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Vielleicht hatte Lucy es wirklich nicht verdient zu sterben. Aber sie hatte einen Fehler begangen und dafür musste sie gerade stehen.

Wir brauchten einen Plan. Wir mussten die Gang revolutionieren. Ich wusste nicht, ob Thil dafür geeignet war, aber eine Person war es auf jeden Fall. Dad.

Er hatte sich in den letzten Jahren immer weiter von Fiz zurück gezogen und ich hatte mir nie erklären können wieso. Jetzt hatte ich eine Vermutung.
Dad war früher auch mit Thil befreundet. Sie waren in der selben Clique gewesen, zu der unter anderem auch Mom gehörte. Fiz ist älter als sie und gehörte daher zu anderen Kreisen. Ich musste mit Mom reden.

"Liam!" Jeder störte mich heute. Wieso? Merkten die nicht, dass das nervt?
"Hey Kumpel." Jay. War ja klar. "Hi Bro. Was gibt's?"
"Ich war gerade bei Lucy."
"Willst du mich verarschen? Was findest du an der so toll? Die ist eh bald weg. Du hast keine Zeit für so was!"
"Lass mich doch einfach! Ich wollte dich nur fragen, ob du bei Fiz ein gutes Wort für sie einlegen kannst." Er sprach immer leiser.
"Wieso sollte ich das tun?"
"Lucy ist Thils Halbschwester."

"Was?"

"Lucy ist..."

"Wie kann sie...?" "Frag da mal deinen so genannten Freund. Siehst du. Was hast du nochmal an mir schlimm gefunden?" Ich schüttelte den Kopf. "Sorry." Er nickte nur. "Angenommen. Komm, wir müssen mit Lucy sprechen."

"Hi Jay! Hi Liam! Kommt rein!" Sie lächelte uns süß an. "Hey."
In ihrem Zimmer setzten wir uns stumpf auf den Boden.
"Du bist also Thils Halbschwester. Aha. Wie lange weißt du das schon?" "Seit dem er verschwunden ist."
"Und welches Verhältnis hast du zu ihm?" setzte ich meine Befragung fort.
"Naja." Sie schwieg für einen Moment. "Er lässt mir immer wieder Briefe zu kommen. Und unserem Dad auch. Eigentlich weiß keiner, dass wir Halbgeschwister sind, weil jeder denkt, dass Fiz Thils Vater ist. Aber das ist er nicht. Er dachte es immer, doch Ella ist von Dad schwanger geworden. Nur... irgendwie muss er es herausgefunden haben. Und Thil hat herausgefunden, dass Fiz es weiß. Und aus Angst hat Thil uns dann verlassen. Es war ein riesen Skandal, aber die Erwachsenen vertuschten es vor uns Kindern. Fiz beschloss, Ella töten zu lassen. Dad ließ er am leben, vermutlich weil er ein wichtiger Bestandteil der Gang ist.
Ellas beste Freundin Grace half Dad dabei, den Verlust zu verkraften. Und das ist Mom. Grace."
Jay nickte nachdenklich. "Und? Kommst du damit klar?" Er lächelte sie zaghaft an. Oh Gott, bitte nicht! Früher hat er doch immer versucht, mit mir zu konkurrieren, wieso sackte er jetzt ab? Die Antwort lag auf der Hand. Lucy.

"Ja, schon. Aber ich vermisse Thil. Glaubt ihr, ihr könntet mich zu ihm bringen?" Sie schaute uns hoffnungsvoll an.

"Nein."
"Ja." Jay.

"Wieso sollten wir das tun, Bruder?" Ich sah ihn wütend an.
"Man, Liam. Ist doch nichts dabei. Wir liefern sie bei Thil ab, bleiben vielleicht da, gehen wieder zurück und gut ist."
Ich atmete tief durch. Ruhig bleiben. Ganz ruhig.

"Woher weißt du, dass er mit ihr sprechen will? Ich war der erste, mit dem er gesprochen hat. Er hätte sie als erstes kontaktiert, hätte er mit ihr sprechen wollen."

"Du bist eifersüchtig."

Ich lachte. "Auf eine unfähige Leiche? Niemals." Erst eine Sekunde später begriff ich, was ich gesagt hatte. Doch da war Lucy schon den Tränen nahe. Jay umarmte sie fürsorglich.

"Was sollte das?"

"Sorry. War keine Absicht. Ich..." Jetzt oder nie. Endlich kann ich laut und deutlich sagen, was mich stört. Was ich bisher nur gedacht hatte.

"Immer nur sie. Ständig. Nichts ist mehr so wie früher. Bro, was ist aus und geworden? Entscheide dich. Sie oder ich." Ich zeigte auf Lucy.

"Ich gehöre zur Gang. Vom Weg abzuweichen ist mein Lebensmotto." antwortete Jay grinsend. Mir stockte der Atem.

"Bin ich dir gar nicht mehr wichtig? Bin ich dir egal? Los, sags mir. Schreis mir ins Gesicht." Ich wurde laut. Sehr laut. Unheimlich laut.

"Sag mal, bist du schwul oder was?" unterbrach Lucy unseren Schlagabtausch. Ich trat einen Schritt nach vorne und gab ihr eine Backpfeife. "Nein. Bin ich nicht." sagte ich eindringlich. Gerade noch Heulsuse und jetzt unterbricht sie einfach ihren Vorgesetzten.

"Sag mal, hast du gar keine Gefühle? Du tust ihr weh!" schrie Jay. Während ich zur Tür ging, drehte ich mich noch ein letztes Mal um.

"Du mir auch, Jay. Du mir auch."

Zwischen den Jahren - Die GangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt