Part 1

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"Scheiße!", fluchte ich, während ich den langen Gang unserer Schule entlang rannte, um wenigstens nicht total zu spät zu kommen. Ich hatte Mathe bei Mr. Crobord, so einem Mädchen hassenden Arschloch. Der Kerl konnte mich sowieso schon nicht ausstehen, dass ich ständig zu spät kam,machte es auch nicht besser.

Ich gehe seit einem Jahr auf das Saint Claire´s, ein Mädcheninternat in Irland. Ja, genau: Mädcheninternat. Hier gibt es keinen einzigen Typen, bis auf die Lehrer und ich bin mir 99% sicher, dass die alle schwul sind. Partys gibt es nicht, nur an Alkohol zu denken ist verboten und Kleidungsregeln gibt es auch: die Bluse muss ganz zugeknöpft werden, der Rock übers Knie gehen, Schminke und Highheels sind verboten.

Denkt jetzt bitte nicht, dass ich freiwillig wie ein Gollum durch die Gegend renne. Meine Eltern haben mich hier her  geschickt, weil sie meinten, mein Partyleben in L.A. wäre nicht gut für mich und ich solle mich auf die Schule konzentrieren, statt daran zu arbeiten, in einer Entzugsklinik zu landen. Totaler Scheiß! Jedenfalls bin ich hier gelandet, sozusagen auf einer Schule, die uns Schülerinnen Vernunft einbläuen soll. Bis jetzt hat es noch bei niemanden geklappt, wir schleichen uns einfach freitagabends weg, um einen drauf zu machen, nicht, dass die Partys mitten in der irischen Pampa so geil sind wie daheim, aber es geht.

Mit einer halben Stunde Verspätung schlüpfte ich ins Klassenzimmer. Dort durfte ich mir erstmal eine Predigt von Mr. Crobord anhören, bevor ich mich neben meine besten Freundinnen Rachel und Lilian setzte. "Em, wo warst du? Wir dachten schon, dir ist endlich eingefallen, wie wir aus diesem Loch hier abhauen können und bist zurück nach L.A.! Eine halbe Stunde ist sogar für uns viel", flüsterte Rachel mir zu." Sorry, ich bin ...", setzte ich an, als Mr. Crobords Schreianfall uns unterbrach und wir die Klappe halten mussten.

Nach Unterrichtsschluss saßen wir in unserem Zimmer( ja,hier gibt es  Gemeinschaftszimmer), um uns zu schminken und uns was Normales anzuziehen, in dem wir nicht aussahen wie Nonnen aus dem 19. Jahrhundert."Süße, was ist der Plan für heute Abend?", fragte Lilian, während ich mir die Augen mit Kajal umrandete. "Ich dachte, wir schleichen uns einfach gegen halb 11 raus und gehen in diesen Club. Rachel hat schon dafür gesorgt, dass der Typ, den sie neulich aufgerissen hat, vorm Saint Claire's auf uns wartet und uns hinfährt. Wie hieß der noch mal? Rachel, du hast echt so einen krassen Verschleiß an Jungs, der ist schon der Dritte diesen Monat!" "Tja", sie lächelte, "ich weiß eben, was ich will. Oder eher wen. Was ist mit dir? Du hattest ewig keinen mehr am Start! Bist du etwa prüde geworden?" Sie lachte. Die Wahrheit war, obwohl ich in meinem Leben auf vielen Partys war, ist außer ein paar Knutschereien nie groß was gelaufen. Ich hatte noch nie einen Freund und wartete noch auf den Richtigen, falls es den gab. Das würde ich Rachel aber nicht erklären, sie versteht das eh nicht. Sie ist, seit sie 14 ist, keine Jungfrau mehr und hatte, seit ich sie kenne, mit mehr Jungs was am Laufen als andere in ihrem ganzen Leben. "Ich will gerade niemanden, alles gut", erklärte ich ihr. "Okay, bleiben mehr Geilos für mich und Lil." Sie kicherte und schlug ihre ewig langen Beine über einander.

"Psst!", raunte ich, als wir um kurz nach halb elf aus unserem Zimmerfenster rauskletterten. Man sollte meinen, dass es etwas kompliziert ist, mit 10- Zentimeter-Absätzen aus dem 2.Stock zu klettern, aber wir hatten ja Übung.

Wir sprangen vorsichtig auf die Wiese und gingen leise redend zu dem Auto von Rachels Lover, das vor dem Schultor stand.

Er winkte uns zu und hielt die Beifahrertür für Rachel auf. Sie küsste ihn flüchtig. " Hey..." Ich sah ihr an, dass sie wirklich seinen Namen vergessen hatte. "Hey,... Baby", rettete sie die Situation. Lil und ich sahen uns an und verdrehten die Augen. Typisch Rachel!

Nach einer halben Stunde kamen wir in der Stadt an. Eigentlich kann man Crownsfield nicht als Stadt bezeichnen, aber hier gibt es den einzigen Club im Umkreis von 80 km. "Baby"(ich habe wirklich keine Ahnung, wie der Typ heißt) hielt vor dem Rozz und wir gingen hinein.

Man hörte die hämmernden Bässe der lauten Musik schon vor dem Club, beim Eintreten war der Song ohrenbetäubend laut. Und genau darauf stehe ich!

"Für Irland ist der Club gar nicht mal schlecht!", brüllte ich Lil ins Ohr. Sie nickte. "Komm,wir holen uns Drinks! Rachel ist schon mit ihrem keiner-weiß-wie-er-heißt verschwunden."

 Ich kämpfte mich mit Lil durch die Menschenmenge zur Bar durch. Glücklicherweise nahmen die Barkeeper hier das Alkoholverbot für Teenies nicht so ernst. Wenn der Ausschnitt groß genug war, bekommt man, was man will.

Mit einem Margarita in der Hand bewegten wir uns Richtung Tanzfläche.

 Leider waren keine heißen Typen in Sicht, sodass ich nur mit Lil tanzte. Das war auch schon mal geil. Nach einiger Zeit sagte ich ihr, dass ich aufs Klo gehe. Als ich wiederkam, sah ich sie knutschend mit irgendeinem Typen in der Ecke stehen. "Das ging ja schnell!", dachte ich. Ich schaute mich nach Rachel um, die aber auch mit dem Typen beschäftigt war, der ihr gerade die Zunge in den Hals steckte. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es nicht mal "Baby" war, sondern ein Wildfremder. Irgendwie war mir die Partylaune vergangen, was für mich echt komisch ist. Immerhin war es noch nicht spät. Andererseits hatte ich ja Niemanden zum Tanzen, weil meine Freundinnen sich die einzigen Geilos gekrallt hatten und sonst nur Loser hier waren.

Weil ich nicht das 5. Rad am Wagen sein wollte, entschied ich mich dazu, "Baby" zu bitten, mich ins Saint Claire´s zu fahren. Der war sofort einverstanden. Seine Pläne für den Abend mit Rachel waren ja auch nicht ganz aufgegangen. Ich schrieb den beiden, dass ich ging. Darüber, wie sie heim kommen sollten, machte ich mir keine Sorgen. Sie fanden mit Sicherheit jemanden.

Nach einer ruhigen Rückfahrt bedankte ich mich bei Derrick, so hieß "Baby" wirklich, ging zu unserem Fenster und machte mich daran, ins Zimmer zu klettern. Ich war schon beim 1. Stock angekommen, als ich eine mänmliche Stimme hörte: "Was zum Teufel machst du da?"

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