Kapitel acht - Konsequenzen

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Gutshof von Eisberg, 1795
Die Wochen ziehen vorüber und ich lerne mit dem Erbe meiner Mutter umzugehen. Die ersten zwei oder drei Tage sind besonders hart gewesen, weil Robert sich zuerst geweigert hat, mich komplett einzuweihen. Zum Glück ist es mir mit Johannas Hilfe gelungen, ihn umzustimmen. Jetzt weiß ich alles, was Robert weiß, doch ich bin mir sicher, dass er das ein oder andere Detail geflissentlich in seinen Berichten vergessen hat. Mittlerweile habe ich mich fast so gut im Griff wie Robert. Das Willkommen Abendmahl hat exakt vierzehn Tage nach meiner Ankunft erneut stattgefunden. Robert findet, das es ausgesprochen gut gelaufen ist, während ich es immernoch für eine Katastrophe halte.

Konzentration, Katharina! Konzentration!

Das darf doch nicht wahr sein. Schon wieder habe ich mich in seinem Blick verloren und meine Verteidigung vernachlässigt. Dabei war das doch genau das, was ich nicht tun soll. Jeder Vampir muss diesen Blick können, darf dem Blick aber nicht selbst erliegen. Ersteres war richtig einfach, bei letzterem bin ich gerade mal wieder am verzweifeln.

Machen wir für heute Schluss!

Nein! Ich weiß, dass ich das kann.

Das war keine Frage, Katharina!

Na gut!

Ich gebe nur ungern nach, aber er hat leider Recht. Ich seufze resigniert und lasse mich erschöpft in seine Arme fallen. Lächelnd fängt er mich auf.

Essen ist fertig!

Beim Klang von Johannas Stimme, liegt meine ganze Aufmerksamkeit auf ihr. Plötzlich stehe ich vor ihr.

Du wirst schneller!

Sie grinst und ich grinse zurück. Dann schüttele ich langsam den Kopf, denn Johannas menschliche Augen können sicher keine Veränderung in Hinsicht meiner vampierischen Geschwindigkeit wahrnehmen und ich bin mir sicher, dass sie sich dessen bewusst ist. Während ich in Gedanken gewesen bin, haben wir das Esszimmer in menschlicher Geschwindigkeit erreicht. Erst als ich mir den ersten Bissen in den Mund befördert habe, merke ich erst, wie hungrig ich war. Als ich den Blick hebe, bemerke ich, dass Robert auch am Tisch sitzt und mich beim Essen beobachtet. Ich fixiere ihn und ziehe ihn in meinen Bann. Er kommt auf mich zu, setzt sich nehmen mich und lässt sich von mir - ohne sich zu wehren - etwas von meinem Essen in den Mund schieben. Ich grinse triumphierend, als er während des Schluckens wieder zu sich kommt und alles wieder ausspuckt.

Ich habe dir doch gesagt, dass ich es kann!

Glaub mir, Liebes. Das gerade, war auch nicht besonders schwer. Ich habe es dir leicht gemacht. Kein anderer Vampir wird es dir je so leicht machen wie ich eben!

Ich blicke ich für einen kurzen Moment wütend an, dann senke ich grimmig meinen Blick und esse schweigend meinen Teller leer.

Johanna, da Robert wahrscheinlich noch bis spät in die Nacht Papiere durchgehen muss, möchte ich, dass du mir Gesellschaft leistest!

Ohne auf Roberts entsetzten Blick einzugehen, erhebe ich mich und begebe mich in meinen Handarbeitsraum. Ja, den Rest des heutigen Tages würde ich Robert mit Nichtbeachtung strafen. Eine der Waffen einer unberechenbaren Frau!

Grinsend mache ich es mir bequem, während ich auf Johanna warte, die noch - so wie immer - einen Tee zubereitet, den wir während unseres Beisammenseins gemeinsam trinken werden. Kurze Zeit später öffnet sich auch schon die Tür und eine beladene Johanna betritt - unter dem Gewicht schwankend - den Raum. Als sie alles arrangiert hat, eröffne ich das Gespräch.

Also Johanna, du hast mir immer noch nichts über Rose erzählt!

Dann werde ich dies wohl umgehend ändern müssen!

Ich nicke erwartungsvoll und Lehne mich zurück.

Vor vielen Jahren, einen Tag nach dem fürchterlichsten Sturm des Jahres, erschien eine erschöpfte junge Frau auf dem Gutshof. Sie suchte Arbeit. Herr von Eisberg war gerade von einer Reise nach Hause zurück gekehrt und nahm das arme Geschöpf im Haushalt gegen Kost und Logis auf. Sie war ein fleißiges, fröhliches und schönes Ding, das sich für keine Arbeit zu schade war. Die Zeit schritt voran und Herr von Eisberg musste wieder auf Reisen. Er überließ seinem Verwalter - einem fiesen Kerl - die Handhabe des Gutshofs. Das war die Zeit in der sich das Mädchen veränderte. Sie sagte kaum mehr, als dass sie musste und ihre Fröhlichkeit verschwand zusehends. Außerdem veränderte sich ihr Körper je mehr Monate verstrichen. Ein halbes Jahr später kehrte Herr von Eisberg zurück und wusste - sobald er das Mädchen sah - was passiert war. Er führte ein langes Gespräch mit ihr. Ein paar Stunden später war der Verwalter verschwunden und das Mädchen stand ab diesem Zeitpunkt unter Herr von Eisbergs persönlichem Schutz. Wenige Monate später brachte sie die kleine Rose zur Welt und verstarb am Wochenbettfieber.

Oh Johanna, das ist ja furchtbar. Das arme Mädchen. Ich hoffe Robert hat den Verwalter leiden lassen, dafür dass er sich an ihr vergangenen hat. Das wäre die gerechte Strafe für ihn gewesen!

Da bin ich mir sicher, Madam!

Mein Ärger auf Robert ist mit der Geschichte über Rose verraucht. Deshalb mache ich mich sogleich auf die Suche nach ihm.

Gespaltene SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt