3. Das Drachenvolk

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Am nächsten Morgen öffnete Trace, verschlafen und noch total müde, ihre Augen, trotz des Schlafes fühlte sie sich noch total fertig. Sie hatte diese Nacht kaum geschlafen und war wachgelegen, hatte über die Geschehnisse nachgedacht und vor allem diese seltsame Stimme. Sie beschloss, aufzustehen und ging ins Bad. Ihre Schwester war bereits wach und saß mit ihren Eltern beim Frühstück. Trace zog sich an und ging ebenfalls rüber. In der Küche angekommen saßen Alina, ihre Eltern und der Mann, den ihr Vater Alex nannte, am Tisch und diskutierten heftig. Als sie Trace bemerkten, wurde es sehr still. ,,Trace, setz dich her, ich muss dir eine Geschichte erzählen", sagte ihre Mutter. Trace setzte sich zögernd, in der Hoffnung, dass es nichts Ernstes sei. ,,Deine Großmutter war einst eine Magd am Hofe des alten Königs. Dort fand eines Abends ein großes Bankett statt. Dort lernte sie einen jungen Mann höheren Standes kennen, der Interesse an ihr fand. Sie wurden ein Liebespaar und waren sehr glücklich miteinander. Eines Tages verschwand ihr Geliebter plötzlich ohne eine Spur. Es gingen Gerüchte um, dass er ein Dieb war oder Schlimmeres. Doch da klärte der damalige König sie auf. Er war einer derer, die sie Auserwählte nannten, Leute die die Fähigkeit hatten, mit Drachen zu kommunizieren und da das Land vor einer Bedrohung stand, musste er weg. Deine Großmutter war verzweifelt, denn am selben Tag erfuhr sie von einem Heiler, dass sie schwanger war. Da aber weder ich noch deine Schwester je irgend eine Reaktion gezeigt haben, wussten wir, dass du vermutlich die Erbin seines Vermächtnisses bist."

Trace erinnerte sich an die Geschichte, die sie in der Schule einst gehört hatte. Es gab einmal ein Volk, welches die Gabe besaß, mit Drachen kommunizieren zu können. Ein Drache, meist ein Jungtier, suchte sich instinktiv einen menschlichen Partner und lehrte ihn seine Sprache. Dieses Volk wurde unter den normal Bürgern ,,Draga" genannt, was in der alten Sprache ,,Auserwählte" hieß. So bekam dieses Land auch ihren Namen Dragars, das Land der Auserwählten. Doch seit Merxus und seine Anhänger, die Schwarzen, angefangen hatten, die Drachen genauso wie Magie zu vernichten, gab es jetzt keinen Einzigen dieses Volkes mehr. Jene, die diesen Verfolgungswahn überlebten oder entkommen konnten, sind verschwunden oder wurden früher oder später doch entdeckt. Plötzlich wurde Trace klar, dass die Stimmen, Gedanken und Gefühle nur eines bedeuten konnten: Sie hatte den Drachen gehört. Sie sah die versammelte Runde mit großen Augen an. Alex, der die ganze Zeit nur ruhig dagesessen hatte, stand auf und fing an zu erklären. ,,Der Drache der gestern in der Stadt war,war ein Muttertier, es hat die Stadt angegriffen weil die Schwarzen ihr Junges gestohlen haben." Dann blickte er zu Trace rüber. ,,Du hast sie gespürt, nicht wahr?" fragte er ruhig. Etwas entsetzt blickte sie Alex an. ,,Ähm... j . . . ja", sagte sie ängstlich. Alex musterte sie ganz genau, das machte Trace nervös. ,,Das Problem ist, dass ich es gespürt habe und somit auch dich, das heißt, dass es vermutlich Schwarze in der Nähe auch wissen." Trace überlegte, was das für sie bedeute könnte. ,,Heißt das,dass ich jetzt sehr vorsichtig sein muss?" fragte sie zögernd. ,,Sagen wir es so, solange sie nicht nach dir suchen bist du in Sicherheit, aber das wird nicht lange so sein.“ Trace ließ sich in den Stuhl hinter sich fallen, sie musste erst verkraften, was sie grade alles erfahren hatte. ,,Warum ich, warum ausgerechnet ich?" Die Frage beschäftigte sie den ganzen Tag. Was noch schlimmer war, war die Tatsache, dass sie jeden Moment von den Schwarzen geholt werden könnte. Spät am Nachmittag, als sie gerade einen Kübel Wasser aus dem Brunnen für die Tiere holen wollte, hatte sie ein seltsames Gefühl. Es war, als wäre irgendetwas sehr nahe bei ihr, ein Schauder lief ihr über den Rücken. Sie drehte sich in sämtliche Himmelsrichtungen, konnte aber nirgends etwas ausmachen. Als sie sich wieder zu dem Brunnen drehte, stand plötzlich Alex vor ihr, sie erschrak. Alex konnte sich den Grinser kaum verkneifen als er das Spektakel sah. Trace schreckte auf, machte einen Schritt zurück und verlor das Gleichgewicht. Das Ergebnis des Missgeschicks war, dass sie  klatschnass war, da ihr der Kübel ins Gesicht gefallen war. Er bückte sich und half ihr auf die Beine. Sie bedankte sich und lief sofort ins Haus um sich etwas Trockenes anzuziehen. Als sie wieder rauskam, stand Alex noch da und grinste sie an. Sie sah ihn böse an und machte sich dann wieder an die Arbeit.

Am Abend lag Trace noch lange wach und versuchte, den ganzen Tag zu verarbeiten. Dass sie eine Erbin des alten Volkes sei, sie Drachen sprechen hören und fühlen konnte, dass sie diese Albträume hatte.  Was sie völlig vergaß, war die Tatsache, dass sie in großer Gefahr schwebte. Die Schwarzen waren in diesen Moment auf der Suche nach ihr. Doch jetzt da sie fast schlief, spürte sie wieder das Gefühl, das sie auch am Brunnen hatte: beobachtet zu werden. ,,Auserwählte?!", hörte sie eine harte aber eindeutig weibliche Stimme. Trace schreckte hoch, sie sah sich verängstigt und suchend im Zimmer um. Nirgends jemand zu sehen, sie legte sich hin und war hell wach. ,,Was war das?" fragte sie sich, aber keine Reaktion. Alles war wieder still. Irgendwann wurde sie von dann ihrer Müdigkeit übermannt.

Dragars - Ein fernes LandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt