Die Magie des Schreibens

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"Mich würde mal interessieren, warum ihr Geschichten schreibt.
Meinen Grund hab ich vergessen. Weshalb ich im Moment überhaupt keine Lust oder Muse verspüre, meine Geschichten weiter zu schreiben oder neue zu beginnen. Ideen hätte ich zu genüge, doch weiß ich nicht warum ich diese in Wörter fassen sollte.
Also für wen oder was schreibt Ihr?

Mfg schattenspiel84

danke"

Hey Schattenspiel!

Eigentlich schreibe ich, seit ich denken "kann". Früher nur Tagebuch und kleine, verrückte Geschichten, die sich um die Schule drehten und das, was ich dort erlebte (sehr skurrile Sachen wie Aktionen mit unserer Bande der "roten Büffel" in der Grundschule: Wir rannten wie gestochen rund ums Schulgebäude durch den Pausenhof und dachten allen Ernstes, unsere Mitschüler damit in Angst und Schrecken zu versetzen), später dann mehr und mehr andere Sachen, die auch andere Bedeutung für mich erlangten.

Schreiben ist inzwischen etwas Einzigartiges für mich, ein Vorgang, der kaum zu beschreiben ist und der sich in den besten Momenten auch auf mich selbst so auswirkt, dass ich mich selbst nicht mehr kenne.
Es ist wie ein Andoggen an etwas, das umfassend und unendlich tief ist. Schreiben ist manchmal wie Meditation, manchmal wie Sex.
Wenn irgendetwas den Anstoß gibt, eine besondere Geschichte zu finden und sie in Worte zu kleiden (Toronto im März 2003 wurde auf dem Rückflug Ausgangspunkt für Das Nest), dann ist Schreiben wie ein angenehmer "Zwang" - etwas, das darauf drängt, wahrgenommen und bestenfalls vollkommen und vollständig ausgedrückt zu werden. Das Nest schrieb ich beinahe komplett innerhalb der knapp sechs Stunden Nachtflug von Toronto nach Frankfurt. Für Drachen im Wind (Ein Märchen) brauchte ich gut zwei Wochen - eine gut gemeinte, aber erbärmlich konstruierte Geschichte, die kein Quäntchen von dem hat, was Das Nest, Der erste Sohn Agnis, Sternentanz (Kali) oder zum Beispiel Seelenbild auszeichnen.
Die besten Geschichten sind die, für die ich am wenigsten kann - die, die mich nicht loslassen. Deadline war auch so eine Geschichte, die sich zwar wie Drachen im Wind über einen längeren Zeitraum entwickelte, aber im Gegensatz dazu vollkommen auf den Verstand verzichtete. Dadurch konnte ich etwas sehen und beschreiben, das wirklich Bedeutung besitzt und nahe der Welt liegt, die Pym bereist hat.

"Ich weiß nicht, ob ich aus diesem Traum noch einmal aufwachen werde, doch mir ist bewusst, dass die Wirklichkeit in diesem Moment flüssig ist wie heißes Wachs in meinen Händen.
Ich habe lange darauf gewartet, diesen Körper hinter mir lassen zu können, und der Preis, den ich dafür zahle, ist angemessen.

Die anfänglichen Schmerzen halten sich schnell in Grenzen, nachdem ich den ersten Schock dieses plötzlichen, von animalischer Gier bestimmten Angriffs überwunden habe. Als mir dein Geist begegnet, überlasse ich dir die Kontrolle über meinen Körper.
Während ich ausatme, tauche ich tief in dich ein, durchstoße die Schatten und umgehe all deine Verteidigungslinien, lasse meinen Geist mit dem Blut in dich einströmen, das dir zunehmend Substanz verleiht.
Ich kann gar nicht anders, als dich zu lieben."

Wenn ich diese Stelle aus Deadline lese, zweifle ich manchmal, dass es meine Ideen waren. Aber ich weiß, dass ich diese Geschichte geschrieben habe: Ich habe den Kugelschreiber gehalten, und ich konnte die Worte sehen, die auf dem Papier erschienen sind. Ich konnte fühlen, was ich fühlte, und es war wie ein Strom, etwas wie Ekstase, vollkommen berauschend.

Ich denke inzwischen nicht mehr so oft darüber nach, warum ich schreibe. Ich wünsche mir mehr Zeit, um schreiben zu können, und darum tue ich einiges, dass "meine" Geschichten auch finanziell etwas abwerfen. Aber das ist etwas, auf das ich wenig Einfluss habe. Es ist aber sicher etwas, das geschehen wird, wenn es für weitere Geschichten sinnvoll ist.

Schreiben ist manchmal etwas Unheimliches, weil es Türen öffnet, die in unbekannte Bereiche führen. Schreiben ist manchmal trivial, wenn es nicht inspiriert ist und an der Oberfläche bleibt (lies mal Drei Tage (Himmel wie Hölle) oder Der Faun).
Aber in den besten Momenten ist Schreiben wie Atmen, pure Magie.

Taking A Risk / Die Magie des SchreibensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt