand doch vor vielen Jahren in den Zeitungen. Er ist tot, Ihre eigenen Leute... Sie haben Ihn umgebracht. So wie Sie Benjy umgebracht haben."

Sie rang verzweifelt nach Luft, als der andere Todesser, der bis jetzt kein Wort gesprochen hatte, ihr einen Tritt mit seinen schwarzen Drachenlederstiefeln verpasste. „Lüg nicht, du elende Blutsverräterin", zischte er und beugte sich so tief zu ihr hinab, dass der jungen Frau sein herber Minzatem entgegenschlug. Er umfasste mit seiner großen, behandschuhten Hand grob ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen. Hinter seiner Todessermaske blitzten ihr zwei kalte, hellblaue Augen entgegen. „Du hättest nicht herkommen sollen... Aber deine Freunde lagen dir immer sehr am Herzen und die McKinnons waren deine Freunde, nicht wahr... Caitlin... ?" Er sprach ihren Namen beinahe zärtlich aus. „Avery?" Ihre Stimme klang brüchig. „Bist du es?" Sie probierte, sich aufzurichten, doch scheiterte bei dem Versuch. „Hast du etwas von Severus gehört?" Auf einmal klang sie aufgeregt und ihre matten, bernsteinfarbenen Augen blitzen hoffnungsvoll auf. „Ist er in Hogwarts?"

„Schweig still, Fenwick", der blonde, aristokratische Zauberer verpasste ihr einen kurzen Tritt mit der Spitze seiner sündhaft teuren Schnallenstiefel.

Doch der jüngere, kleinere der Todesser war nachdenklich geworden. „Was interessiert dich Snape?", blaffte er Caitlin an, die jetzt nervös ihre Lippen benetzte. „Dich wird noch heute Abend das gleiche Schicksal wie Evans, McKinnon und all die anderen ereilen, Fenwick", sagte er leise und genoss den Anblick der Angst in ihren Augen, die von Sekunde zu Sekunde wuchs.

„Wie bist du nur so kalt geworden, Avery? Was ist nur aus dir geworden?" Sie lächelte beinahe sanft. „Und ich dachte, wir wären Freunde gewesen..."

„Freunde?" Er spuckte ihr ins Gesicht und ihr Lächeln erlosch. „Du denkst wirklich, ich könnte jemals mit so einer wie dir befreundet sein? Einer missratenen Blutsverräterin? Einer dreckigen Gryffindor? Einer Black-Anbeterin?"

„Ich weiß, dass ich dir nicht egal bin, Avery", sagte sie leise. „Du schuldest mir etwas... Bitte sag mir nur, ob Severus noch am Leben ist, ich muss wissen, ob-"

Er trat ihr mitten ins Gesicht. Ihr Kopf schlug in einem unnatürlichen Winkel nach rechts und das Kopfsteinpflaster der schmalen Gasse färbte sich rot an der Stelle, wo ihr Kopf gegen den holprigen Stein geschlagen war. Sie schrie leise auf. Er grub seine Hände tief in ihr duftendes, schönes Haar. „Ich schulde dir gar nichts, Fenwick, du hast mich hintergangen und das werde ich dir niemals verzeihen... niemals", zischte er so leise an ihrem Ohr, dass selbst sie seine Worte nur mühsam durch die Wellen von Schmerz hindurch, die ihren Körper durchwallten, verstehen konnte. „Sie sind alle tot, deine angeblichen Freunde. Es war ein Fehler, heute Abend herzukommen, hübsche Cat." Er strich ihr grob über die aufgeplatzten Lippen.

„Ich hätte dich gewollt, Cat", murmelte er wie ihm Wahn, „ich hätte dich genommen... Hätte dir deine Unarten ausgetrieben und dich vielleicht sogar zu meiner Frau gemacht... Der Dunkle Lord verschwendet nicht gerne reines Blut und deines ist makellos, aber du ziehst es trotzdem vor, unverheiratet zu bleiben ... Denn du hast dein Herz an Sirius Black verschenkt und er wusste nicht einmal, dass du existierst... Fühlst du den Schmerz, kleine Cat, fühlst du ihn noch immer nach all den Jahren? Gut! Dann weißt, du wie es sich anfühlt. Du hast einen schweren Fehler begangen und dafür wirst du nun mit dem Leben bezahlen. Auch deine Brüder haben Schande über den Namen Fenwick gebracht und mit dem Tod bezahlt..." Er ließ von ihr ab. „Und jetzt, verneige dich vor dem Tod, Caitlin Fenwick, letzte Überlebende deines mächtigen Stammbaums!"

Er hob den Zauberstab, doch da machte der hochgewachsene, blonde Zauberer einen Schritt nach vorn. „Nein", zischte er und seine Stimme drang gedämpft hinter der Maske hervor. „Hast du vergessen, warum wir hier sind?"

Avery bedachte den hochgewachsenen Mann einen Moment mit einem lauernden Blick. „Na schön, dann mach du eben die Drecksarbeit, Lucius", sagte er abfällig und trat zur Seite. „Ich habe keine Lust, mir die Hände schmutzig zu machen. Du hast sie gehört, sie weiß nichts, also lass uns die Sache beenden und von hier verschwinden. Ich ertrage ihren jämmerlichen Anblick nicht eine Sekunde länger. Töte sie einfach." Er wandte sich angewidert ab und seine Worte trieben Caitlin nun doch die Tränen in die Augen.

Lucius Malfoy aber betrachtete die Frau einen Moment lang, die dort vor ihm auf dem Boden lag, in einer Lache aus ihrem eigenem Blut, die goldbraunen Augen schon fast erloschen und so schutzlos, dass es selbst ihm schwerfiel, den Zauberstab zu erheben. Aber er war nicht so töricht, sich gegen einen ausdrücklichen Befehl des Dunklen Lords zu stellen. Also richtete er die Spitze seines Zauberstabes direkt auf ihr bleiches Gesicht und drang in ihre Erinnerung ein. Lucius hasste Legilimentik. Sie wehrte sich nicht einmal gegen ihn. Schon bald ließ er von ihr ab. „Sie weiß nichts." Caitlin ließ erleichtert die angestaute Luft aus ihren Lungen entweichen. Sie war noch nie gut in Okklumentik gewesen, Severus war da anders, doch diesmal hatte sie es geschafft, das zu verbergen, von dem niemand etwas wissen sollte. Denn sollte Lucius Malfoy oder sonst wer, von ihrer Tochter erfahren, wäre das ihr sicheres Todesurteil.

Ihre Lungen füllten sich ein letztes Mal mit Londons lauer Spätsommerluft. Sie atmete nicht mehr, als sie das Sirren des Todesfluches in ihren Ohren hörte und sah auch nicht, wie die Todesser disapparierten und Avery sie ein letztes Mal ansah, die blauen Augen kalt und blank. Sie lächelte. Sie kannte Avery zu gut. Das Blitzen in seinen Augen, als sie Severus' Namen ausgesprochen hatte, war eindeutig gewesen. So wusste sie wenigstes, dass er am Leben war und dass ihre Tochter nun endlich nach all den Jahren ihren Vater kennenlernen würde.

Sie dachte an Sirius und daran, dass sie ihn noch immer liebte, obwohl sie spürte, wie das Leben aus ihr wich. Und sie hörte den Avada Kedavra in ihren Ohren sirren und es kam ihr alles vor wie in Zeitlupe, obwohl der Fluch eigentlich in Lichtgeschwindigkeit auf sie zuraste. Wie gerne hätte sie noch einmal in seine grauen Augen geblickt, ihn dabei beobachtete wie er allen Mädchen nachstellte, außer ihr, wie er sich dabei verwegen das schwarze Haar aus der Stirn strich und dabei unverschämt gut aussah... Sie liebte Sirius Black noch immer und hatte nie einen anderen geliebt. Aber er kannte noch nicht einmal ihren Vornamen. Sie war immer nur die kleine, stumme Schwester der Fenwick-Brüder gewesen. Avery hatte recht: Er wusste wahrscheinlich nicht mal, dass sie überhaupt existierte.

Seltsam, dass das ihre letzten Gedanken sein würden. Das war das einzige, was sie je mit Severus Snape verbunden hatte: Die unerwiderte Liebe und der Schmerz, der damit einherkam. Ihr ganzes Leben hatte sie damit zugebracht, mit dem Schmerz. Und Severus hatte ihren verzweifelten, zerfleischenden Schmerz geteilt. Lily Evans war das atemberaubendste Mädchen der ganzen Schule gewesen. Alle hatten ihr hinterhergestarrt, wenn sie durch die Gänge stolziert war, ihr dichtes, dunkelrotes Haar über die Schulter geworfen hatte und so bezaubernd gelächelt hatte, dass einem warm ums Herz wurde. Und ihre funkelnden, hellgrünen Augen, die so voller Güte und Liebe gewesen waren... Caitlin bedauerte Lily um ihr Schicksal, doch mehr noch bedauerte sie sich selbst. Vielleicht waren die Mutigsten diejenigen, die als erstes von dieser Welt Abschied nehmen mussten. Der Wind fuhr ihr leise und geheimnisvoll durchs Haar. Der strahlend blaue Himmel über ihr ließ sie an Averys Augen denken. Sie schloss die Augen, unwissend, dass sie sie nie wieder öffnen würde.

Rund 4000 Meilen entfernt wälzte sich Mallory unruhig in ihrem Bett hin und her. Die Nacht hing indigoblau über den Dächern North Carolinas. Sie schreckte schweißgebadet zusammen und richtete sich im Bett auf. Ein schwarzer Uhu hockte auf dem offenen Fenstersims und die hellen Vorhänge wogen sachte in der nächtlichen Brise hin- und her. Der Kauz hielt einen amtlich wirkenden Brief im Schnabel. Vorsichtig strich Mallory sich das wirre Haar aus dem Gesicht, schob das dünne Bettlaken beiseite und schwang die Beine über die Bettkante. Auf nackten Füßen tappte sie leise durch das stille Zimmer und streckte die Hand nach dem Brief auf. Als sie den Brief entgegen genommen hatte, stieß der Vogel einen spitzen Schrei aus, stieß sich vom weißen Fensterrahmen ab und segelte mit ausgebreiteten Schwingen in die Nacht hinein. Mit klopfendem Herzen brach Mallory das dunkelrote Siegel auf und entfaltete das Schreiben. Ihr stockte einen Moment der Atem. Der Brief kam aus London.



Soo, das war noch ein eine Art "Prolog". Die folgenden Kapitel werden dann um einiges länger. Eigentlich hatte ich dieses kurze Kapitel gar nicht geplant, aber gestern sind die Worte nur so aus meiner Feder geflossen (:D) und dann musste ich es einfach mit einfügen...
Im nächsten Kapitel treffen unsere beiden Protagonisten dann aufeinander! Mal sehen, was Snape so von seinem Töchterchen halten wird :D
Hinterlasst mir gerne einen Kommentar, wenn es euch gefallen hat!

Snapes Tochter: Ein Teil von mir Where stories live. Discover now