auf dem Schiff in meinem Zimmer

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Unser Zimmer war klein und ich stellte mir vor, dass es eine Schiffskabine war.
Die Wände waren weiß, alles war schlicht gehalten, alles neutral.
Das Neonlicht an der Decke flackerte und summte, während das Gewitter draußen tobte und schrie. Regentropfen klatschten gegen das kleine Fenster und ich verkroch mich weiter unter die kratzige Decke.
Das Schiff erhob und senkte sich zu den Wellen, man konnte hören, wie sie zerbrachen. Über mir rannten Matrosen über's Deck, ich hörte dumpf (und ohne die Worte zu verstehen) den Kapitän rufen.
Durch die Kabinentür quollen leise und überhöhrbar die Stimmen der Passagiere. Besorgt. Verängstigt.
In der Nachbarskabine würgte jemand.
Aber ich fühlte mich wohl, ich war mir sicher, dass das Schiff schon am nächsten Morgen den  Hafen erreichen würde. Ich wusste das einfach.
Trotzdem erschrak ich, als das Licht schlagartig ausging.
Ich wartete ein bisschen.
Die Passagiere waren stumm, doch dann wurden sie laut, panisch.
Die Geräusche um mich wurden lauter, hektischer und noch ängstlicher.
Der Sturm heulte bedrohlich auf, lachte uns aus, weil er so einfach mit uns spielen konnte.
Ich hielt es nicht mehr aus, hier, in meiner Kabine unter meiner Bettdecke. Also stand ich ruckartig auf, taumelte, als ich stand und lief schwankend zur Tür. Als ich diese öffnete wurde unser Schiff von einer großen Welle getroffen und ich schlug mit der Tür an der Wand auf. Der Schmerz in meinem Kopf lies Tränen in meine Augen schießen, doch ich wischte sie mit meinen Fingern weg und lief in den dunklen Gang hinein.

Es war schwerer als gedacht, in einem schwarzen, schwankenden Gang zu laufen. Deshalb versuchte ich, mich an der glatten Wand festzuhalten, doch ich rutschte immer und immer wieder ab.
Doch das größte Problem waren die panikerfüllten Passagiere, die an mir vorbeirannten, scheinbar, ohne zu wissen, wohin sie denn wollten. Ich verstand ihre Angst, verstand, dieses Gefühl, weglaufen zu wollen, aber nicht zu wissen, wohin sie wollten, oder konnten.
Doch ich blieb ruhig.

Am Treppengeländer gab es eine Haltestange und ich hangelte mich mehr daran hoch, als dass ich die Treppen nach oben lief. Gleich war ich oben.

Die Wucht des Windes hätte mich fast wieder zurückgeschleudert, ja, ich hatte fast nicht die Tür aufbekommen.
Doch das Bild, dass sich mit jetzt bot war faszinierend und beängstigend. Rennende Matrosen und Wellen! Wellen, die so hoch waren, dass sie fast über's Deck rollten. Das Wasser war überall. Kam von oben und unten. Von links und rechts.
Ich hielt mich an der Reling fest und konnte fast nicht's mehr sehen, vor lauter Wasser.
Meine Hände schmerzten und ich lockerte meinen Griff. Ein fataler Fehler, denn in dem Moment griff die Welle nach mir und nahm mich mit ins Meer.

Ich sank sanft auf den Meeresgrund, die Ruhe war so beruhigend, dass ich jeden Versuch unterließ, wieder zu der lauten Oberfläche zu kommen.
Hier war alles leise, wunderbar leise, leicht.
Und hell.
Hell?
Verwirrt blinzelte ich mit den Augen.
Ich lag wieder in meinem Bett, in dem Zimmer.
Hier war es wie immer: Die Wände waren weiß, alles war schlicht gehalten, alles neutral.
Das Neonlicht an der Decke flackerte und summte und das Gewitter draußen hatte aufgehört zu toben und zu schreien.

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