Mein Mund ist trocken. Ich schlug die Augen auf. Ich sah Andrew direkt vor mir liegen, der mit einem Arm unter dem Kopf friedlich neben mir schlief.
Ich schaute auf den Wecker.
3:56Uhr.
Noch mindestens 4 einhalb Stunden bis jemand wach war.
Ich drehte mich um. Der Sekundenzeiger meiner Wanduhr tickte.
Tick. Tick. Tick. Tick.
3:57 Uhr.
Ich drehte mich wieder um. Andrew lag noch in der gleichen Position wie eben.
Ich drehte mich auf den Rücken.
Der Sekundenzeiger schien ewig zu brauchen, um einmal rund zu laufen.
3:58 Uhr.
Eine Katze miaute draußen.
Tick. Tick. Tick.
Ein Auto fuhr auf der Hauptstraße vorbei.
Stille.
3:59 Uhr.
Mein Mund war immer noch trocken.
Ich entschied mich etwas trinken zu gehen. Also stieg ich, im Schein des Mondlichtes vorsichtig aus meinem Bett. Um Andrew nicht zu wecken, machte ich kein Licht sondern wartete einen Augenblick, um mich an ganz an die Dunkelheit gewöhnt zu haben und zog meine grünen Plüschpantoffeln an.
Dann öffnete ich leise meine Zimmertür und ging durch den Flur.
Mein Zimmer lag am Ende des Flurs, sodass ich auf meinem Weg in die Küche erst an dem Zimmertür meines Bruder vorbeikam und dann an der meiner Eltern.
Ich hörte die Standuhr im Wohnzimmer leise Leuten. Jetzt waren es 4:00.
Die Tür meines Bruders war nur angelehnt und ich machte sie ein Spalt breit auf. Sie knackte einmal Laut, wodurch ich zusammenzuckte.
Ein dunkler Schemen war auf seinem Hochbett zu erkennen, der sich langsam hob und senkte.
Ich blieb ein paar Minuten stehen und beobachtete, wie er ruhig atmete.
Es beruhigte mich ungemein, ihn so friedfertig in seinem Bett schlafen zu sehen und wieder einmal wurde mir bewusst wie sehr er mir am Herzen lag.
Auch wenn er mir manchmal ziemlich auf die Nerven gehen und echt einen auf stur machen konnte, war er für mich perfekt.
Leise schloss ich die Tür wieder und ging auf die, meiner Eltern zu.
Sie war verschlossen aber nicht abgeschlossen. Meine Eltern schlossen nachts nie die Türe ab aus Gewohnheit.
Früher war ich, wenn ich Albträume gehabt hatte, zu Ihnen ins Bett gekrabbelt und hatte dort dann die restliche Nacht geschlafen.
Und nachdem ich das nicht mehr gebraucht hatte, wurde mein Platz von Ben eingenommen.
Jetzt war ein Schnarchen von meinem Vater und leises Atmen von meiner Mutter im Bett inneren des Zimmers zu hören.
Ich ging weiter.
Die Dielen knarzten nachts lauter als tagsüber, jedenfalls kam es mir so vor.
In der Küche öffnete ich den Kühlschrank und holte eine Flasche frischen Apfelsaft heraus.
Genau das, was ich jetzt brauche.
Das kalte Licht, des Kühlschrankes beleuchtete die Küche nur teilweise, sodass ich meinte, in jedem Schatten eine Gestalt zu sehen.
Ich bekam eine Gänsehaut und ich wurde hellhörig. Das kleinste Geräusch, sei es selbst der Kühlschrank, jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Schnell holte ich ein Glas aus dem Schrank über der Spüle und goss mir etwas von dem Apfelsaft ein.
Im Glas sah er gar nicht mehr so gelblich aus, sondern eher wie Wasser, aber das lag wahrscheinlich am Licht.
Ich lehnte mich gegen die Spüle, setzte das Glas an die Lippen und trank den ersten Schluck.
Es schmeckte nach einer Mischung aus Blut und Teer. Vor Schreck und Ekel ließ das Glas fallen, welches mit einem ohrenbetäubenden klirren auf den Boden aufschlug, und in tausend Scherben zersprang, die quer über den Küchenboden flogen.
Ich musste würgen von dem ekelhaften Geschmack und starrte auf die Stelle, an der ich das Glas fallen gelassen hatte.
Es hatte sich eine große Pfütze aus einer rot-schwarzen, dickflüssigen Flüssigkeit gebildet. Sie schimmerte und glänzte metallisch.
Die dunkelrote Flüssigkeit breitete sich immer weiter aus und erreichte meine grünen Pantoffeln.
Panik stieg in mir auf.
Ich konnte mich nicht von der Stelle bewegen. Meine Beine waren wie festgeklebt.
Die Flüssigkeit durchtränkte meine Pantoffeln, welche schwarz wurden.
Mein Herz raste.
Sie kroch meine Beine hoch, dann über meinen Oberkörper und umschloss meine Arme.
Überall dort wo sie war, gefror mir das Blut in den Adern. Es wurde kalt, und ich wollte nach Hilfe schreien doch es ging nicht.
Meine Eltern würden nichts mitbekommen.
Die Flüssigkeit war an meinem Hals angelangt und ließ meine Stimmbänder erstarren.
Ich merkte wie es an meinem Hinterkopf kalt wurde und wie meine Haare überzogen wurden. Es lief an meiner Stirn hinab und tropfte auf meine Schläfen.
Es brannte in meine Augen. Ich konnte nichts mehr sehen.
Mir wurde schlecht und eine eisige Gewissheit ergriff mich.
Alleine gab es keinen Ausweg, doch es würde keiner kommen, um mich zu retten.
Andrew schlief in meinem Bett mit seinem Arm unter seinem Kopf während ich wie eine Schokoladentorte überzogen wurde. Nur, dass es keine Schokolade war, sondern eine zähe Substanz, die mich Umbrachte.
Dann schmeckte ich wieder diesen Geschmack im Mund.
Ich konnte nicht atmen, bekam keinen Sauerstoff. Meine Ohren dröhnten.
Die Flüssigkeit verbrannte meine Atemwege.
Mir wurde so schwindelig, dass ich hätte umkippen müssen, doch mein Körper fühlte sich an wie ein Brett.
Und dann hörte ich sie. Die Stimme des alten Mannes die ich schon mal gehört hatte.
Ich wusste nicht wer er war und ich verstand seine Worte nicht. Es war keine mir bekannte Sprache.
Sie waren verzerrt und hörten sich fremdartig an.
Wie eine Art Gesang, doch es wirkte beruhigend, ja fast einschläfernd.
Auch wenn ich gerade dabei war zu erstickten und kurz vor dem Tod stand wurde meine Angst von diesen fremden Tönen weggetragen. Wie ein sanfte Briese im Sommer, die über die Weizenfelder streift und die Sommerhitze erträglicher macht.
Alles war plötzlich leichter. Der Weg hinab fühlte sich leicht an, als ob man auf Wolken gehen würde.
Ein Weg aus Wolken in die unergründliche Tiefe. Und diese Tiefe zog mich an, wie ein großer Sog. Sie rief nach mir und ich ich folgte ihrem ruf.
Tiefer und tiefer. Immer weiter.
Und dann spürte ich nichts mehr. Es gab nur noch Dunkelheit.
Aber diese Dunkelheit war anders.
Sie war absolut. Sie war nicht kalt und auch nicht warm.
Es gab keinen Mond, der in irgendein Fenster schien, oder Sterne am Himmel, die auf einen herabschauten.
Es gab nicht einmal ein Oben, Unten, Links oder Rechts.
Dann wurde die Dunkelheit von einem Nichts abgelöst.
Und mich gab es auch nicht mehr.
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Change - eine unentdeckte Macht wartet auf dich
FantasiaDie 17 jährige Amanda Wilson lebt in einem ruhigen Stadtteil. Sie führt eigentlich ein normales Leben, mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einer kleinen aber feinen Mietwohnung, doch eines Abends kommt es zu einem schicksalhaften Zwischenfall, der...