Nachdem ich Alina dazu gebracht hatte, mich alleine mit ihr ohne die Leibwächter, sowohl meinerseits als auch ihrerseits zu unterhalten, befanden wir uns nun in den Gemächern des Dunklen. Er hatte mich niemals, bis auf einmal, mit hier her genommen. Dennoch fühlte ich mich, als würde ich einen alten Schritt in die Vergangenheit zurück machen und ein Teil seines Lebens wieder betreten.
"Ist das dein Zimmer jetzt?", brachen die Worte einfach aus mir heraus, bevor ich sie auch nur aufhalten konnte. Ich bereute sie jetzt schon.
"Ja. Komische Vorstellung nicht wahr?".
Ich begann leicht zu nicken. "Das ist es, wahrlich. Es wirkt so....verloren. Wie dem Mann dem es gehört hat...". Meine Finger strichen über den samtigen Bezug des Bettes. Ich konnte noch heute fühlen, wie es sich damals auf meiner nackten Haut angefühlt hatte.
"Wie meinst du das?", fragte sie verwirrt. Dennoch war wieder dieser Unterton von Neugierde in ihrer Stimme.
"Du hast keine Ahnung wer er früher war oder wer ich bin....er war....", schnell zog ich meine Finger wieder zurück und sah sie an. "Du weißt es nicht Alina, oder?".
"Was weiß ich nicht?", erwiderte sie verwirrt und trat langsam auf mich zu.
"Das ist eine lange Geschichte....". Eine sehr lange... "Ich habe gehört du wurdest auch gezeichnet von ihm", versuchte ich das Gespräch erst einmal abzulenken und setzte mich aufs Bett. Alina war so gütig und setzte sich neben mich.
"Ja, dass wurde ich. Ihr etwa auch?".
"Ja....". Ich schob meine Kefta etwas auf die Seite und zog mein Hemd an meiner Schulter herunter, sodass sie mein bloßgelegtes Schlüsselbein sehen konnte wo drei Narben von dem übrig geblieben waren, was damals geschehen war.
"Was hat er euch nur angetan....", fragte sie schockiert.
"Nun", ich schob das Hemd wieder davor. "Das ist ebenfalls eine lange Geschichte und nicht gerade sehr erfreulich". Mein Blick richtete sich wieder auf sie.
"Bitte erzähle sie mir, deswegen hast du mich doch auch her gebeten oder?".
"Ja das stimmt...Ich werde sie dir erzählen, aber du musst mir versprechen das erstmal für dich zu behalten. Nur meine Leibwächter und Grischa wissen darüber Bescheid was damals geschehen ist. Versprichst du mir das?".
Sie lächelte sanft. "Wenn das dein Wunsch ist dann gerne".
"Danke". Ich erwiderte das Lächeln etwas und begann dann die Geschichte zu erzählen."Damals vor ungefähr 8 Jahren, waren der Dunkle und ich beste Freunde. Und wie das so zwischen Freunden manchmal ist, kommen bei einem Jungen und einem Mädchen irgendwann auch Gefühle hoch. Schlussendlich waren wir ein glückliches Paar, alberten herum, spielten Leuten streiche, machten Witze und vieles weitere. Wir waren wie alle anderen Paare: glücklich und zufrieden, selbst mit unseren gegensätzlichen Kräften.
Nach 2 Jahren beschlossen wir also schließlich zu heiraten. Der Tag der Heirat stand bereits und es waren nur noch wenige Wochen bis dahin. Doch ab diesem Zeitpunkt an hatte er sich verändert. Er ließ sich häufiger nicht blicken und kehrte meistens erst spät abends zurück. Leute begannen sich vor ihm zu fürchten und immer mehr schlossen sich ihm von den Grischa an. Zuerst begann ich es einfach nicht zu glauben, doch schlussendlich spürte ich was die Menschen gemeint hatten. Er begann Schattenwesen großzuziehen und sie für seine Zwecke zu missbrauchen. Das war der erste Punkt der mich zum fliehen gebracht hat. Der zweite Punkt hatte mit der Narbe zu tun. Eines Tages zeigte mir nämlich seine Geschöpfe die er erschaffen hatte und aus lauter Gier und kommenden Ruhm, bemerkte er nicht das mich eins seiner Schattenwesen Angriff. Ich habe die Narben davon getragen und er wollte nichts unternehmen. Er hätte mich beinahe sterben lassen und dann war es für mich aus. Ich floh mit den 10 Grischa und meinen Leibwächtern aus dem Palast und versteckte mich so gut ich konnte vor ihm. Er machte sich nicht einmal die Mühe nach mir zu suchen". Tränen stiegen mir in die Augen die ich nur noch schwer unterdrücken konnte. "Früher hatte ich schon Kontakt mit Nikolaj gehabt und als er dann erfahren hat, dass ich geflohen bin, hat er alles getan um mich zu beschützen. Er versuchte die Wunde so gut zu verheilen zu bringen wie er konnte, doch es wird immer etwas davon zurück bleiben, was damals geschehen ist. Du musst wissen Aleksander, so lautet sein richtiger Name, war nicht immer böse. Er hat noch ein gutes Herz in sich und ich will versuchen es zurück zu holen...".
"Das ist also der zweite Grund weswegen du dich uns anschließen willst", sprach sie nach einiger Zeit.
"So ist es. Die anderen glauben auch das noch der alte Mann in ihm steckt, mann muss ihn nur wieder aus ihm heraus holen. Du solltest wissen, Männer wollten mich nur, weil ich mächtig und etwas besonderes war. Doch Aleksander hat mich so angenommen und geliebt wie ich war. Er hat den Menschen in mir gesehen, der hinter meinen Fähigkeiten steckte und das hat mir sehr viel bedeutet....". Eine Träne floss meine Wange hinab und kullerte über meinen Arm nach unten. "Die einzige Person die mich so geliebt hat wie ich bin, ist zu einem Monster geworden....".
Eine Hand legte sich sanft auf meine und drückte sie behutsam.
"Wir können versuchen ihn wieder zur Vernunft zu bringen, deinetwegen. Ich gebe dir mein Wort drauf, aber wenn es nicht funktioniert weißt du ja das wie ihn töten müssen. Ganz Rawka ist davon abhängig und das können wir nicht in Kauf nehmen...es tut mir leid...".
Ein kleines schluchzen entfuhr meiner Kehle und ich nickte leicht. "Ich weiß...aber lasst mich bitte zuerst versuchen ihn zur Vernunft zubringen, wenn es dann immer noch nicht funktioniert, dann....könnt ihr es tun..".
"Wir bekommen das schon hin, keine Angst", sagte sie einfühlsam und nahm mich behutsam in ihre Arme. "Es tut mir so leid was du alles durchstehen musstest und ich glaube dir. Wirklich".
"Danke Alina", brachte ich leise hervor und versuchte mich wieder zu beruhigen.
"Jahrelang habe ich die Geschichte vor allen anderen verborgen gehalten, doch ich weiß, dass sie dir nützlich sein könnte, deswegen habe ich sie dir erzählt und deswegen vergieße ich immer noch Tränen darüber". Ich wischte mir die letzte Träne weg und löste mich aus ihrer Umarmung.
"Es ist nicht schlimm zu weinen. Es zeigt, dass einem nicht alles egal ist und man mitfühlen kann. Leute die nicht weinen, lassen den Schmerz in sich und irgendwann zerstört er einen von innen nach außen. Also mach dir darüber mal nicht so viele Gedanken. In Ordnung?". Wieder schenkte sie mir ein aufmunterndes Lächeln und ich konnte es nicht anders, als es zu erwidern.
"Du findest wohl immer die passenden Worte die man gerade braucht oder?".
Sie lachte leise. "Nein nicht wirklich, darin ist Nikolaj viel besser als ich".
"Stimmt", gab ich schmunzelnd zu. "Er findet auch immer die passenden Worte, aber du bist trotzdem sehr gut darin und etwas anderes kann man sich im Moment nicht wünschen. Ich bin mir sicher, die anderen wissen es ebenfalls zu schätzen".
"Könnte schon stimmen, zumindest versuche ich es immer".
"Und das ist gut so, sehr gut sogar. Besser man versucht es etwas anstatt überhaupt nicht. Oder wie siehst du das ganze?".
Sie überlegte einen Moment und nickte schließlich. "Ja, ich glaube schon das du dabei recht hast".
"Na also und man sollte auch nicht damit aufhören".
Sie lächelte etwas und sah dann wieder weg.
"Ähm ich....ich glaube ich sollte mich schlafen legen. Es ist schon sehr spät und du brauchst jetzt sicher auch etwas Ruhe". Ich stand vom Bett auf und verbeugte mich vor ihr. "Ich wünsche euch eine gute Nacht, Alina". Bevor ich ganz aus dem Raum war, begann sie noch etwas zu sagen was mich einen Moment inne halten ließ.
"Ich wünsche dir auch eine gute Nacht, Kathrine. Und bitte, du musst dich vor mir nicht verbeugen. Im Grunde genommen bin ich genauso wertvoll wie du".
Ich drehte mich zu ihr um. "Wie du möchtest, dann biete ich dir hiermit an mich Kat zu nennen. Das gefällt mir mehr", sanft lächelte ich sie an und verließ dann das Zimmer.Ich hatte ihr meine Vergangenheit anvertraut und ich hoffte, sie konnte es bewahren, obwohl ich jetzt schon wusste, dass sie dieses Versprechen brechen wird.
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Wortbedeutungen:
Rawka: eins der 4 größten Gebiete (wo sie sich gerade befinden), zu dem gehören auch Fjerda, Shu-Han und Nowij Sem (siehe auch Bild beim letzten Kapitel oben im Anhang zur genaueren Erklärung).
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Hallo ihr Lieben ❤
Ich hab endlich wieder ein Kapitel fertig geschafft und ich hoffe es wird euch auch gefallen :) irgendwie habe ich es immer verplant, ein neues Kapitel online zu stellen, weswegen mich eine Freundin noch einmal darauf aufmerksam gemacht hat ;) danke dir haha xDUnd somit wünsche ich euch allen ein schönes Wochenende :)
Lg eure ~snow_white99 ♡
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Grischa - Hoffnungsvolle Liebe
Fiksi PenggemarBasierend nach der Grischa Triologie von Leigh Bardugo. © Alle Personen entsprechen dem Autor, bis auf meine dazu gedachten eigenen Personen © Inhalt: Kathrine Newsome, eine der drei stärksten Grischas noch in Rawka, durchlebte eine schwere Vergange...