»Die Königin! Ha, sicher, und du bist ein berühmter Rockstar«, lache ich und stupse ihn spielerisch an, während er die Tür öffnet. »Hör auf, zu scherzen, Aspen. Nur, weil ich eine kleine Kopfverletzung habe, heißt das nicht, dass ich eine Idiotin bin.«
»America, ich meine es ernst«, sagt Aspen und schließt die Tür hinter mir. Sein Gesicht ist blass, seine Augen sind leer und ausdruckslos. Er sieht aus, als würde ihm etwas Schmerzen bereiten.
Ich seufze und entscheide mich dafür, ihn zu ignorieren. Stattdessen sehe ich mich im prachtvollen Schlafzimmer um. Dort sind Wandteppiche, die an den Wänden hängen, golden gerahmte Bilder überall verteilt, elegante Möbel füllen den Raum. Alles ist in warmen, gemütlichen Farbtönen gehalten, mit goldenen Farbtupfern hier und da. Das Bett ist gewaltig und darauf liegen weiche, zusammen gelegte Bettdecken, und es läuft aus in ein schönes, hölzernes Kopfende. Das Zimmer ist atemberaubend. »Abgesehen von der Tatsache, dass wir wahrscheinlich nicht hier sein sollten«, sage ich und blicke mich nach Aspen um, der in der Tür stehen geblieben ist, »ist das unglaublich.« Ich fahre mit meiner Hand über die weichen Decken und lächele über das sanfte Gefühl des Stoffes unter meinen Fingerspitzen. »Nein, aber ernsthaft, wir sollten gehen. Wenn Königin Amberly und König Clarkson hereinplatzen, wird man uns köpfen lassen.«
»America, hör mir zu«, sagt Aspen, läuft zu mir hinüber und packt bei den Schultern. Seine Eindringlichkeit erschreckt mich, dennoch schüttele ich ihn nicht ab. Da ist etwas entsetzlich Ehrliches an dem Ausdruck in seinen Augen, das mich innehalten lässt. »Das ist kein Witz. Amberly und Clarkson ... sie sind tot, America. Sie starben vor fünf Jahren. Maxon ist jetzt der König. Und du ...« Er verstummt allmählich, als ich an ihm vorbei an die Fotowand luge. Ich schubse ihn zur Seite, trete näher an die Wand und betrachte die vielen, unterschiedlichen Sofortbilder unschlüssig.
Dort sind um die zwanzig verschiedene Fotos. Ich bin auf diesen Bilder zu sehen, in einem Hochzeitskleid. Ich halte ein Baby. Lache mit einem Mädchen, das ich nicht kenne. Drücke May an mich. Die Hälfte der Bilder zeigt mich, aber diese America ist eine Fremde. Ich kenne das Mädchen auf diesen Fotos nicht.
Und es gibt Einige von mir mit Maxon. Bilder von mir und dem gottverdammten Prinzen. Wir lachen zusammen, lächeln einander an, tanzen in einem Ballsaal. Er hält ein kleines Mädchen in den Armen. Er sitzt in den Gärten. Er versucht, Violine zu spielen. Er zupft sich über den Tisch hinweg am Ohr. Er trägt eine Krone.
Genauso wie ich.
Ich trage die Krone der Königin.
Oh Gott.
Außerstande, das alles zu verarbeiten, stolpere ich nach hinten und sehne mich danach, hier wegzukommen. In meiner Eile falle ich rückwärts und Aspen fängt mich auf. Er trägt mich wortlos hinüber zum Bett, wo er mich absetzt, sich vor mir hinkniet und meine Hände faltet. »Aspen ... bitte sage mir, dass das ein Traum ist«, murmele ich, doch ich fürchte mich davor, seinem Blick zu begegnen.
»Ich weiß, das ist schwer, Mer, aber du musst zuhören. Vieles ist geschehen, das du vergessen hast. Es gibt eine Menge, das du verstehen musst, aber das musst du. Du musst dein Leben verstehen, okay?« Seine Stimme ist leise und sanft, tröstend und vertraut. Er beruhigt mich sofort und lässt mich so beinahe die seltsamen Bilder an der Wand vergessen. »Möchtest du, dass ich es erkläre oder möchtest du lieber, dass Maxon es tut? Oder deine Mutter?«
Dass Maxon ihm so leicht über die Lippen kommt, erschüttert mich. So, als hätte er diesen Namen eine Million Mal gesagt. Vielleicht hat er das. Vielleicht habe ich das.
»Du«, flüstere ich sofort. Trotz der Bilder, die meine Beziehung mit Maxon beweisen, habe Angst davor, ihn zu sehen. Ich weiß nicht, wer er ist, wie er ist, was er von mir denkt. Ich bin noch nicht bereit, mit ihm zu sprechen.
»Gut«, sagt er und drückt meine Hand. Ich tue es ihm gleich, darum kämpfend, die Tränen zurückzuhalten, während Aspen anfängt, meine Lebensgeschichte zu erklären. »Ich nehme an, deine Erinnerung gehen bis zu dem Zeitpunkt zurück, an dem wir ausgegangen sind? Na ja, das Casting stand bevor und wir sind in einen Streit geraten. Wir haben Schluss gemacht, Mer. Es war dumm, aber wir haben es trotzdem getan. Und deine Mom hat dich dazu gebracht, am Casting teilzunehmen, weißt du, für Geld und dergleichen. Niemand hat gedacht, dass du ausgewählt würdest. Zur Hölle, du wolltest nicht teilnehmen. Du hast es nur für deine Familie getan. Aber dennoch ... du hast es getan, Mer. Du wurdest auserwählt und bist zum Palast aufgebrochen. Und Maxon ... Maxon hat sich in dich verliebt, gleich zu Anfang. Zuerst hast du ihn nicht gemocht, Mer, aber er ist dir ans Herz gewachsen«, erklärt Aspen. Er fährt fort, spricht darüber, wie ich mehrfach fast ausgeschieden wäre. Er erzählt mir, dass ich ich mich zu Beginn des Wettbewerbs mit Maxon verbündet habe. Er spricht davon, wie einige der anderen Mädchen meine Freundinnen wurden; dass das Mädchen auf einem der Bilder, Marlee, meine engste Freundin ist. Er sagt, dass er zum Wehrdienst eingezogen und zum Palast geschickt wurde. Er erzählt darüber, wie wir unsere Beziehung vor Maxon verborgen haben, doch dass er das schließlich herausfand. Er spricht von der Rebellenattacke, in der der König und die Königin getötet wurden. Er teilt mir mit, wie er sich in meine Zofe, Lucy, verliebte und sie letztendlich heiratete. Und er erzählt mir, dass mich Maxon ausersehen und erwählt hat. Mich geheiratet und zur Königin gemacht hat.
Als er geendet hat, weine ich. Trauere dem Leben nach, an das ich mich nicht erinnere, schluchze wegen der Freunde, die ich nicht kenne, weine um den Jungen, den ich nicht liebe.
»Mer ...«, flüstert er, nimmt mein Gesicht in seine Hände und wischt die Tränen fort. »Alles wird gut. Ich weiß, das ist schwer, aber es wird irgendwann zurückkehren. Der Arzt hat gesagt, du wirst bald anfangen, dich zu erinnern. Es wird ein langer Weg bis zur Genesung, aber letzten Endes wird alles gut. Also, bitte wein nicht, Mer.«
»Zumal ich eine Katastrophe beim Umgang mit weinenden Mädchen bin«, sagt eine Stimme hinter uns. Ich wende mich um und sehe Maxon, der sich gegen die Tür lehnt, ein liebevolles Lächeln in seinem Gesicht. »Ich denke, ab hier übernehme ich, Officer Leger.«
»Ich bin auf dem Flur, wenn du mich brauchst, Mer«, sagt Aspen und küsst mir die Stirn. Er steht auf, verbeugt sich hastig und verlässt den Raum, lässt mich allein mit Maxon.
Maxon, dem König.
Maxon, meinem Ehemann.
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REMEMBERING THE ONE
FanfictionNach einer Rebellenattacke leidet America unter einer Amnesie. Sie kann sich an nichts erinnern, was in den vergangenen sechs Jahren passiert ist, aber, was am wichtigsten ist, sie kann sie sich nicht an das Casting erinnern. Oder Maxon. America käm...