20. So dunkel die Nacht

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Fideas helles Nachtgewand umspielte raschelnd ihre blanken Knöchel, als sie in dem runden Turmzimmer mit unruhigen Schritten immer wieder auf und ab ging. „Wie sie ist verschwunden?"

Das goldgelockte Mädchen blickte fragend und zugleich angespannt zu den beiden immer noch reichlich verängstig aussehenden Zweitklässlerinnen hinüber, die nun barfuß bibbernd in der Zimmermitte standen.

Das Bild eines blassen pickelgesichtigen Mädchens mit matten dunkelbraunen Haaren tauchte unentwegt vor Fideas geistigen Augen auf. Irgendetwas an der ganzen Situation machte sie ungemein nervös, als hätte sie ein überaus wichtiges Detail vergessen, was mit dem Verschwinden des blassen Mädchens im Zusammenhang stand.

Was war es nur, dass dieses ungute Gefühl in ihrer Brust verstärkte, dass es etwas Schlimmes zu befürchten galt?

Im nächsten Moment lenkte sie Esperanza von ihren kreisenden Gedankengängen ab, als diese mit gereiztem Unterton zu den beiden Zweitklässlerinnen sprach. „Das kann doch wohl nicht wahr sein! Eure Zimmergenossin taucht einfach nicht auf und ihr meldet das erst jetzt?"

Das kurvige schwarzhaarige Mädchen sah die beiden jüngeren Ravenclaws entgeistert an, während ein fernes Donnergrollen die darauffolgende angespannte Stille durchbrach. 

Esperanza schien nicht weiter darauf zu achten, denn ihr Blick war nachfolgend deutlich anklagender geworden und ließ die beiden bibbernden Mädchen rasch die Köpfe senken.

„Was genau ist denn überhaupt passiert? Sie wird doch wohl kaum grundlos so lange von ihrem Schlafsaal fern geblieben sein".

Leokardias Stimme wahr ruhig und freundlich, als sie mit den beiden deutlich verängstigten Zweitklässlerinnen sprach. Die elfengleiche Lovegood saß aufrecht auf ihrem Himmelbett und ließ die zarten Beine spielerisch nach unten baumeln, während sie die Mädchen aufmerksam aus ihren sturmgrauen Augen heraus musterte.

Nach kurzem Zögern blickte schließlich die größere rothaarige Ravenclaw auf, wobei ihre Freundin nach wie vor schüchtern den Kopf gesenkt hielt. Die grünen Augen des Mädchens huschten unsicher zwischen den drei Sechstklässlerinnen hin und her, bevor sie mit gebrochener Stimme zu sprechen ansetzte.

„Olive dachte es wäre lustig Myrte einen Streich zu spielen".

Olive, Olive Hornby der Name kam Fidea mehr als nur bekannt vor. Das bildhübsche Gesicht, eines großen schlanken dunkelhaarigen Mädchens, das am Ravenclawtisch eine eher unscheinbare Mitschülerin niedermachte, tauchte vor ihren Augen auf.

Das rothaarige Mädchen sprach mit unsicherer und leicht stockender Stimme weiter. „Sie ist danach weinend weggerannt. Es sollte nur ein kleiner Spaß sein, aber Olive hat es etwas übertrieben und..."

Weiter kam die Zweitklässlerin nicht, denn eine zornige Esperanza hatte das verängstigte Geschöpf an ihrem Nachthemd gepackt. Die Hand des spanischen Mädchens zitterte vor Wut, als sie der Zweitklässlerin einen geradezu vernichtenden Blick zuwarf.

„Und es ist euch natürlich keinen einzigen Moment lang falsch vorgekommen, was ihr dem armen Mädchen angetan habt? Wie könnt ihr nur!"

Die sonst so freundlichen braunen Augen Esperanzas funkelten zornig, als sie die rothaarige Zweitklässlerin für keinen noch so kleinen Augenblick aus den Augen ließ. Der Regen peitschte wieder heftig gegen die hohen Bogenfenster des Schlafsaals, als wolle er die Dramatik der darauffolgenden Worte noch zusätzlich untermalen.

„Und sowas ist in Ravenclaw! Das ist das Verhalten von Schlangen, nicht von lernbegierigen aufrechten Schülern!"

Die Stimme der Sechstklässlerin wurde lauter und das südländische Temperament des Mädchens sickerte dabei mehr als deutlich hervor.

Fides Spes Caritas (Tom Riddle Love Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt